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Malevil

Malevil

Titel: Malevil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Gesetz machen, welche von den beiden alten Hennen die andere hacken wird. Ich rufe fröhlich: »Zu Tisch!
     Zu Tisch!«
    Ich setze mich in die Mitte und gebe Miette einen Wink, mir gegenüber Platz zu nehmen. Leichtes Hinundhergewoge. Nach kurzem
     Zaudern setzt sich Thomas, wie gewohnt, zu meiner Rechten und Meyssonnier zu meiner Linken. Momo versucht sich links neben
     Miette niederzulassen, doch wird sein Vorhaben von der Menou im Keim erstickt, die ihn barsch an ihre Seite ruft. Peyssou
     blickt mich an. Ich sage: Na, alter Klepper, was wartest du noch? Aufgeregt und konfus entschließt er sich, rechts neben Miette
     Platz zu nehmen. Colin nimmt, offensichtlich mit mehr Behagen, zu ihrer Linken Platz. Da Jacquet noch steht, zeige ich ihm
     den Platz neben Meyssonnier und bin sicher, ihm damit Vergnügen zu bereiten, denn auf diese Art kann er Miette sehen, ohne
     sich vorbeugen zu müssen. Das Gedeck neben Peyssou bleibt für die Falvine übrig. Das ist sehr gut so. Peyssou, der stets höflich
     ist, wird von Zeit zu Zeit Konversation mit ihr machen.
    Ich esse wie ein Vielfraß, aber ich trinke, wie gewöhnlich, mit Zurückhaltung, zumal mein Tagewerk noch nicht beendet ist
     und wir nach dem Essen noch eine Beratung abhalten müssen, da Entscheidungen zu fällen sind. Mit Befriedigung stelle ich fest,
     daß Peyssous Wangen wieder Farbe bekommen haben. In Gegenwart von Jacquet, der ihn vor Scham nicht einmal anzusehen wagt,
     will ich ihn nicht fragen, wie es um seinen Nacken steht. Sicherlich hat er auf mich gewartet, daß ich ihm den Verband abnehme,
     aber bis morgen soll er ihn noch behalten, die |207| Wunde könnte nachts wieder zu bluten anfangen. Die Falvine läßt den Kopf hängen und sagt kein Wort, was ihr vermutlich schwerfällt;
     um einen guten Eindruck auf die Menou zu machen, hält sie sich mit ihrem Schinken zurück. Doch ist das verlorene Mühe, denn
     die Menou hebt den Kopf nicht von ihrem Teller.
    Die einzige, die völlig natürlich erscheint, ist Miette. Sie ist der wahre Mittelpunkt, in dem alle Wärme und Aufmerksamkeit
     der Tischrunde zusammenströmt. Das stört sie nicht, und ich könnte schwören, es nährt auch ihre Eitelkeit nicht. Unbefangen
     sieht sie jedem einzelnen mit der Ernsthaftigkeit eines Kindes ins Gesicht. Manchmal lächelt sie. Der Reihe nach hat sie uns
     alle angelächelt, ohne Momo zu übergehen, den ich erstaunlich sauber finde, ich habe vergessen, daß wir ihn erst heute morgen
     in die Badewanne gesteckt haben.
    Die Mahlzeit verläuft bei aller Fröhlichkeit ein wenig gezwungen, denn was im Etang passiert ist, möchte ich vor den Neuen
     nicht erzählen, und diese, so stumm und bescheiden sie auch sind, stören uns etwas: Wir haben das Gefühl, daß alles, was wir
     gewöhnlich sagen, ohne darüber nachzudenken, vor ihnen gesagt, falsch klänge. Zudem haben wir eine andersartige Tradition
     bei ihnen gespürt. So machten sie, als sie sich zu Tisch setzten, alle drei das Zeichen des Kreuzes. Ich weiß nicht, woher
     sie dieses Ritual haben: gewiß nicht vom Wahrwoorde! Auf die Menou, die stets dazu neigt, in den »Fremden« Wilde aus der vorchristlichen
     Ära zu sehen, macht das übrigens einen guten Eindruck.
    Meyssonnier zu meiner Linken stößt mich mit dem Ellbogen an, und Thomas blickt sehr verstimmt.
    Sie fühlen sich einmal mehr als Minderheit, denn sie sind hier die einzigen überzeugten Atheisten, die einzigen, denen der
     Atheismus eine zweite Religion ist. Colin und Peyssou, die vor dem Tag des Ereignisses ihre Ehefrauen nur selten zur Messe
     begleiteten – ein Brauch, der ihnen wenig männlich erschienen wäre –, pflegten zu Ostern gleichwohl zur Kommunion zu gehen.
     Ich selbst, weder katholisch noch protestantisch, bin zwischen zwei Stühlen aufgezogen worden, ein hybrides Produkt aus zwei
     Erziehungsformen. Sie haben sich wechselseitig Abbruch getan. Mächtige Glaubensgerüste sind in mir zusammengebrochen. Eines
     Tages müßte ich eine Bestandsaufnahme vornehmen, um genau zu bestimmen, was übriggeblieben ist. Ich |208| glaube nicht, daß ich es jemals tun werde. Jedenfalls bin ich auf diesem Gebiet sehr mißtrauisch, nicht allein in Hinblick
     auf die Priester. Zum Beispiel empfinde ich die lebhafteste Antipathie gegen Leute, die sich rühmen, Gottvater abgeschafft
     zu haben, die die Religion als alten Hut bezeichnen und sie sogleich durch ebenso willkürliche philosophische Zauberformeln
     ersetzen. In Ermangelung der Inventur, von der ich

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