Malloreon 2 - König der Murgos
wird noch vor Mittag zum Sturm kommen.«
»Gut.«
»Gut?«
»Wir befinden uns nicht allein in diesen Gewässern«, erinnerte Belgarath ihn. »Ein ordentlicher Sturm wird die Malloreaner zwingen, was anderes zu tun, als nach uns Ausschau zu halten. Erteilt die Anweisungen, Käpten. Wir wenden und brausen los.«
»Wie konntest du so sicher sein, daß der Kapitän hier irgendwo ein Versteck kennt?« fragte Urgit seinen Bruder, nachdem der Seemann gegangen war.
Silk zuckte die Schultern. »Du erhebst doch Einfuhrzoll für Waren aus dem Ausland, nicht war?«
»Natürlich, ich brauche die Einnahmen.«
»Ein einfallsreicher Mann kann mitunter vergessen, am Ende einer Fahrt im Zollhafen anzulegen – oder er kann ein verborgenes Fleckchen finden, wo er seine Ware lagert, bis er Kunden dafür hat.«
»Das ist Schmuggelei!«
»Nun ja, ich glaube manche Leute nennen es wirklich so. Jedenfalls schätze ich, daß jeder Kapitän auf der Welt sich hin und wieder mal damit befaßt.«
»Murgosische nicht!« beharrte Urgit.
»Wie kommt es dann, daß dein Kapitän von einem perfekten Versteck keine fünf Seemeilen von unserer gegenwärtigen Position weiß – und wahrscheinlich hundert weitere kennt?«
»Du bist korrupt und verachtenswert, Kheldar!«
»Ich weiß. Aber Schmuggel ist ein sehr einträgliches Geschäft. Du solltest dir überlegen, ob du dich nicht auch damit beschäftigen willst.«
»Kheldar! Ich bin der König! Ich würde von mir selbst stehlen!«
»Vertrau mir«, sagte Silk. »Es ist ein bißchen kompliziert, aber ich kann dir zeigen, wie du es angehen mußt, damit du einen ordentlichen Gewinn erzielst.«
In diesem Augenblick schlingerte das Schiff heftig. Alle schauten durch die Heckfenster und beobachteten die vorbeirauschenden Wellen, als der Rudergänger das Steuerrad Scharf herumdrehte und das Schiff wendete. Weit achtern sähen sie sechs Schiffe mit roten Segeln, die aus dieser Entfernung winzig waren.
»Sind Grolims auf den Schiffen, Pol?« fragte Belgarath seine Tochter.
Sie schien flüchtig ins Nichts zu blicken, dann strich sie sich über die Stirn. »Nein, Vater«, antwortete sie, »nur ganz normale Malloreaner.«
»Gut. Dann dürfte es uns nicht allzu schwer fallen, uns vor ihnen zu verstecken.«
»Der Sturm, den der Kapitän vorhersagte, kommt jetzt hinter ihnen auf«, bemerkte Durnik.
»Werden sie durch ihn nicht noch schneller?« fragte Urgit nervös.
»Ich glaube nicht«, entgegnete der Schmied. »Wahrscheinlich drehen sie sich ihm zu. Das ist das Sicherste in einem Sturm.«
»Und müssen wir das nicht ebenfalls?«
»Sie sind sechs zu eins in der Überzahl, mein Bruder«, erklärte Silk. »Uns wird nichts anderes übrigbleiben, als Risiken einzugehen, fürchte ich.«
Die dunkle Wand des näherkommenden Sturms hüllte die roten Segel weit achtern ein und raste die Küste hoch. Die Wellen wurden höher. Das murgosische Schiff bäumte sich auf und tauchte in die Wellentäler, als der Sturm es erfaßte. Die Aufbauten knarrten und krächzten protestierend, und die Segel knallten unentwegt. Garion lauschte diesem Knallen mehrere Minuten, ehe ihm seine Bedeutung bewußt wurde. Ein ominöses Mahlen von Mittschiff machte es ihm klar. »Dieser Idiot!« fluchte er. Nach seinem Umhang greifend, sprang er auf.
»Was ist denn los?« rief Sadi erschrocken.
»Er fährt unter vollen Segeln! Wenn der Großmast nicht bricht, gehen wir unter!« Garion wirbelte herum, schoß aus der Kajüte, taumelte den schwankenden Gang entlang und die Stufen hoch zum Deck. »Käpten!« brüllte er, während er sich auf das sturmgepeitschte Deck plagte. Er hielt sich an einem der rasch gespannten Manntaue fest, als eine See über das Heck schwemmte. Sie spülte knietief das Deck herunter und riß ihn von den Füßen. »Käpten!« brüllte er erneut und zog sich Hand um Hand am Tau zum Achterdeck hoch.
»Mein Lord?« schrie der Kapitän fragend durch den Sturm.
»Refft das Segel! Euer Großmast kann sich jeden Moment losreißen!«
Der Kapitän blickte hoch und erschrak. »Unmöglich, mein Lord«, protestierte er, als Garion ihn erreichte. »Die Männer können das Segel in diesem Sturm nicht festmachen!«
Garion rieb sich den Regen aus den Augen und blickte über die Schulter hoch zu dem prallen Großsegel. »Dann müssen sie es abschneiden.«
»Abschneiden? Aber mein Lord, das ist ein nagelneues Segel!«
»Wir können entweder das Segel retten – oder das Schiff! Wenn der Wind Euren Großmast entwurzelt,
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