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Malerische Morde

Malerische Morde

Titel: Malerische Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Kramp
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erleichtern.
    Erde an Feldmann, Erde an Feldmann, bitte melden! Kannst du überhaupt noch verstehen, was er sagt? Dann nick ihm wenigstens ab und zu freundlich zu
.
    Herbie nickte artig. Der alte Mann rührte ihn. Fast hätte er begonnen, von Nina zu erzählen. Von seiner Liebe zu ihr und von dem Schmerz, den er empfunden hatte, als sie ihm gestanden hatte, dass sie diesen Chris immer noch nicht vergessen konnte. Aber sein Nebenmann fuhr schon fort in seinem Sermon.
    »Sechs Kinder, und aus keinem Einzigen ist was Ordentliches geworden, nur aus meinem Jörg. Nächstes Jahr geh ich in Pension. Dann muss er alleine weitermachen. Aber das schafft der auch. Ich wünschte, ich hätte einen Sohn gehabt wie den Jörg …« Erst jetzt zog er sich mit einem Ruck den Reißverschluss der Hose zu. Das brachte Bewegung in ihn.
    Er baute sich vor Herbie auf und sagte: »So!« Dann drehte er sich abrupt um und überquerte die Straße, ohne nach rechts oder nach links zu sehen. Er salbaderte weiter und wedelte mit dem rechten Arm.
    »Nicht mehr fahren, okay?«, rief er, ohne sich umzudrehen.
    »Keine Sorge!«, rief Herbie, während er die Autotür aufschloss.
    Einige Augenblicke später ließ er sich erleichtert in den Fahrersitz plumpsen und grinste beseelt. »Ach, ist das schön.«
    Was meinst du genau? Die Tatsache, dass du sternhagelvoll bist, oder den Umstand, dass du dich etwa eine Autostunde entfernt von deiner Schlafstatt befindest?
    »Köbes«, stieß Herbie hervor. »Sie lassen ihn frei!«
    Bedauerlich genug
.
    Plötzlich blitzen Herbies Augen auf. »Aber wir dürfen eines nicht vergessen, Julius!«
    Und das wäre?
    »Um den Mörder brauchen wir uns nicht länger zu kümmern, richtig?«
    Völlig richtig
.
    »Aber wir haben noch einen Auftrag zu erledigen. Etwas, das keinen Aufschub duldet. Eine Heldentat gewissermaßen.«
    Die A1 fertig bauen? Heino zum Schweigen bringen? Das Briefporto senken? So was in der Art?
    Herbie brachte es relativ reibungslos fertig, den Schlüssel ins Zündschloss zu stecken. »Frau Delamot. Das Bild. Ihr Aktgemälde. Wir haben versprochen, uns um dieses Bild zu kümmern, bevor es in die falschen Hände gerät!«
    Ich kann mich nicht erinnern, irgendwem ein derartiges Versprechen gegeben zu haben, mein Bester!
    Der Motor heulte auf, und sie schossen aus der Parklücke. Mit einem eleganten Schwenk wendete Herbie auf der Hauptstraße, bemerkte dann erst, dass er sich zuvor doch in der richtigen Fahrtrichtung befunden hatte und wendete erneut mit quietschenden Reifen.
    Er kurbelte das Seitenfenster herunter und ließ erfrischenden Fahrtwind hereinströmen.
    Dann sang er »Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da, die Nacht ist da, dass was gescheh’! Ein Schiff ist nicht nur für den Hafen da, es muss hinaus, hinaus auf weite See!« und schoss nordwestwärts über die nächtliche Landstraße.
    *
    Mit zitternden Händen hatte sich Ingrid Delamot ein kleines Fläschchen Whiskey aus der Minibar ihres Hotelzimmers genommen und den Inhalt in ein Glas geschüttet. Im Fernsehen lief eine Comedysendung, deren Akteure grimassierten, was das Zeug hielt. Sie hatte den Ton abgedreht. Die Tatsache, dass sich dort etwas bewegte, beruhigte sie. Die Schauspieler, egal, wie dämlich sie sich auch anstellten, gaben ihr das Gefühl, nicht allein in diesem Zimmer zu sein.
    Sie war viel zu oft allein.
    Sie ertrug das nicht mehr. Es hatte Momente gegeben, in denen sie daran gedacht hatte, ein Hotelzimmer wie dieses zu mieten, einen letzten schönen Tag in der Natur zu verbringen, sich nach einem Abendspaziergang mit dem Inhalt einer Schachtel Schlaftabletten in das Hotelbett zu verkriechen, um nie mehr in dieser einsamen Welt aufwachen zu müssen.
    Sie schluckte den Whiskey hinunter und schüttelte sich. Ein wärmendes Gefühl machte sich in ihrer Brust breit.
    Dann griff sie zum Telefon und wählte die Nummer von Deborah Delamot.
    Es dauerte eine Weile, bevor am anderen Ende abgehoben wurde.
    »Ja, bitte?«
    Menschen, die am Telefon nicht ihre Namen nannten, waren ihr von jeher suspekt gewesen. Sie hatten meistens etwas zu verbergen.
    »Ich bin’s. Ingrid.«
    Debbie stöhnte leise auf. »Was willst du noch? Warum bist du immer noch hier?«
    »Keine Angst, ich reise bald wieder ab.«
    »Ich will meine Ruhe haben, verstehst du?« Deborah sagte das ohne jede Schärfe. Es klang müde und erschöpft. Ingrid Delamot war überrascht.
    »Hast du Hermann getötet?«
    Am anderen Ende blieb es still.
    »Ich muss das wissen.

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