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Malerische Morde

Malerische Morde

Titel: Malerische Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Kramp
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Ich würde es dir zutrauen. Wenn du es getan hast, will ich wissen, warum. Hast du es wegen des Erbes getan?«
    Deborah lachte schrill auf. »Erbe? Sag mal, meine Liebe, ich glaube, bei dir ist die ein oder andere Schraube locker, was? Was hätte Hermann mir denn schon vererben können, was ich nicht sowieso in ein paar Jahren bekommen hätte? Er war ein alter Mann! Ein
sehr
alter Mann!« Sie machte eine Pause und setzte dann ein gezischtes »Und du bist eine alte Frau!« hinterher.
    »Eifersucht? War es vielleicht Eifersucht? Dann wüsste ich wenigstens, was in dir vorgegangen ist. Sag mir, warum du das getan hast!« Ingrid Delamot spürte, wie die Verzweiflung sie packte.
    Im Fernsehen gab es eine Werbeunterbrechung. Weiß gekleidete, schöne Menschen glitten auf einer schneeweißen Segelyacht durch ein azurblaues Meer und aßen Süßigkeiten.
    »Eifersucht? Worauf denn bitte eifersüchtig? Auf Hermanns fette kleine Mädchen? Ich bitte dich.«
    Ingrid Delamot suchte nach ihren Zigaretten, fand sie aber im erreichbaren Umkreis nicht. »Hat er was gehabt mit diesen fetten kleinen Mädchen?«
    »Was weiß ich? Er hat sie gemalt und vielleicht hat er sie auch gefickt. Möglicherweise hat ihn das wieder hochgebracht. Es ist mir egal. Richtig scheißegal. Er hat fast nur noch in Mirbach gehaust.«
    »Gehaust?«
    »Gehaust!« Dann schwieg sie wieder.
    »Erzähl bitte weiter.«
    »Ich bin müde. Ich habe dir nichts mehr zu sagen. Ruf mich nicht mehr an.«
    »Mein Bild, ich will nur dieses eine Bild.«
    »Leck mich am Arsch mit deinem verdammten Bild, Ingrid.«
    »Ich werde mit der Polizei reden. Ich werde denen erzählen, wie du über Hermann sprichst. Dann nehmen sie dich in die Mangel!«
    Aus dem Hörer erklang ein Lachen. Ein lang anhaltendes, hysterisches Lachen. Und dann sagte Deborah glucksend: »Tu das. Geh hin und sprich mit ihnen. Weißt du, was dann passiert? Dann werde ich denen erzählen, dass du keineswegs erst nach Hermanns Tod angereist bist, wie du mir vorgestern am Telefon erzählt hast, sondern schon einen Tag vorher. Ein einziger Anruf in deinem Hotel hat ausgereicht, um das in Erfahrung zu bringen. Das wird die viel mehr interessieren, als deine Phantastereien, meinst du nicht auch?«
    Ingrid Delamot schlug das Herz bis zum Hals. Ihre Hand krampfte sich um den Hörer.
    »Hat es dir die Sprache verschlagen? Du bist krank, du verrückte alte Schachtel! Ich rate dir, lass mich in Ruhe, sonst wirst du mich von einer anderen Seite kennen lernen. Du bist allein auf dieser Welt! Keiner wird dir helfen. Ich bin auch allein, aber der Unterschied ist: Ich wollte es so haben!«
    Ingrid sah Deborah und ihre rote Mähne vor sich. Sie sah das triumphierende Grinsen in ihrem schneeweißen Gesicht. Sie versuchte, sich vorzustellen, wie sie in einen Seidenpyjama gehüllt im Schneidersitz auf ihrem Bett hockte und sich das schnurlose Telefon ans Ohr presste.
    Langsam ließ sie den Hörer auf die Gabel sinken und starrte wie gebannt auf den Fernseher, in dem ein ehemaliger Fußballer Werbung für ein Anti-Schuppen-Shampoo machte.

Dreizehntes Kapitel
    Der RPR-Sprecher im Autoradio erklärte, dass es im Falle des gestohlenen Ölgemäldes immer noch keine neuen Erkenntnisse gebe, dass allerdings inzwischen zahlreiche Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen seien.
    Herbie war nach Ingrid Delamots Beschreibung hinter dem Wiesbaumer Kreisverkehr links in einen Feldweg abgebogen und war über die unbefestigte Fahrbahn am Waldrand entlang bis kurz vor den Ortseingang gefahren.
    Während der ganzen Zeit hatte er den Fahrtwind durch’s offene Fenster hereinpusten lassen, um wieder einigermaßen nüchtern zu werden. Der Erfolg war mäßig. Die Kurven nahm er immer noch mit sehr viel Schwung, und er konnte von Glück sagen, dass der Gegenverkehr in dieser Nacht überschaubar war.
    Das Auto hatte bedenkliche Geräusche verursacht, die sowohl vom Auspuff als auch vom Vergaser oder von der Wasserpumpe herrühren konnten. Wahrscheinlich kamen sie von allen dreien. Das gelbliche Licht der Scheinwerfer schlich über die unebene Fahrbahn und verlosch, als er den Motor ausmachte. Zu seiner Linken schälte sich die Silhouette eines großen Brennholzlagers aus der Dunkelheit.
    Von hier aus ging es zu Fuß weiter.
    Er zog sich die Einweghandschuhe über, die er aus Köbes’ Verbandskasten genommen hatte. Als in diesem Moment ein Auto um die Ecke gebogen kam und ihn mit seinen grellen Scheinwerfern blendete, versuchte Herbie unbeholfen sich

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