Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Malerische Morde

Malerische Morde

Titel: Malerische Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Kramp
Vom Netzwerk:
in ihrer Hand. »Die hatte echt ’ne Macke in letzter Zeit. Die war voll krass drauf, da kam ich nicht mehr mit.«
    »Voll krass drauf?« Herbie versuchte, besonders viel Einfühlungsvermögen in die Frage zu legen. »Auf was drauf?«
    Julius verdrehte entgeistert die Augen.
    »Die ging mir auf’n Zeiger. Total männergeil. Hat versucht, mir ’nen Typen auszuspannen. Und da hab ich ihr gesagt ›He, Mädchen, so läuft das nicht‹, und dann hab ich ihr den Laufpass gegeben. So einfach. Und jetzt lass mich in Ruhe, ich hab hier zu arbeiten, klar?«
    »Kanntest du den Alten … den Hermann auch?«
    »Nö. Nati hat nur von dem erzählt. Der war ziemlich scharf auf sie. Alter geiler Sack eben. Mehr weiß ich nicht. Lass mich jetzt …«
    Herbie holte zu einer weiteren Frage aus, und sie fuhr ihn mit schneidend scharfer Stimme an: »Verpiss dich jetzt. Ich weiß nix über deinen alten Onkel, oder wer das ist, kapiert?«
    Wenn du sie jetzt noch nach der Uhrzeit fragst, schlägt sie dir mit einer Büchse Ananas die Zähne aus
.
    Herbie hob entschuldigend die Hände und machte mit dem Einkaufswagen eine Kehrtwendung. Über die Schulter rief er noch: »Ich heiße Herbie … und du?«
    Es dauerte eine Weile, und er rollte bereits in Richtung Kasse, als sie leise murmelte: »Anja.«
    Herbie bezahlte, und sie verließen den Supermarkt durch die gläserne Drehtür.
    He, du hast die St. Pauli-Nachrichten vergessen!
    Auf der Fahrt nach Bad Münstereifel schob Herbie sich voller Gier zwei Mettwürste rein, futterte die halbe Tüte Gummibärchen und stürzte die Dose Vanillemilch hinunter. Danach war ihm reichlich schlecht.
    »Diese Anja ist eine widerborstige kleine Göre«, konstatierte er und musste sauer aufstoßen.
    Oh, Junge, du kennst dich aus mit Frauen
.
    Aus dem Kassettenrekorder dudelte ein Symphonieorchester die Filmmusik zu »Lawrence von Arabien«. Die Sandberge der Sahara, die bewaldeten Hügel der Eifel … Köbes’ Filmmusik ließ zusammenwachsen, was nicht zusammengehörte.
    Als er den Hausflur betrat, begegnete er den Bauarbeitern, die gerade Feierabend machen wollten.
    »Von dem Bier bleibste von, klar?«, raunzte der eine.
    »Tu mal wat Klopapier aum Klo«, der andere.
    Es wundert mich sehr, dass sie keine zweite Liege verlangen
.
    Herbie stiefelte unbeirrt die Treppe zu seiner Unterkunft hinauf und schloss auf.
    In der Wohnung erwartete ihn eine Überraschung. Seine Gartenliege fand er eingeklemmt hinter sechs riesigen Paketen Rigips-Platten. Das Fenster war zugestapelt worden.
    »Ist ja super!« Herbie kletterte ächzend zwischen den Baumaterialien hindurch und packte beherzt seine Bettstatt. Er rüttelte und zerrte und brachte es zuwege, die Liege herauszubugsieren. »Jetzt ist aber Schluss!«
    Julius stand im Türrahmen und nickte anerkennend mit dem Kopf.
    »Weißt du, Julius, wenn diese Typen noch so einen dummen Spruch gebracht hätten, hätte ich ihnen die Fresse poliert, das kannst du mir glauben.« Er klappte im Nachbarzimmer wütend die Liege auseinander und klemmte sich dabei gehörig die Finger. Das Erste, was er nach einem nicht enden wollenden Fluch hervorbrachte, war: »Wenn ich diese verdammten Arschgeigen noch einmal sehe, dann werde ich denen mal gehörig …«
    Hinter ihm war einer der Bauarbeiter unbemerkt noch einmal zurückgekehrt.
    »Ab morjen Mittach wird im janzen Haus dat Wasser abjedreht, wollt ich noch sagen.«
    Herbie bedankte sich artig. »Ich geh mich im Schwimmbad duschen.«
    *
    »Verdammter Dreck!« Wallraff warf entnervt den Pinsel in eine Ecke des kleinen Raums und zündete sich ein Zigarillo an. Er warf das Streichholz weg und schrak auf, weil es nur um Haaresbreite das Glas mit dem Terpentin verfehlt hatte.
    Drei winzige Buchstaben. Drei Stück! Scheiß-drei scheißwinzige Scheiß-Buchstaben! Das konnte doch nicht so schwer sein!
    Er blickte wieder auf den Stapel von Fotokopien, auf denen deutlich die Buchstaben »FvW« zu erkennen waren.
    »Fritz von Wille, Eifelmaler«, las er auf einer der Kopien. »Geboren 1860 in Weimar, gestorben 1941 in Düsseldorf.«
    Wallraff war neidisch auf Delamot gewesen. Aber das hätte er dem alten Zausel gegenüber natürlich niemals zugegeben. Er hatte das immer alles abgetan. »Ein bisschen Geschmiere, ein bisschen Gepinsel. Heraus kommt ein Bild. Na und? Es gibt Fotoapparate. Bilder machen kann jeder. Jeder Vollidiot kann Ginster, Ruinen oder sogar Titten zu einem Bild machen, wenn er nicht zu doof ist, den Auslöser zu finden. Was ist

Weitere Kostenlose Bücher