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Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Titel: Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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geringsten. Er war verliebt, bis über beide Ohren. So sehr, dass er am liebsten pausenlos singend durch die Stadt gelaufen wäre. Gar nicht oft genug konnte er sich das vor Augen halten. Es war dieser wunderbare Gedanke, der ihn schneller und schneller werden ließ, der ihn mutig machte und der ihn die ganze Welt mit anderen Augen sehen ließ. Ja, er war verliebt in Catalina Soleado – und am liebsten hätte er es laut hinausgeschrien, damit es jeder hören konnte.
    Jetzt stand er hier.
    Unter der Brücke.
    Allein.
    Catalina war fort und die Gewissheit, dass dies so war, fraß sich in sein Herz hinein wie ein hungriges Tier.
    Er starrte auf das hölzerne Ding, das auf dem schmutzigen Steinboden lag. Es war eine Harlekin-Maske. Das rotschwarze Grinsen auf dem weißen Gesicht schien den Jungen zu verhöhnen und war mehr Antwort auf alle Fragen, als er jemals hatte hören wollen.
    Jordi kniete sich neben die Maske und berührte sie. Kurz zuckte seine Hand zurück, als erwarte er, dass sie sich noch bewegen würde. Dann fasste er sie an, hob sie hoch und sah hinein. Nichts!
    Es war eine gewöhnliche Harlekin-Maske aus Holz. Was immer sich einmal hinter ihr verborgen hatte, es war nun fort.
    Wie Catalina.
    Er ging in die Knie, ganz zittrig waren seine Beine. Ihm schwindelte. Mit beiden Händen stützte er sich auf dem Boden ab. Heiß brannte ihm die Sonne in den Nacken, doch in ihm drin wurde es kalt. Er schüttelte den Kopf, als könne er damit etwas bewirken. Als könne dieses trotzige Kopfschütteln irgendetwas verändern.
    Wie konnte das sein? Nach all dem, was sie gemeinsam durchgemacht hatten?
    Nein, es durfte nicht sein. Was war das für eine Welt, in der man sein Herz verlor und einem dann so was widerfuhr? Es war falsch, von Grund auf falsch.
    Er rappelte sich auf.
    Er half Catalina nicht, wenn er hier hockte und vor Selbstmitleid zerfloss. Sie würde es nicht gutheißen. Catalina war mutig und voller Tatendrang. So sah er sie. Ihr würde etwas einfallen. Irgendetwas.
    Eine leichte Brise fuhr ihm durchs Haar. Sie wehte übers Wasser, kräuselte die Oberfläche und kehrte dann zu ihm zurück.
    »El Cuento?«
    Der Wind zerrte an dem verbliebenen Hemdsärmel. Zu dumm, dass er ihn nicht verstehen konnte. Bestimmt wüsste er, wo sich Catalina aufhielt.
    »Sie ist fort«, flüsterte Jordi.
    Der Wind antwortete ihm nicht. Stattdessen wirbelte er durch den Sand, der sich an manchen Stellen auf dem alten Pflaster häufte. Eine Figur formte er. Etwas mit Masten und Segeln. Etwas Schwarzes.
    Natürlich! Warum war er da nicht selbst draufgekommen? Die Meduza!
    Wenn wirklich einer der Harlekins Catalina geschnappt hatte, dann würde er sie zu der fliegenden Galeone bringen. Wer auch immer den Maskenmännern Befehle erteilte, er befand sich dort, auf dem fliegenden Schiff. Er war derjenige, der Catalina Soleado in seiner Gewalt wissen wollte. Und er würde auf der Meduza nur darauf warten, dass ihm jemand das Mädchen brachte.
    Jordi überlegte. Als er die fliegende Galeone das letzte Mal gesehen hatte, hatte sie drüben im Hafen geankert.
    Er schaute dorthin, wo Catalina gesessen hatte, als er gegangen war. Der Gedanke, dass sie sich an Bord der Galeone befinden konnte, beunruhigte Jordi mehr als alles andere. Und das alles nur wegen dieser Kartenmacherei.
    Jordi konnte selbst nicht ganz fassen, was Catalina in der Bibliothek getan hatte. So schwerelos und leicht hatte es ausgesehen. Nur ein, zwei Striche mit dem Bleistift und die Welt stürzte zusammen und wurde gleichzeitig neu erschaffen. Er hatte ihr angesehen, dass sie selbst nicht die geringste Ahnung von dem gehabt hatte, wozu sie da fähig war. Es war etwas, das es gar nicht hätte geben dürfen. Und doch war sie dazu in der Lage.
    Der Wind wehte ihm mitten ins Gesicht. El Cuento hatte recht. Die Zeit war knapp.
    Was hatten sie mit Catalina vor? Würden sie ihr etwas antun? Würden man sie dazu zwingen, etwas zu tun, was sie nicht wollte?
    Er betrachtete die Maske und stellte sich vor, wie der Harlekin Catalina geschnappt hatte. Wehrlos war sie gewesen mit ihrem verstauchten Knöchel. Womöglich hatte sie sogar gekämpft und dem Harlekin die Maske von seinem Schattengesicht gerissen.
    Während sie Catalina verschleppt hatten, war er in Barrio Gótico gewesen. Viel zu weit fort, um ihr zu Hilfe zu eilen. Er rieb sich erschöpft die Augen. Es war seine Schuld. Er war es gewesen, der die beiden Schakalbibliothekare unbedingt in die Irre hatte führen wollen.
    Meine

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