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Malice - Du entkommst ihm nicht

Malice - Du entkommst ihm nicht

Titel: Malice - Du entkommst ihm nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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fasste sie bei den Schultern und sah ihr fest in die Augen. »Greg und mir geht es gut, Kady. Von Krise kann überhaupt keine Rede sein. Wir lieben uns noch genauso wie früher.«
    Kady sah ihr an, dass sie die Wahrheit sagte, und hatte plötzlich ein schlechtes Gewissen, weil sie tatsächlich geglaubt hatte, ihre Eltern könnten ihr etwas so Wichtiges verheimlichen.
    »Was ist es denn dann? Ich merke doch, dass irgendwas ist.«
    »Die Sache mit Luke beschäftigt uns natürlich auch, Schatz, das ist alles«, erwiderte Alana.
    Aber diesmal sagte sie nicht die ganze Wahrheit. Kady konnte es an ihren Augen sehen, in die jetzt ein seltsamer Ausdruck getreten war, der vorher nicht da gewesen war. Greg und sie waren auffallend nervös, seit Luke verschwunden war. Sie waren überfürsorglich und behandelten sie wie ein rohes Ei. Wenn sie aus dem Haus ging, wollten sie immer ganz genau wissen, wann sie wiederka m – früher hatten sie ihr alle Freiheiten gelassen und nie viele Fragen gestellt. Außerdem hatte Kady ihre Mutter ein paarmal dabei ertappt, wie sie abends die Vorhänge zur Seite geschoben und hinausgeschaut hatte, als hätte sie Heimweh. Oder erwartete sie, dort draußen irgendjemanden zu sehen?
    Alana hatte Geheimnisse vor ihr. Und es verletzte Kady zutiefst, dass ihre Mutter ihr anscheinend nicht genug vertraute, um mit ihr darüber zu reden.
    »Okay«, sagte sie und wandte den Blick ab, damit ihre Mutter nicht sah, wie enttäuscht sie war.
    »Versuch wieder einzuschlafen, hm?«
    »Ich glaube, ich lese noch ein bisschen. Lässt du das Licht an?«
    »Natürlich, Schatz.«
    Aber sobald ihre Mutter das Zimmer verlassen hatte, schlug Kady die Bettdecke zurück und stand auf. Nach diesem Albtraum, dessen schreckliche Bilder sie immer noch verfolgten, hatte es keinen Sinn zu versuchen, wieder einzuschlafen.
    Sie setzte sich seufzend an ihren Schreibtisch und schaltete den Computer ein. Vielleicht war Jess gerade online. In San Francisco war jetzt später Nachmittag.
    Während sie darauf wartete, dass der Rechner hochfuhr, wanderten ihre Gedanken zu Seth zurück und sie sah wieder den grimmig entschlossenen Ausdruck auf seinem Gesicht, mit dem er sich vorhin von ihr verabschiedet hatte. Sie hatte ein ungutes Gefühl. Zum Glück hatte er den Comic mitgenommen.
    War der Junge darin wirklich Luke gewesen? Nein. Das konnte nicht sein, das war einfach absolut unmöglich. Wenn Menschen einfach so spurlos vom Erdboden verschwinden und kurz darauf in einem Comic wieder auftauchen konnten, wo sie von irgendwelchen Horrorwesen gejagt wurden, dann würde das bedeuten, dass nichts in dieser Welt so war, wie es zu sein schien.
    Ausgeschlossen. Kady weigerte sich, daran zu glauben. Vielleicht ließ sich die Ähnlichkeit dadurch erklären, dass der Comiczeichner Lukes Foto in der Zeitung gesehen und als Vorlage für die Figur verwendet hatte. Wie hieß der Zeichner noch mal? Ach ja, Grendel! Komischer Name. Hieß so nicht der rachedurstige Troll aus der Beowulf-Sage? Der Name konnte nur ein Pseudonym sein.
    War überhaupt schon ein Artikel über Luke in der Zeitung erschienen? Nein. Ihr fiel ein, dass Lukes Mutter nicht gewollt hatte, dass in der Presse über sein Verschwinden berichtet wurde. Jedenfalls hatten das Seths Eltern erzählt, als Kady das letzte Mal bei ihm gewesen war. Lukes Mutter wollte nicht, dass aus ihrer Trauer Kapital geschlagen wurde, sie mochte sich nicht den gierigen Blicken der Öffentlichkeit aussetzen. Seths Vater hatte sich darüber aufgeregt und gesagt, es sei egoistisch von ihr, ihre eigenen Gefühle über das Wohl ihres Sohnes zu stellen. Er war der Meinung, dass sie im Fernsehen auftreten und die Bevölkerung um Mithilfe bitten müsse. Seth hatte darauf erwidert, dass das Fernsehen und die Presse noch nie jemandem geholfen hätten und dass die Leute sich doch nur aus Sensationslust am Elend anderer ergötzen würden. Woraufhin wie üblich wieder ein heftiger Streit zwischen ihm und seinem Vater entbrannt war und Kady sich so schnell wie möglich verabschiedet hatte.
    Wenn aber kein Foto von Luke in den Medien erschienen war, dann konnte der Comiczeichner kein Foto von Luke gesehen haben. Außerdem war er erst seit zweieinhalb Wochen weg. Selbst wenn dieser Grendel in dem Moment, in dem Luke verschwunden war, angefangen hätte zu zeichnen, hätte er es in der kurzen Zeit niemals schaffen können, den Comic fertigzustellen, drucken zu lassen und rechtzeitig in die Läden zu bringen.
    Kadys Gedanken

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