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Malevil

Malevil

Titel: Malevil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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dieser proletarische
     Gatte häßlich wäre. Er ist dunkelgrau, beinahe schwarz, hat eine ungewöhnlich starke Kruppe, stämmige Gliedmaßen, mächtige
     Schultern und einen Hals, den ich mit beiden Armen nicht umfassen könnte. In der Tat, in seiner Breitschultrigkeit ähnelt
     er den Gebietern dieses Ortes. Und er umkreist Amarante schwungvoll und mit raschen Kehren, rauh wiehernd, mit einer schwerfälligen
     Behendigkeit und funkensprühenden Augen. Ich hoffe, daß er sich der unerhörten Ehre bewußt ist, die ihm widerfährt, und daß
     er zwischen einem plumpen Bauerntrampel aus dem Perche und der graziösen Amarante zu unterscheiden weiß. Kaum dreijährig,
     in der Blüte ihrer Jugend und hinter sich eine Reihe vornehmer Ahnen, gibt sie aus Selbsterhaltungstrieb seinem stürmischen
     Werben nach.
    Jedenfalls macht er ihr feurig, aber ohne Brutalität den Hof. Er schmiegt den Kopf an ihren, beknabbert ihr die Lippen, dann
     dreht er sich verkehrt zu ihr um und leckt sie unter dem Schwanz, zeigt sich plötzlich auf der anderen Flanke, legt ihr seinen
     ungeheuren Kopf auf den Hals, zieht ihn wieder weg und kehrt zur Kruppe zurück. So bezieht er die Stute allmählich in seinen
     schwerfälligen Verführungstanz ein, teilt ihr seine unbändige Erregung mit und zwingt ihr, ohne sie zu drängen, seine Autorität,
     seine Macht und seinen Geruch auf.
    Woher kennt er genau den Augenblick, in dem Amarante bereit ist, ihn ohne Huftritte und Sträuben anzunehmen? Riesenhaft richtet
     er sich auf seinen Hinterbeinen auf, rudert mit den vorderen in der Luft, um sich im Gleichgewicht zu halten, schüttelt seine
     lange schwarze Mähne, nähert sich gebäumt, linkisch und gewaltig auf diese Weise Amarante und läßt sich |183| auf ihren Rücken herabfallen. Mit einem Klagelaut biegt sie sich unter der Wucht dieser tausend Kilogramm Muskeln. Dennoch
     hält sie, willfährig den Schwanz hebend, dem Aufprall stand, und er kann mit seinen kurzen, stämmigen Vorderbeinen ihre Flanken
     umklammern. Da er unsicher zu Werke geht, tritt Jacquet rasch heran, ergreift das ungeheure Glied ganz einfach mit der Hand
     und bringt es an seinen Platz. Amarante muß sich, um die heftigen Stöße auszuhalten, die ihr Partner ihr versetzt, mit den
     gestreckten, bebenden Vorderbeinen abstützen. Ich bemerke, daß er Amarante nicht in den Nacken beißt, um sich seiner Beute
     zu versichern, und daß er auch im Augenblick seines Triumphes sanft bleibt.
    Sobald die Paarung beendet ist, rührt er sich nicht mehr, nur seine Hinterbeine zittern leicht. Dann sinkt sein Kopf herab,
     bis die Lippen Amarantes Mähne berühren. In dieser Stellung verharrt er, mit dem Ausdruck von Erschöpfung, eine volle Minute,
     sein Maul ist gleichsam erschlafft, und aus den Augen zieht sich das Feuer zurück, um der Traurigkeit Platz zu machen. Schwerfällig
     trennt er sich schließlich von der Stute und läßt, während er sich wieder auf seine vier Beine stellt, einen kleinen Teil
     des Samens zur Erde fallen, dessen er sich entledigt hat. Dann schüttelt er sich, und mit einemmal, wieder er selbst geworden,
     hebt er den Kopf, fällt in einen kurzen kraftvollen Galopp um das Gehege und kommt in voller Geschwindigkeit und unter kriegerischem
     Gewieher auf uns zu, als wollte er uns niedertrampeln. Kaum einen Meter vor uns weicht er plötzlich aus, und sein fröhliches,
     eitles Auge mustert uns herausfordernd von der Seite, während er sich, ohne langsamer zu werden, wieder in die Mitte des Geheges
     entfernt. Noch lange nachdem ich die Stätte verlassen habe, werde ich den Rhythmus der vier schweren Hufe im Ohr behalten,
     die die Erde erschüttern. In dieser erstorbenen und verstummten Landschaft erscheint mir dieses dumpfe Hämmern begeisternd
     wie der Neubeginn des Lebens.
    Die Höhlenmenschen haben zwei Häuser nebeneinander, das erste für Wohnzwecke, das zweite dient vermutlich als Stallung, Heuboden
     und Schweinekoben. Sie sind geschickt gemacht, haben einen etwa einen Meter tiefen gemauerten Vorbau mit einem Schutzdach,
     das in die Höhlenöffnung eingepaßt ist und einen Schornstein aufweist. Am Stall sind die Ziegel roh |184| geblieben, am Haus hingegen hat man sie mit ziemlicher Sorgfalt verputzt. In die Mauer sind zu ebener Erde eine Glastür und
     ein Fenster und im Obergeschoß zwei weitere Öffnungen eingelassen. Sie alle sind mit Glasscheiben versehen und von einfachen
     Fensterläden flankiert, die noch die Spuren eines bordeauxroten

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