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Malice - Du entkommst ihm nicht

Malice - Du entkommst ihm nicht

Titel: Malice - Du entkommst ihm nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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überhaupt nicht aus!«
    Justin dachte einen Moment nach. Seth sah immer wieder nervös zum Zug hinüber. Am anderen Ende des Bahnsteigs huschte etwas vorbei, zwei grüne Punkte leuchteten auf, dann war alles wieder schwarz. Er öffnete gerade den Mund, als Justin plötzlich sagte: »Skarla.«
    »Was?«
    »Skarla. Sie lebt ganz unten am Grund der Oubliette. Sie wei ß … na ja, angeblich weiß sie alles . Viele haben schon nach ihr gesucht. Wenn du sie findest, kannst du ihr eine Frage stellen.«
    »Bloß eine?«
    »Soviel ich gehört hab, ja.« Justin zuckte mit den Schultern. »Aber wenn sie alles weiß, dann weiß sie wahrscheinlich auch, wie man Tall Jake aufhalten kann.«
    Der Zug pfiff wieder und zwischen den Rädern begann Dampf auszuströmen.
    »Dann steht das Fahrziel ja fest.« Seth rannte auf den Zug zu. »Auf zur Oubliette!«
    Er stand schon in der Tür, als ihm auffiel, dass Justin am Bahnsteig zurückgeblieben war. Er winkte und versuchte ein fröhliches Gesicht zu machen, aber selbst aus der Entfernung sah Seth, dass sein Lächeln gezwungen war.
    »Was ist?«, rief Seth. »Brauchst du eine schriftliche Einladung?«
    Justin sah ihn überrascht an. »Du willst, dass ich mitkomme?«
    »Klar! Und wenn du nicht hierbleiben willst, solltest du jetzt einsteigen! Oder hast du was Besseres vor?«
    Der Zug pfiff ein drittes Mal und die Schiebetüren begannen sich langsam von oben nach unten zu schließen. Justin rannte los.
    »Beeilung!«, brüllte Seth, der nervös beobachtete, wie die Tür sich immer weiter senkte und den Blick auf den Bahnsteig versperrte.
    Justin rannte noch schneller und sprang gerade noch rechtzeitig unter der Tür hindurch in den Zug, bevor sie sich mit einem dumpfen Aufprall schloss.
    Seth bückte sich und half seinem Freund auf die Beine. Justin rang nach Luft und fuhr sich grinsend über den kurz geschorenen Kopf.
    »Das war echt verrückt«, sagte Seth.
    »Du findest, dass das verrückt war? Dann warte mal ab, bis ich dir erzählt hab, wie es da aussieht, wo wir jetzt hinfahren. Der Uhrenturm war vielleicht schlimm, aber die Oubliette ist noch viel schlimmer.«
    Seth wollte gerade etwas antworten, als er ein Kribbeln im Nacken spürte und sich umdrehte. Hinter ihm stand der Schaffner mit der glatten weißen Maske vor dem Gesicht.
    »Die Fahrscheine bitte.«

Hinab ins Dunkel

    1
    Der Zug kam mit kreischenden Bremsen zum Stehen und spie heißen Wasserdampf in die Luft. Die Türen entfalteten sich diesmal wie Flügel nach außen. Seth und Justin stiegen zögernd aus und sahen sich um.
    Der Bahnhof erinnerte an ein Kerkerverlies. Die Wände und der Boden waren aus groben Steinquadern gehauen, die so alt waren, dass sie an vielen Stellen bröckelten. Ihre raue Oberfläche war von glänzender Nässe überzogen. Die Luft war kühl und ziemlich feucht. In der Dunkelheit waren ein schweres Tonnengewölbe zu erkennen und ein gewaltiges Eingangsportal mit einer Doppeltür aus massivem Stein, das von zwei drohend blickenden Statuen bewacht wurde. Über dem Portal hing eine mit Flechten und Moosen bewachsene Uhr. Die Zeiger standen auf zwei Minuten nach vier.
    Auf den an Pfeilern befestigten Schildern prangte der Schriftzug Oubliette. Und obwohl sie von einer dicken Schimmelschicht überzogen waren, erkannte Seth, dass es die gleiche Schrift war wie auf den Schildern, die im Bahnhof des Uhrenturms hingen.
    Es war stockfinster. Wären die Scheinwerfer des Zuges nicht gewesen, die das dunkle Bahnhofsgewölbe schwach erleuchteten, hätte man die Hand vor Augen nicht gesehen. Doch dann fiel Seth noch eine andere Lichtquelle auf. Um einen der Pfeiler rankte sich eine fremdartige Schlingpflanze, deren Früchte schwach leuchteten.
    »Leuchtblasen.« Justin ging auf den überwucherten Pfeiler zu. Zwischen den Blättern der Pflanze wölbten sich große durchsichtige Früchte mit zart geäderter Oberfläche, die ein fahles weißes Licht ausstrahlten. Seth strich behutsam über eine davon. Sie war hart und glatt wie Glas.
    »Das ist die einzige Lichtquelle, die man in der Oubliette hat«, erklärte Justin und begann den Strauch stirnrunzelnd nach geeigneten Früchten abzusuchen. »Manche von denen leuchten mehrere Tage lang, andere halten nur ein paar Stunden. Blöderweise sieht man es ihnen nicht an. Das ist so ’ne Art Glücksspiel.« Er betrachtete Seth mit ernster Miene. »Glaub mir, du willst da unten nicht plötzlich ohne Licht dastehen.«
    Die Leuchtblasen hatten etwa die Größe eines Luftballons,

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