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Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Titel: Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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überziehen?
    Selbst wenn dem so wäre, wozu bräuchten sie Catalina dann?
    »Ich weiß es nicht«, sagte Jordi. »Ich kann nur wiedergeben, was ich gelesen habe.«
    »Und diese Stadt… dieses Madrid… ist einfach so verschwunden?«
    Der Junge nickte.
    Firnis, der auch keine Erklärung für all dies hatte, sagte: »Außer dieser Karte und der Geschichte gibt es keinen Hinweis dafür, dass wir es mit einer Stadt zu tun haben, die jemals existiert hat. Sie müsste auf dem Meeresgrund liegen, in den Gewässern vor der Küste von Toledo.« Er schaute ratlos in die Runde und auf seiner Zunge schienen sich die Buchstaben förmlich zu tanzen.
    »Blanker Unsinn«, murmelte Catalina. Sie hatte einiges vom alten Márquez gelernt und die Karte, die sie eben in dem mysteriösen Buch gesehen hatte, konnte nicht echt sein. »Alles sieht dort anders aus, wirklich alles«, sagte sie. »Es müsste etwas geschehen sein, das die ganze Welt verändert hätte. Aber was, bitte schön, kann das gewesen sein?« Sie dachte an die Ursachen, an die man immer dachte, an natürliche Phänomene, die Landstriche verändern konnten. Erdbeben, Vulkane, Flutwellen. Nichts davon passte zu der Geschichte und der Landkarte. Überhaupt schien die Geschichte nur ein Schauermärchen zu sein.
    »Was sollen wir jetzt tun?«, fragte Jordi.
    »Frühstücken«, schlug Firnis vor und lächelte sein Buchstabenlächeln.
    Catalina betrachtete die Linie, die dem engen Kanal vor dem Haus und dem schmalen Pfad eine skizzenhafte Gestalt verlieh. Die Bleistiftspitze fuhr auf der hölzernen Tischplatte entlang, und waren Kanal und Pfad am Abend zuvor nur mehr eine Andeutung gewesen, so wurden sie nun zu einem richtigen Bild.
    »Wir werden den Tisch in Ehren halten und uns immer an dich erinnern, wenn wir hier sitzen und dein Bleistifthaus der Nadeln betrachten.« Firnis lächelte freundlich und stand auf. »An dich erinnern wir uns natürlich auch«, fügte Firnis hinzu und reichte Jordi einen Korb voll frischem Backwerk.
    Als alles angerichtet war, setzte sich Firnis zu seinen beiden Gästen. »Reverte, Pérez!«, rief er. »Frühstück.«
    Doch niemand antwortete. Und Catalina fiel auf, dass es draußen in der Bibliothek der stets flüsternden und wispernden Buchstaben plötzlich totenstill geworden war.

Die Kartenmacherin
    Die Stille breitete sich in der Küche aus und kroch in jeden Winkel und jede Ecke.
    Plötzlich das Geräusch splitternden Holzes.
    Ein Schrei.
    Catalina erschrak bis aufs Mark. Einen Moment später durchzuckte ein Rumpeln ihren ganzen Körper. Ein Erdbeben, dachte sie im ersten Moment. Das Haus der Nadeln erzitterte bis in die Grundfeste. Das Mauerwerk kreischte und an manchen Stellen schien es sogar zu bersten.
    Panisch hielt sie sich am Tisch fest, der bedrohlich hin und her schwankte. Durch die Küchentür drang das Geräusch von aus den Regalen fallenden Büchern in die Küche.
    Die Schreie übertönten jeden Lärm.
    Es waren die beiden Bibliotheksgehilfen und es klang, als ob mit ihnen etwas vorging, von dem Catalina eigentlich gar nichts wissen wollte.
    Dann war es vorbei, ebenso schnell, wie es passiert war.
    Jordi war aufgesprungen und zum Fenster gelaufen, aber Catalina saß noch immer vor dem Tisch. Mit der einen Hand klammerte sie sich krampfhaft an der Tischplatte fest. Die andere Hand hielt den Bleistift und es war unschwer zu erkennen, dass sie zitterte. Sie ließ den Bleistift los und wie in Trance sah sie ihm hinterher, bis er vom Tisch gerollt war.
    »Du wirst es nicht glauben«, stammelte Jordi, der aus dem Fenster schaute.
    Catalina fragte sich, weshalb der Bleistift vom Tisch gerollt war. Nur eine einzige Antwort fiel ihr darauf ein und dummerweise war dies eine Antwort, die nicht unbedingt einen Sinn ergab. Der Tisch, dachte Catalina, stand schief. Aber vorhin hatte er noch gerade gestanden.
    Firnis riss sie aus ihren Gedanken. Auch er hatte sich am Tisch festgehalten und war jetzt wieder auf den Beinen. Völlig aufgelöst rannte er im Raum umher. »Was ist passiert, was ist denn das?«
    Catalina dachte noch über die Sache mit dem Tisch und dem Bleistift nach, als Jordi etwas sagte, das sie zuerst gar nicht verstand. Wie bei der Sache mit dem Bleistift ergab die Antwort auch hier keinen richtigen Sinn.
    »Der Kanal ist fort.« Das war alles, was Jordi über die Lippen brachte.
    Firnis blieb stehen und starrte den Jungen an. »Wie meinst du das?«
    »Der Kanal ist woanders.« Er dachte nach, wie er es ausdrücken sollte, und

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