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Malevil

Malevil

Titel: Malevil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Wäsche, links Geschirr. In der Mitte des Raumes ein
     großer »Bauerntisch«, wie die Pariser sagen, die der malerischen Wirkung wegen Sitzbänke dazustellen, während wir, weil es
     bequemer ist, Stühle bevorzugen. Ich zähle sieben Strohstühle, doch am Tisch nur vier, die übrigen dienen als Dekoration.
     Ich weiß nicht, ob das von Interesse ist, aber ich registriere es. Ich gehe bis zum Ende des Tisches. Hier, so stelle ich
     mir vor, hatte wohl der Vater seinen Platz gehabt, und hier auch, mit dem Rücken gegen die Felswand der Grotte und den Karabiner
     zwischen den Beinen, setze ich mich nieder. Auf diese Weise behalte ich die zwei Türen im Auge. Ich winke Thomas, er möge
     sich rechts von mir hinsetzen, damit er mir mit dem Körper nicht die beiden Eingänge verdeckt. Jacquet setzt sich demütig
     an das untere Ende des Tisches, wo er dem Licht den Rücken zukehrt.
    Als ich das Päckchen Schinken aus der Tasche ziehe, das mir die Menou vor dem Aufbruch gegeben hat, legt die Falvine wegen
     der Kränkung Protest ein und fängt an, mir die Ohren voll zu schwatzen. Ich sollte doch lieber von einem Teller und nicht
     vom Tisch essen! Daß sie mir doch zum Dazuessen ein Ei braten will! Daß ich einen Tropfen Wein doch wohl annehmen werde! Ich
     nehme alles an, ausgenommen den Wein, weil ich vermute, daß er einen Stich hat. Ich bitte statt dessen um Milch, von der sie
     mir reichlich in eine geblümte Schale gießt, wobei eine Flut von Worten auf mich niedergeht: daß sie gerade vor dem Tag des
     Ereignisses das Kalb verkauft hätten, daß sie nicht mehr wüßten, was sie mit der Milch machen sollten, und darin schwämmen
     und daß sie, selbst wenn sie butterten, immer noch genug für das Schwein hätten.
    Trotzdem treten mir fast die Augen aus dem Kopf, als ich sehe, wie sie einen Laib Brot und Butter auf den Tisch bringt.
    »Brot! Ihr habt Brot!«
    »Unser Brot«, sagt die Falvine, »haben wir schon immer im Etang-Hof gebacken, wo doch der Wahrwoorde, allezeit eigen, genügend
     Getreide gesät hat, daß es das ganze Jahr für uns gelangt |187| hat und darüber hinaus. Wo es sogar nötig war, das Mehl in der Göpelmühle zu mahlen, weil es im Etang keine Elektrizität gab,
     das gleiche für die Butter, die wir mit der Hand im Butterfaß rührten. Er wollte ja nichts kaufen, der Wahrwoorde.«
    Während ich den Brotlaib in der Schublade am Tischende verkeile und Scheiben für alle abschneide, wie es wohl auch der Vater
     zu Lebzeiten getan hatte, lasse ich mir das Mitgeteilte durch den Kopf gehen. Dieser menschenscheue Wahrwoorde wollte, mit
     einem Wort, für sich in seinem Winkel leben, von seinem eigenen Aufkommen, in Autarkie. Selbst die außereheliche Liebe überschritt
     nicht die Grenzen der Familie.
    Trotzdem, als ich auf die Affäre mit Catie anspiele, zeigt die Falvine, daß sie zu differenzieren versteht.
    »In der Sache selbst«, sagt sie züchtig, »gibt es kaum einen Zweifel. Aber die arme Catie, die hat sich wirklich immer herausfordernd
     benommen. Und anderseits, sie war ja doch nicht seine Tochter. Ebensowenig wie die Miette. Beide waren die Töchter meiner
     Tochter Raymonde.«
    Beim Namen Miette, scheint mir, hebt Jacquet am andern Ende des Tisches den Kopf und blickt die Falvine alarmiert an. Doch
     dieser Blick ist Sekundensache und so rasch verschwunden, daß ich fast zweifle, ihn mitbekommen zu haben.
    Noch koste ich wenig von dem Brot. Ich möchte das versprochene Ei abwarten. Trotzdem kommt mir der Geschmack der Schnitte
     Landbrot mit Butter köstlich vor (und im Etang wird die Butter gesalzen, nicht wie bei anderen, die hier noch welche machen)
     und ruft so deutlich das Leben von einst in Erinnerung, daß es mich auch ein wenig melancholisch stimmt.
    »Und wer bäckt hier das Brot?« frage ich, um meine Dankbarkeit zu bezeigen.
    »Bis in die letzte Zeit war es der Louis«, sagt die Falvine mit einem Seufzer. »Seit seinem Tode aber bäckt unser Brot der
     Jacquet.«
    Sie redet, die Falvine, und redet, und währenddessen dreht und wendet sie sich unentwegt kurzatmig und seufzend im Raum, macht
     eine Unzahl von unnötigen Schritten und bringt zehn Wörter hervor, wo ein einziges genügt hätte. Um drei Eier zu braten –
     denn soviel man sehen kann, nimmt sie keines für sich (ich vermute, hin und wieder, wenn sie allein ist, gönnt sie sich wohl
     eins, und dann auch einen »Tropfen Wein«) –, braucht |188| sie eine gute halbe Stunde; während dieser Zeit werde ich, der ich

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