Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Maler und Mädchen - Maler und Mädchen

Titel: Maler und Mädchen - Maler und Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
ein Stück gebratene Meerbrasse,ihr und der Madam neben ihr, auf die er es abgesehen hatte! Während sie den Fisch verspeiste, wurde ihr erst bewußt, daß ihr Magen noch leer gewesen war. Köstlich. Gut essen heißt schlemmen, wortlos, und danach noch eine ganze Weile davon durchdrungen bleiben, wie gut es war. So blieb sie einen Augenblick stehen auf ihrer Suche, bei der sie höchstens fünfzig Meter vorangekommen war. Der Fischmarkt nimmt so ungefähr den gesamten Platz zwischen der Waage und dem Rathaus ein, das Elsje auf diesem ersten Gang, so merkwürdig das auch klingen mag, noch nicht wirklich bemerkt hatte, so wie man von einem Berg in einer Landschaft auch oft weiß, ihn aber nicht unbedingt sieht. Fisch, auf dem Markt, schaut immer entsetzt. Was sie einstweilen sah, waren Berge und Berge aufgeschichteter und schön angeordneter Fischleiber aus allen Meeren und Flüssen, die dieses Land speisten, manche noch nach Luft schnappend, während ihr dünnes rötliches Blut Blasen über den Kiemen bildete. Sie kannte das natürlich, auf dem Markt in Aarhus liegt der Fisch genauso da, aber nicht in diesen Mengen!
    »Also gut, hilf du mir mal.«
    Die Madam hatte ihren Kauf getätigt. Und Elsje bekam die Chance, einen nicht gar so schweren Korb hinter einer Hausfrau herzutragen.
    »Da entlang.«
    Sie folgte mit der Last auf der Hüfte.
    Während sie mit einem angenehm nützlichen Gefühl hinter der Hausfrau herging, tauchte das Rathaus in ihren Augenwinkeln auf.
    »Kind!«
    Denn sie war stehengeblieben.
    Die Frau verstand es.
    »Ein schönes Gebäude, nicht wahr?«
    Elsje war kaum imstande, ihren Blick davon zu lösen. Unglaublich schön. Man muß wirklich nicht das Athenaeum Illustre besucht haben, um mit eigenen Augen zu erkennen, was Pracht ist, was Ernst, was Einschüchterung, was architektonische Proportionen von vorbildlicher Ordnung, die übrigens – was Elsje noch nicht weiß, aber noch erfahren wird – an den Gerichtstagen durch einen farblosen Brettersteg auf Pfählen in häßlicher Weise gestört werden, einem Steg, der vom Gerichtssaal im ersten Stock her zugänglich ist oder über eine Leiter aus den Zellen. Dort, rechts vom Gerichtssaal, sieht man in der Mauer die Löcher, in die die Querbalken geschoben und vor Sonnenuntergang wieder herausgezogen werden, das geht im Handumdrehen.
    Sie hielten vor einem Haus in einer Gasse. Die Frau nahm den Korb wieder an sich, stieß mit dem Rücken die Tür auf, strich Elsje über den Arm, gab ihr einen Apfel und verabschiedete sich mit einem Lachen von ihr. Elsje fiel erst später an diesem Tag ein, als sie wieder in ihrer Unterkunft war, daß sie gut die Anstellung hätte ansprechen können, die sie suchte.
    Müde, natürlich. Früher Abend. Im Vorderhaus ging es gesellig zu. Zehn, zwölf Männer und Frauen, ein paar Kinder und ein Hund, noch immer selten seit der heißen Krankheit im letzten Jahr, füllten den Raum. Die Fenster zur Straße standen offen, man konnte Lautenmusik hören und in der Ferne Trommeln, die Schlaffrau ging mit einer Kanne Bier herum. Auch Elsje bekam einen Krug, den sie neben der Tür stehend trank. Danach kam die Schlaffrau mit einem Paar Pantoffeln aus zusammengenähtem Stroh zu ihr.Ob sie die im Haus tragen wolle. Das spare eine Menge Putzen und Fegen.
    Während Elsje auf einer Treppenstufe die Schnallen an ihren Stiefelchen löste, meinte im Vorderhaus einer der Männer beifällig: »Appetitliches Ding.«
    Das Haus war kein richtiges Hurenhaus. Es war ein Gelegenheitshaus, wie es so viele gibt, mit Zimmern für Ehepaare, Handelsreisende männlichen oder weiblichen Geschlechts, eine erste Anlaufstelle für Einwanderer auf der Suche nach Arbeit, und darüber hinaus eine Unterkunft für ein paar Mädchen, wo sie Gäste zum Stundentarif empfangen konnten, die wie die anderen Gäste anschließend bei der Wirtin zahlten. Undurchsichtige Atmosphäre. Unbehagliche Begrüßung also einige Tage später für Elsje, als ein Herr im Treppenhaus ihre Hand ergriff, sich vorbeugte, die Finger öffnete und ihre ganze Handfläche an den unteren Teil seines Gesichts drückte, während er ihren Daumen über seine Lippen bewegte.
    Und sie danach losließ und seelenruhig weiterging.
    Da war sie schon etwas unruhig geworden. Ihr Geld schmolz, so sparsam sie auch damit umging. Es gab am Tag nun mal Momente, in denen ein Pfannkuchen mit Zucker Vorrang vor allem anderen hatte. Hunger, vor allem die leichte Form, greift die Wahrnehmung an. Die Wahrnehmung

Weitere Kostenlose Bücher