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Malevil

Malevil

Titel: Malevil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Text mit glänzenden Augen und geröteten Wangen. Sie versprach mir,
     ihn in Deutschland jede Woche einmal in ihrem Bett zu lesen. Ich hatte ihr dieses Versprechen nicht abverlangt. Sie gab es
     mir von sich aus, während sie eine Träne weinte und den gelben Briefbogen mit Sorgfalt zu den übrigen Geschenken steckte,
     die sie als Beute davontrug.
    Zu Weihnachten konnte Birgitta nicht kommen, und ich war sehr enttäuscht, was ich nicht geglaubt hätte. Ohnehin war Weihnachten
     keine gute Zeit für mich. Peyssou, Colin und Meyssonnier feierten mit ihren Familien. Ich blieb allein mit meinen Pferden.
     Und Malevil war im Winter, trotz des Komforts, den ich mir geschaffen hatte, nicht sehr anheimelnd. Außer vielleicht für ein
     junges Paar, das die hohen Mauern romantisch findet und sich darin ein warmes Nest baut.
    Ich äußerte kein Wort über meine schlechte Laune, aber die Menou spürte sie, und an einem kalten Schneemorgen war mein Junggesellenleben
     der Gegenstand eines jener langen nörgelnden Monologe bei Tisch, mit denen ich in der Nachfolge des Onkels bedacht wurde.
    Die vielen Chancen, die ich vertan habe! Und die Agnès vor allem. Die Agnès, der war sie heute morgen bei der Adelaide begegnet.
     Sie verbringt die Feiertage in Malejac bei ihren Eltern, und sie hat nach mir gefragt, die Agnès, obwohl sie doch mit ihrem
     Buchhändler in La Roque verheiratet ist. Die Agnès, ein solides Mädchen, die wäre gut für mich zu brauchen gewesen. Na ja.
     Ich soll die Flinte trotzdem nicht ins Korn werfen. Es kommen andere Gelegenheiten. In Malejac, die vielen jungen Dinger dort.
     Da kann ich meine Wahl treffen, wann ich |47| will, trotz meines Alters, wo ich jetzt reich bin und noch ein ansehnlicher Mann, und überhaupt ist es besser, ein Mädchen
     aus dem eigenen Land zu heiraten und nicht eine Deutsche. Ist ja wahr, Birgitta »stellt was hin« bei der Arbeit, aber die
     Deutschen sind eben keine ordentlichen Menschen. Beweis: Dreimal haben sie uns überfallen. Und selbst wenn meine Französin
     ein bißchen weniger taugt als meine Boche, in der Ehe zählt nicht so sehr die Lust, da zählen vielmehr die Kinder, und was
     habe ich davon, so viel zu arbeiten, wenn niemand da ist, dem ich Malevil vermachen kann.
    In den Monaten, die folgten, nahm ich mir keine Frau, doch fand ich wenigstens einen Freund. Er war fünfundzwanzig Jahre alt
     und hieß Thomas le Coultre. Ich begegnete ihm in einem Wald der Sept Fayards, er war in Bluejeans und kniete neben einer schweren
     Honda auf der Erde. Er hämmerte auf einem Stein herum. Ich erfuhr, daß er eine Arbeit über Mineralien schrieb. Ich lud ihn
     nach Malevil ein, lieh ihm ein paarmal den Geigerzähler des Onkels, und als ich hörte, daß er sich in seiner Familienpension
     in La Roque nicht wohl fühlt, bot ich ihm ein Zimmer in der Burg an. Er ging darauf ein. Er hat mich seither nicht verlassen.
    Thomas gefällt mir wegen der Schärfe seines Geistes, und wiewohl mir seine Passion für die Steine undurchsichtig bleibt, liebe
     ich die Durchsichtigkeit seines Charakters. Ich liebe auch sein Äußeres. Thomas ist schön, und was das Gute daran ist: Er
     weiß es nicht. Er hat nicht allein die Gesichtszüge, sondern auch den klaren, ernsten Ausdruck einer griechischen Statue und
     nahezu ihre Reglosigkeit.
     
    April, 1977: letztes Wegzeichen.
    Wenn ich heute an die wenigen Wochen glücklichen Lebens zurückdenke, die uns damals noch blieben, empfinde ich es in beinahe
     beklemmender Weise als Ironie, daß wir, die Gefährten aus dem ehemaligen Zirkel und ich selbst, zu der Zeit nichts Besseres
     im Sinn hatten, als den Gemeinderat von Malejac (412 Einwohner) zu stürzen und uns an seiner Stelle im Gemeindeamt niederzulassen.
     Das war damals die große Sache für uns, unser höchstes Streben; an diesem gewaltigen, bedeutenden Vorhaben begeisterten wir
     uns. Gewiß, wir waren uneigennützig! Wir hatten nur das Gemeinwohl im Sinn!
    |48| Im April, als die Gemeindewahlen näher rückten, lebten wir wie im Fieber. Am 15. oder 16., an einem Sonntagmorgen jedenfalls,
     berief ich die Opposition zu mir in den großen Saal des Renaissancebaus, weil Monsieur Paulat, der Lehrer, einige Bedenken
     hatte, uns in den Räumen der Schule zu versammeln.
    Eben war ich mit der Einrichtung dieses Saales fertig geworden, ich war stolz darauf, und während ich auf meine Freunde wartete,
     wandelte ich darin auf und ab und betrachtete ihn mit Freude. Ein klösterlicher Tisch von

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