Malloreon 2 - König der Murgos
stürmischen Zwielicht mit besorgter Miene mittschiffs. Respektvoll tupfte er auf Urgits Ärmel.
»Ja, Käpten?«
»Ich fürchte, es gibt Schwierigkeiten, Eure Majestät.«
»Welcher Art?«
Der Kapitän deutete auf den südlichen Horizont. Sechs Schiffe segelten vor dem Wind in ihre Richtung.
Urgit erbleichte. »Malloreaner?« fragte er.
Der Kapitän nickte.
»Glaubt Ihr, sie haben uns gesehen?«
»Höchstwahrscheinlich, Eure Majestät.«
»Wir beraten uns besser mit Belgarath«, meinte Silk. »Damit hat wohl keiner von uns gerechnet.«
Die Besprechung in der Achterkajüte war angespannt. »Sie kommen viel schneller voran als wir, Großvater«, sagte Garion. »Wir segeln dwars, und sie haben Rückenwind. Ich denke, wir werden nordwärts abbiegen müssen – zumindest bis wir aus ihrer Sichtweite sind.«
Der alte Mann studierte die abgegriffene Karte, die der Kapitän mitgebracht hatte. Er schüttelte den Kopf. »Es gefällt mir nicht. Der Golf, in dem wir uns momentan befinden, führt in die Mündung des Gorandmeers, und dort möchte ich wahrhaftig nicht in der Falle sitzen.« Er wandte sich an Silk. »Du warst doch schon ein paarmal in Mallorea; wie gut sind ihre Schiffe?«
Silk zuckte die Schultern. »Etwa wie dieses. Ich möchte Euch nicht kränken, Kapitän, aber Angarakaner sind keine Seeleute – oder Schiffsbauer – wie die Chereker.« Er überlegte. »Es gibt vielleicht eine Möglichkeit, ihnen zu entgehen. Malloreaner sind zaghafte Seeleute, infolgedessen werden sie des Nachts nicht mit vollen Segeln fahren. Wenn wir nordwärts abbiegen und jede Unze Segeltuch nutzen, könnten wir ihnen weit voraus und nicht mehr als ein blinkendes Licht am Horizont sein, wenn es erst dunkel ist. Dann reffen wir die Segel, stellen die Takelung um und löschen alles Licht an Bord.«
»Aber das dürfen wir nicht!« protestierte der Kapitän. »Das ist gegen das Gesetz!«
»Ich befreie Euch davon, schriftlich, wenn Ihr wollt«, sagte Urgit trocken.
»Es ist zu gefährlich, Eure Majestät. Wenn wir ohne Licht fahren, könnten wir mit einem anderen Schiff zusammenstoßen und untergehen!«
»Käpten«, sagte Urgit geduldigen Tons, »sechs malloreanische Schiffe jagen uns. Was glaubt Ihr, tun sie mit uns, wenn sie uns erwischen?«
»Versenken, natürlich.«
»Was macht es dann für einen Unterschied? Wenn wir die Lichter löschen, haben wir zumindest eine Chance. Sprich weiter, Kheldar.«
Silk zuckte die Schultern. »Da gibt es nicht viel mehr. Sobald wir die Positionslichter ausgeblasen haben, hissen wir die Segel und fahren wieder ostwärts. Die Malloreaner werden uns nicht sehen können und geradewegs durch unser Kielwasser hindurchsegeln. Morgen in der Früh haben"sie keine Ahnung mehr, wo wir sind.«
»Es könnte funktionieren.« Belgarath nickte zustimmend.
»Es ist gefährlich!« rief der Kapitän mißbilligend.
»Manchmal ist sogar Atmen gefährlich, Käpten«, sagte Urgit. »Versuchen wir es, dann sehen wir schon, was passiert. Aber ich verstehe nicht, was malloreanische Schiffe so weit im Westen zu tun haben!«
»Möglicherweise sind es Plünderer, die geschickt wurden, um ihr Unwesen an der Küste zu treiben«, meinte Sadi.
»Vielleicht«, murmelte Urgit zweifelnd.
Sie fuhren geradeaus nordwärts vor dem wieder zunehmenden Wind, der von den Eiskappen des Südpols blies. Die Decklaternen schaukelten heftig und warfen wild tanzende Schatten auf die sturmgepeitschten Segel. Die sechs malloreanischen Schiffe, die vorsichtig unter halber Segelkraft fuhren, sahen nicht größer als Lichtpunkte weit entfernt am achterlichen Horizont aus. Gegen Mitternacht erteilte der Kapitän den Befehl, die Segel zu bergen. Dann befestigten seine Männer rasch das Tauwerk, und der Kapitän kam achtern, wo Garion neben dem Steuermann stand. »Alles ist bereit, mein Lord«, meldete er.
»Sehr gut. Dann wollen wir alle Lichter ausblasen und sehen, ob wir uns davonstehlen können.«
Das steife Gesicht des Murgos verzog sich zu einem unsicheren Grinsen. »Wenn wir das hinter uns haben – wenn wir es schaffen – , werde ich wohl einen ganzen Monat lang mein Bett nicht verlassen.« Er hob die Stimme. »Alle Decklichter löschen!« brüllte er.
Die folgende Dunkelheit war so intensiv, daß man glaubte, sie greifen zu können.
»Segel hissen!« schrie der Kapitän.
Garion hörte das Quietschen der Winden und das Flattern des Segeltuchs, dann ein schweres Knallen, als die Segel den Wind fingen. Krängend schwang das
Weitere Kostenlose Bücher