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Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Titel: Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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sagte ja, es ist kompliziert.« Er hüstelte. »Es steht geschrieben, dass man demjenigen, den man am meisten liebt, den Schaden zufügt. Das ist der Preis.«
    Catalina fuhr sich übers Gesicht. All die neuen Gedanken wirbelten ihr durch den Kopf und verknoteten sich zu einem einzigen, undurchsichtigen Knäuel.
    »Sarita hat also die Insel verändert, um jemandem, den sie liebte, zu helfen.«
    Erneutes Nicken.
    Catalina schaute auf. »Ich bin das gewesen«, flüsterte sie benommen. »Sie wollte mich in Sicherheit bringen!« Sarita hatte gewusst, dass die Schatten hinter ihrem Kind her sein würden, wenn sie erst einmal auf ihre Spur kamen. Vielleicht hatte Karfax nicht einmal gewusst, dass Sarita eine Tochter hatte. Vielleicht hatte Sarita sie mit allen Mitteln zu schützen versucht.
    Trotzdem! Dafür die eigene Mutter zu verraten…
    »Was ist der Preis dafür gewesen?« Sie flüsterte die Worte.
    Ramon schwieg.
    Catalina starrte ihn an. Sie kannte die Antwort bereits: Der Preis war jemand, den Sarita mehr geliebt hatte als ihre Tochter.
    »Wir haben die Cala Silencio verlassen, nachdem mein Vater gestorben ist«, sagte sie mit erstickter Stimme.
    Sie spürte, wie sich die Welt erneut zu drehen begann. Nein, das wollte sie nicht einmal denken. Das konnte sie nicht denken. So etwas durfte sie nicht einmal in Betracht ziehen. Ihre Mutter und ihr Vater hatten sich geliebt. Daran hatte sie immer schon geglaubt. Ja, sie hatten sich geliebt.
    Das Mädchen fühlte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen.
    Aber war das nicht gerade der Punkt? Widerfuhr nicht demjenigen Schlimmes, den die Kartenmacherin am meisten liebte? Hatte Ramon nicht genau das gesagt?
    Und wenn es so wäre…
    Dann würde das bedeuten, dass…
    Nein, nein, das konnte nicht die Wahrheit sein.
    »Du lügst!« Eine andere Antwort fiel ihr nicht ein.
    Ramon erwiderte nichts darauf.
    »Du bist ein Lügner!«, schrie sie ihn an. Ja, so musste es sein. Nur so und nicht anders.
    »Wen wolltest du schützen, als du die Bibliothek und alles drum herum verändert hast?«
    Der Mund wurde Catalina mit einem Mal ganz trocken. »Nein«, flüsterte sie.
    Doch Ramon sprach es aus. »Jordi.«
    Sie sah ihn an. Noch immer schmeckte sie den Kuss und es konnte nicht sein, dass es so endete. Das war nicht richtig.
    »Du lügst«, weinte sie. Ihre Stimme zerbrach wie Glas auf hartem Stein. »Du lügst.«
    »Er ist derjenige, den du am meisten liebst. Mehr noch als deine Mutter.«
    Sie spürte, wie sie nickte.
    Nein, das war nicht sie, die da nickte. Catalina Soleado war nur mehr eine Hülle, leer und hohl, und das Herz, das in dieser Hülle schlug, würde schon bald an seinem eigenen Echo zerbrechen. Jordi Marí, wo steckst du nur? Es war ein Hilfeschrei, der nicht beantwortet wurde, natürlich nicht.
    Stattdessen durchdrang ein anderes Geräusch die Dunkelheit: ein Flattern wie von Tausenden von Flügeln.
    Ramon und Catalina sahen einander an.
    »Was ist das?«
    Sie erhielt keine Antwort.
    Doch das war auch nicht nötig. Denn einen Moment später konnte Catalina sie sehen. Wesen, die einmal Schmetterlinge gewesen sein mochten. Jetzt waren sie grau und ihre Flügel ließen düstere Muster erahnen. Eine ganze Wolke dieser Kreaturen füllte den Tunnel, in dem sie sich befanden.
    »Finsterfalter«, sagte Ramon. Die Rabenfedern an seiner Schläfe vibrierten.
    »Was jetzt?«
    Er packte sie bei der Hand und zog sie mit sich. Sie schrie vor Schmerz auf, als sie ihren verletzten Fuß aufsetzte, aber er achtete nicht darauf. Er zog sie einfach nur hinter sich her, hinein in den nächsten Tunnel, dem Rauschen der Fluten entgegen.
    Das Flattern hinter ihnen wurde schnell zu einem tosenden Brüllen, das in dem Echo einen schaurigen Hall fand. Es mussten Abertausende dieser Geschöpfe sein, die da hinter ihnen her waren.
    Die Dunkelheit um Catalina wurde zu einem Dschungel aus Schwarz. Sie stolperte ohne Orientierung vorwärts, schrie laut auf, wenn ihr Fuß gegen ein Hindernis stieß. Die Klauenhand Ramons hielt die ihre fest umschlossen. Unbarmherzig zog er sie weiter.
    Etwas setzte sich ihr in den Nacken. Sie spürte kleine Beine, und bevor das Ding etwas tun konnte, schlug sie mit der freien Hand danach. Es war weg. Aber ein weiteres war sofort zur Stelle. Auch danach schlug sie.
    Ramon rief ihr etwas zu, das sie nicht verstand, und dann stolperte sie kopfüber in die Nachtschwärze, die überall war. Sie schmeckte den schalen Geruch beklemmender Panik, und während um sie herum die

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