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Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Titel: Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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katalonischer Kurzgeschichten und einem Roman aus dem 19. Jahrhundert. Und dort schob sie das Buch hinein. Die Bücher würden auf den kleinen Gedichtband achten, das wusste sie.
    »Es ist ganz einfach, nicht wahr?«, sagte Firnis und lächelte glücklich.
    Jordi trat neben sie.
    Sah ihr auf die Zöpfe.
    In seinen Augen erkannte sie die Magie des Augenblicks und plötzlich wurde in ihrem verstörten Herzen etwas geboren, das Zuversicht sein mochte. Etwas, das klein und zart war wie das neugeborene Buch. Etwas, das sie nicht mehr verlassen würde, so nachtschwarz die Schatten auch sein mochten. Ein Gedanke, der schön und hell war und sie wieder fliegen ließ.

La Reina de la Sombra
    »Sie sind also verschwunden.«
    Karim Karfax spürte, wie die Wut in ihm wuchs.
    Der Eistreter, der hinter ihm wartete, war bei der Windmühle gewesen.
    Das Mädchen hatte fliehen können. Ein Junge war ihr dabei behilflich gewesen. Und ein fliegender Stofffetzen.
    Karim Karfax dachte an die vielen Winde, die hier in der singenden Stadt lebten. Das Mädchen musste die Fähigkeit besitzen, mit den Elementen zu sprechen. Jedenfalls mit einigen von ihnen. Wo die Mutter abgeblieben war, hatte ihm der Eistreter nicht sagen können. Nur das Mädchen sei in der Windmühle gewesen.
    Der alte Kartenmacher, den die Schatten befragt hatten, wusste nicht, wohin Sarita Soleado gegangen war. Der Eistreter hatte ihn gründlich befragt, aber nicht eine einzige brauchbare Antwort erhalten. Es war zum Verrücktwerden!
    »Sie ist nur ein Kind«, sagte er laut und drehte sich abrupt auf dem Absatz um.
    Der große Eistreter mit der grinsenden Harlekin-Maske stand noch immer unbeweglich da. Karim Karfax war mit wenigen Schritten bei dem Schattenwesen.
    Er beugte sich vor und betrachtete die Maske.
    »Du hast versagt.« Karim Karfax umfasste die Maske mit beiden Händen, fast schon war es eine zärtliche Berührung. Ganz ruhig und sanft streichelte er mit seinen Fingern über das hölzerne Gesicht mit der langen krummen Nase.
    Er spürte die bittere Eiseskälte des Wesens auf seinem eigenen Gesicht und fragte sich, wie eisig der Atem der Schatten doch auf die Menschen wirken musste, die nicht so beschaffen waren wie er selbst.
    »Nichts lebt für immer«, flüsterte der junge Mann im Ledermantel, fast schon bedauernd. Dann drückte er beide Daumen in die leeren Augenschlitze der Maske. Der Eistreter erbebte, und wenn Schatten Angst zu spüren vermochten, dann fühlte sich das wohl genau so an.
    Ganz fest hielt Karim Karfax den Kopf des Wesens. Die Kreatur schrie auf – unmenschlich und kläglich.
    Aus den Augenschlitzen tropften Schatten, liefen wie Tränen über die weiße Maske und das rot gemalte breite Grinsen. Der Eistreter zappelte panisch, denn der Tod war etwas, das auch die Schatten kannten. Es dauerte nicht lange. Irgendwann hielt Karim Karfax nur mehr die Maske in den Händen. Die Kleidung war einfach zu Boden gefallen, als habe sie jemand achtlos abgestreift.
    »Schattenschande.«
    Karim Karfax betrachtete die Maske, ganz kurz. Dann ließ er sie zu Boden fallen.
    Er ging zurück zu dem Bildnis, das schon immer in diesem Haus gehangen hatte. Nur wenn er es betrachtete, fand er Ruhe, die er gerade jetzt so bitter nötig hatte.
    Ganz versunken war er in die uralte Kohlezeichnung. Er mochte dieses Bild. Jede Schattierung darin.
    Er, Karim Karfax, hatte es berührt.
    Nicht viel länger als ein Jahr war das nun her. Auch damals hatte er hier, an genau dieser Stelle, gestanden. Er hatte die grau verwischten Konturen des makellosen Gesichts in den Schatten bewundert und dann zärtlich die Finger danach ausgestreckt.
    La Reina de la Sombra. Die Schattenkönigin.
    Der Schriftzug stand in gotischen Lettern auf dem Schild geschrieben, das unter dem Rahmen hing.
    Er hatte dieses Bild schon als kleiner Junge gemocht. Seine Mutter hatte ihn mit in die Casa de l’Ardiaca genommen, um ihm das Bildnis zu zeigen, und schon damals hatte ihm die süße frostige Wisperstimme der Schattenkönigin aus dem Bild heimlich zugeflüstert, hatte Karim ihr seine tiefsten Geheimnisse anvertrauen können. Einfach unvergleichlich war ihre Schönheit gewesen. Und schon immer war es sein Wunsch gewesen, sie zu berühren.
    Heute war er selbst Arxiduc.
    Ein Titel nur, und doch… die Meduza unterstand ihm allein. Das Haus derer von Karfax gehörte ihm. All die Ländereien, die Reichtümer, die Geheimnisse, sie waren sein.
    Er schloss die Augen und atmete erneut die Dunkelheit, so

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