Malerische Morde
Restaurierung …«
»Kein Mensch hat das in Auftrag gegeben, stimmt’s?«, brüllte der Landrat und fixierte seinen Pressesprecher. »Es ist geklaut! Gemopst! Einfach so. Da lacht morgen die ganze Eifel drüber, das kann ich euch flüstern, Freunde!«
In Hoffmanns Gehirn wirbelten die Gedanken umeinander. Die Presse! Was würde er der Presse erzählen? Er sah eine Lawine von Anrufen auf sich zurollen. Journalisten, Kunsthistoriker … die ganze Palette.
Von der gläsernen Eingangstür her näherten sich zwei Polizeibeamte. Auch ihre Gesichter ließen jegliche Schadenfreude vermissen. Das Polizeigebäude lag gleich nebenan. Was immer hier geschehen war, es hatte sich unmittelbar vor ihrer Nase abgespielt. Der einfache Bürger zeigte in solchen Fällen wenig Verständnis.
Der Pförtner redete verzweifelt auf die beiden Uniformierten ein. »Da war ein Mann, der mich total konfus gemacht hat. So ein Dicker. Der redete auf mich ein und zeigte mir die ganze Zeit irgendwelche Formulare, mit denen er sein Auto ummelden wollte. Er sprach Französisch und war sehr durcheinander. Ich wollte ihn zum Straßenverkehrsamt schicken, aber der kapierte einfach nicht, was ich ihm sagen wollte. Und über diese ganze Sache kommen zwei junge Burschen im weißen Kittel rein, zeigen mir so im Vorbeigehen ein Schreiben. Ich lese ›Kreisverwaltung Daun‹, ich lese ›Restaurator‹ und ›Auftrag‹, und denke noch: Da muss ich aber gleich nachfragen. Und während ich versucht habe, diesen Franzosen abzuwimmeln, haben die beiden schon das Bild von der Wand genommen, Wolldecken drübergeschlagen, Paketband drumherum gewickelt und spazieren raus damit. Da stand irgendein graues Fahrzeug. Ein Kombi oder so.«
»Und Sie haben sie nicht aufhalten können?« Der eine der Polizisten prüfte die beiden einsamen Befestigungshaken an der leeren Wand.
»Das ging doch alles so rasend schnell!«
Der Pressesprecher nickte grimmig. »Überrumpelt. Total überrumpelt.« Er legte dem zerknirschten Pförtner beruhigend die Hand auf die Schulter.
»Mannomann«, murmelte der Landrat. »Das war so ein schönes Bild. Richtig schön. Das sehen wir nie mehr wieder.«
Sein Pressesprecher hätte gerne etwas Tröstliches gesagt. Etwas wie »Wir haben ja noch fünf andere«. Aber sein Amt hatte ihn gelehrt, dass das falsche Wort zum falschen Zeitpunkt Kriege heraufbeschwören konnte.
Achtes Kapitel
Eine Zeitung, Julius. Eine Zeitung kann nichts schaden«, sagte Herbie und stieg an der Tankstelle in Bad Münstereifel zurück in den Wagen. »Es gibt Neuigkeiten in unserem Mordfall.«
Das ist nicht mein Mordfall. Es wundert mich überhaupt, dass die hiesige Zeitung sich einer Geschichte annimmt, die sich am anderen Ende der Welt abgespielt hat
.
»Die Eifel hört nicht an der Landesgrenze auf, mein Lieber. Und darf ich dir noch ins Gedächtnis zurückrufen, dass der Hauptverdächtige seinen Wohnsitz etwa zwanzig Minuten von hier entfernt hat?«
Und? Was schreibt man so?
Hinter ihnen hupte ein ungeduldiger Mercedesfahrer.
Herbie guckte in den Rückspiegel, murmelte grimmig: »Für dich sind solche Aufkleber gemacht«, startete den Wagen und brachte das Kunststück fertig, an einem anderen Fahrzeug vorbei auf die Straße abzubiegen, dabei mit der Linken einen Schokoriegel aus der Verpackung zu schieben und mit der Rechten auf dem Beifahrersitz den Lokalteil aufzublättern.
Während er die Stadt umfuhr, versank er fast völlig in den Artikel und erlaubte sich nur von Zeit zu Zeit einen kurzen Blick auf die Straße.
»Das ist ja ’n Ding«, sagte er und lutschte sich die Schokolade von den Fingern. »Die Nati war schwanger. Zweiter Monat, sagt die Zeitung.«
Sagt sie auch von wem, die Zeitung?
»Hier ist auch ein Foto von Delamot. Vor seinem Haus. Putzig. Moment mal. Die Bildunterschrift ist so klein …« Er beugte sich zum Beifahrersitz hinunter. Das Fahrzeug schlingerte gefährlich. Als er wieder aufblickte, sprang der Kreisverkehr am Südzipfel Münstereifels völlig unerwartet auf ihn zu. »Vor seinem Haus in Kronenburg. Weißt du was? Da fahren wir hin. Das möchte ich mir ansehen. Da erfahre ich vielleicht mehr über unseren großen Eifelmaler.«
Fahr du nur weiter so. Dann kannst du ihn bald schon persönlich befragen
.
Kronenburg war ein zweigeteiltes Dorf: Der eine Teil lag unten im Kylltal und wurde flankiert von einem großen Stausee. Der ältere Teil befand sich innerhalb des alten Burgberings und an dessen Außenseite auf dem
Weitere Kostenlose Bücher