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Maler und Mädchen - Maler und Mädchen

Titel: Maler und Mädchen - Maler und Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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vorsätzlich, ganz gewiß nicht … obwohl? Wie scharf kann eine ausgezehrte Frau in die Zukunft blicken? Auf der Schwelle zum Jenseits? Und weshalb sollte eine Fast-Tote gegen Hintergedanken gefeit sein? Frei von Eigennutz?
    Der Maler war gegen eins nach Hause gekommen. Wo sind sie alle, hatte er zunächst gedacht und sich dann erinnert, daß seine Tochter bei Verwandten war und sein Sohn sich am Morgen zu einem Weinhändler, der gleichzeitig Kunstsammler war, begeben hatte, um ein paar Kupferplatten zu erstehen.
    »Ich weiß, daß er in Geldschwierigkeiten steckt«, hatte er zu seinem Sohn gesagt. »Feilsch also gnadenlos, falls du noch Sachen für den Laden siehst.«
    Sein Sohn hatte ihn ruhig angesehen und genickt. Es gab niemanden auf der Welt, der ihn besser, schneller und loyaler verstand als er, das vierte Kind seiner Mutter, als einziges am Leben geblieben.
    »Nimm die Platten auf jeden Fall. Sie sind genau das richtige für eine Kreuzigung, die ich im Sinn habe.«
    Das Dienstmädchen Mie Magdaleen würde wohl bei der Hinrichtung auf dem Dam gewesen und in dem Trubel danach noch ein wenig hängengeblieben sein.
    Er war durch die vollgestopfte, unordentliche Diele gegangen, durch die Küche mit dem ausgeblichenen Teppich und dem Tisch mit einem Teller voll Äpfeln, verschrumpelt, vom vorigen Jahr, einem Messer und einem Aschenbecher mit zwei Pfeifen. Merkwürdigerweise war ihm diese Wohnung an der Rozengracht besonders lieb geworden, obwohl sie sich in keinerlei Hinsicht mit dem reichen Haus messen konnte, das er im vierten Jahr seiner Ehe gekauft und stilgerecht bewohnt hatte, das aber mit einer Hypothek belastet war, die er nie ordentlich abbezahlt hatte. Nach zwanzig Jahren also das Ende dort. Er ging ins Hinterzimmer, das Fenster stand offen, er roch die frische Luft, hörte eine ferne Frauenstimme, die Juwel meines Herzens sang, und, näher, das Grunzen von ein paar durch die Gassen rennenden Schweinen. In diesem Haus würde niemand auch nur einen Stuiver von ihm fordern können. Jeder Gegenstand hier trug das Namensschild von Ricky und seinem Sohn, auf jedem Gegenstand hier lagen die Hände dieses einträchtigen Zweiergespanns, das nach dem Umzug geschickt und gelegentlich auch knallhart dafür gesorgt hatte, daß er weiterarbeiten konnte.
    Der Maler blieb kurz vor dem großen Spiegel neben der Tür stehen, warf einen flüchtigen Blick auf seine Falten und Runzeln und rieb sich über das stopplige Kinn. Dies war der Spiegel, den sein Sohn für ihn aus dem beschlagnahmten Hausrat zurückgeholt hatte, hatte zurückholen wollen, denn das Ungetüm war auf dem Rückweg nach Hause hingefallen und das Glas in tausend Splitter zerborsten.
    »Ich ertrag’ es nicht«, hatte der Junge zu seiner Stiefmutter gesagt.
    Ricky hatte, ohne aufzusehen, weitergeschlagen, Eier und Branntwein in einer Schüssel, es war Ende April, sie saßen noch in der Küche des großen, toten, leeren Hauses. Nach eineinhalb Jahren öffentlicher Versteigerungen waren dies die letzten Tage in der Breestraat. Gott sei Dank, dachte sie.
    »Was erträgst du nicht?« fragte sie.
    »Ich denke schon seit dem Aufwachen an seine Sachen.«
    Die Versteigerung im Lombard Steeg war dabei, in drei mitleidslosen Tagen über die Bühne zu gehen. Dies war der dritte. Die Gebote lagen nicht nur für die Hellebarden, Gelbspötter, Muscheln, Nasenflöten und Löwinnenfelle lächerlich niedrig, auch die Werke des Malers gingen für einen Pappenstiel weg. Man konnte sich mißtrauisch fragen, was wohl dahintersteckte. Der Ochse , ein sehr gutes Bild auf einer Buchenholztafel, hatte gestern fünfunddreißig Gulden erbracht.
    »Ich hätte Lust, noch etwas zurückzuholen, ich weiß nicht, warum.«
    Der Sohn konnte dank des Rests, der ihm vom Nachlaß seiner Mutter geblieben war, noch einen bescheidenen Betrag erübrigen.
    »Ich weiß nicht«, spann er seine Überlegungen weiter. »Es hat keinen Sinn, jedenfalls fast keinen, aber, na ja, mir ist einfach danach.«
    Er sah von seinen Schuhen auf und lachte ein etwas träges, törichtes Lachen.
    »Ich finde, das ist eine sehr gute Idee«, sagte Ricky, den Schaumschläger in der Hand nur noch ganz leicht bewegend.
    Die Augen auf das nachdenkliche Gesicht seiner Stiefmutter gerichtet und auf den weichen, gefältelten Stoff ihrer Bluse, dachte er nach.
    »Aber was?« fragte er nach einer Weile.
    Sie stellte die Schüssel beiseite, auf den Tisch, der bereits verkauft, aber noch nicht abgeholt worden war. Die

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