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Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Titel: Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Silbermünzen, die ihnen in den bleichen Gesichtern steckten. Sehen konnten sie nur mit Sinnen, die kein Sterblicher richtig zu verstehen vermochte. Erfahrene Seeleute, mutige Flieger und verwegene Kämpfer waren sie. Karim Karfax vertraute ihnen vorbehaltlos.
    Heißer Wind rauschte jetzt aus den Gebläsemaschinen und pustete die Segel zu dicken Kissen auf. Karim Karfax hielt sich an der Reling fest. Der Steuermann zog das riesige Rad nach hinten, drehte nach backbord.
    Langsam erhob sich die Meduza aus der azurblauen See. Wasser tropfte ihr in Sturzbächen vom Rumpf, als sie aufzusteigen begann. Anfangs war es nur ein leichtes Schweben, doch dann schob sie sich durch die Luft wie ein Pfeil, so schwer und dunkel, dass selbst die Zeit die Luft anzuhalten schien, wenn die Galeone vorüberflog. Karim Karfax wusste, wie elegant sich die Galeonen zu bewegen vermochten. Schon als Kind hatte er den Anblick der fliegenden Schiffe gemocht.
    Die Meduza vollführte eine leichte Drehung, flog über La Marina hinweg und nahm Kurs auf das Zentrum der singenden Stadt.
    Unten reckten die Menschen die Köpfe. Nur die Älteren konnten sich noch an die Geschichten erinnern, die von den fliegenden Schiffen berichtet hatten.
    Eines von ihnen war wieder da.
    Und wo es eins gibt, dachte Karim Karfax vergnügt, da wird es bald viele geben.
    Er stand auf der Brücke seines Schiffes, ein zufriedener Mann. Denn er wusste, dass er bald schon am Ziel sein würde.
    Vor der Meduza tauchte in der nahen Ferne die überaus alt und mächtig wirkende Kathedrale auf, die Sagrada Família. Der Ort, an dem er Sarita Soleado vorfinden würde.
    Er konnte es kaum erwarten, ihr endlich gegenüberzustehen.

Enthüllungen
    »Wir müssen von hier verschwinden«, hatte Ramon Rocas gedrängt.
    »Nein!« Sie war starrköpfig geblieben bis zuletzt. »Ich gehe nicht ohne Jordi.«
    Doch dann waren die Schattenwesen am oberen Ende der Treppe erschienen und Ramon Rocas hatte sie einfach gepackt und war mit ihr losgelaufen.
    Nun ja, das war nicht ganz richtig.
    Ramon war losgelaufen. Er hatte sie getragen und die Leichtigkeit, mit der er das bewerkstelligt hatte, war mehr als nur wundersam gewesen. Er war mit ihr den Kanal entlanggerannt, als wöge sie gar nichts. Über Seitenarme, die hier und da in den Hauptkanal mündeten, war er gesprungen, ja, fast geschwebt. Das alles mit ihr in den Armen.
    Am Ende hatte er sie in die Katakomben gebracht. Hinab in die Nekropolis von Barcelona, wo sich die Gebeine der längst Verblichenen reihten. Dort war es stockfinster und es gab nicht einmal Schatten. Aus einem Grund, den Catalina nicht kannte, konnte Ramon dort unten sehen. Sie selbst war nahezu blind, wurde sich nur einiger Schemen hier und da bewusst, aber das war auch schon alles. Sie spürte nur die kräftigen dürren Arme des jungen Mannes, die sie die ganze Zeit über trugen.
    Kanäle gab es hier unten zuhauf, breite Flüsse und dünne Rinnsale, die wohl die Stadtteile miteinander verbanden. Catalina hörte die Fluten in der Dunkelheit rieseln und rauschen. Später dann kamen sie in eine Gegend, wo in regelmäßigen Abständen lange gewundene Schächte hinauf zur Oberfläche führten. Spärliches Licht fiel durch sie nach unten.
    Irgendwo unter La Ciutadella, mussten sie jetzt sein.
    »Es tut mir leid«, sagte Ramon und setzte sie ab. Unruhig schaute er sich um. »Aber es gab keine andere Möglichkeit. Das weißt du.«
    Sie konnte ihn wieder sehen. Aufgeregt schnupperte er in der kühlen Luft. Catalina tat es ihm nach, aber sie konnte im Halbdunkel nichts erkennen.
    Gut so!
    Die Schattenwesen bei der Brücke waren Tiere gewesen und sie verspürte keine Lust, ihnen noch einmal begegnen zu müssen. Gewöhnliche Tiere hatten sie verfolgt, das war es, was sie am meisten erschreckt hatte. Alte und junge Hunde und Katzen mit geschmeidigen Raubtierkörpern, Tiere, die normalerweise durch die Gassen und Straßen streunten. Sie waren mit pechschwarzen Augen und vor Finsternis triefenden Lefzen hinter ihnen her gewesen.
    »Die Schatten«, hatte ihr Ramon erklärt, »vermehren sich schnell.«
    Wohin das führen konnte, wollte sich Catalina gar nicht erst ausmalen. Sie stellte sich ein Barcelona vor, das von den Schattenwesen bevölkert wurde. Eine Stadt der Schatten. Sie musste an Madrid denken und die Landkarte, die Jordi ihr in der Bibliothek gezeigt hatte.
    Jordi!
    Es zerriss ihr das Herz zu wissen, dass er irgendwo da draußen herumlief und sie suchte. Sie hoffte inständig,

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