Malloreon 2 - König der Murgos
schön gehalten und meinen Kuß ersehnt. Möchtet Ihr mich jetzt küssen?«
Garion verspürte den seltsamen Drang zu gehorchen und stellte fest, daß er den Blick nicht von den Augen der Schlangenkönigin zu nehmen vermochte. Ohne daß er es sich bewußt war, tat er einen zögernden Schritt auf das Thronpodest zu.
»Der Begnadete nähert sich dem Thron«, singsangten die Eunuchen.
»Garion!« rief Polgara scharf.
»Ich tue ihm nichts, Polgara. Es lag nie in meiner Absicht, ihm wehzutun.«
»Ich möchte Euch ein paar Fragen stellen, Salmissra«, sagte Polgara kalt. »Sobald Ihr sie beantwortet habt, überlassen wir Euch wieder Eurer Unterhaltung.«
»Was für Fragen, Polgara? Was könnte ich schon wissen, das Ihr mit Eurer Zauberkraft nicht herausgefunden habt?«
»Ihr habt vor einiger Zeit den Malloreaner Naradas kennengelernt«, sagte Polgara. »Ein Mann mit farblosen Augen.«
»Ist das sein Name? Sariss hat ihn nie erwähnt.«
»Ihr habt eine Abmachung mit ihm getroffen.«
»Wirklich?«
»Auf seine Bitte sandtet Ihr Diplomaten nach Sendarien. Unter ihnen befand sich ein Ausländer namens Zandramas. Eure Diplomaten erhielten die Anweisung, ihm jegliche nur mögliche Unterstützung zu gewähren, damit er nach Halberg an der Westküste von Cherek gelangt. Ebenso habt Ihr ein Schiff zur Insel der Stürme geschickt, um Zandramas nach Nyissa zurückzubringen.«
»Ich habe keine derartigen Befehle erteilt, Polgara. Mich interessiert nicht, was Zandramas tut.«
»Den Namen kennt Ihr?«
»Natürlich. Ich sagte Euch schon einmal, daß die Priester von Angarak und die Zauberer von Alorien nicht die einzigen sind, die eine verborgene Wahrheit aufzuspüren imstande sind. Ich weiß von eurer verzweifelten Suche, nachdem Belgarions Sohn aus der Zitadelle von Riva entführte wurde.«
»Aber Ihr behauptet, Ihr seid nicht in diese Sache verwickelt?«
»Der Mann, den Ihr Naradas nennt, kam mit Geschenken zu mir«, wisperte Salmissra. »Doch er bat um nichts weiter, als in Nyissa Handel treiben zu dürfen.«
»Wie erklärt Ihr dann dies?« Tante Pol holte das Pergament hervor, das Sadi ihr gegeben hatte.
Salmissra deutete mit der Zunge auf einen der knienden Eunuchen. »Bring es mir«, befahl sie.
Der Eunuch sprang auf, und ließ sich von Polgara das Pergament geben. Dann kniete er sich an den Rand des Thronpodests und reichte seiner Königin das Schriftstück.
»Das ist nicht der Befehl, den ich gab«, erklärte Salmisssra nach einem flüchtigen Blick. »Ich schickte lediglich die Diplomaten nach Sendarien, nichts weiter. Eure Abschrift ist nicht korrekt, Polgara.«
»Gibt es das Original noch?« fragte Garion.
»Sariss müßte es haben.«
Garion wandte sich an den feisten Eunuchen, der auf dem Boden lag. »Wo ist es?« fragte er ihn scharf.
Sariss starrte ihn an, dann wanderte sein Blick furchterfüllt zum Thron.
Garion überlegte mehrere Möglichkeiten und entschied sich für die einfachste. »Bringt ihn zum Sprechen, Issus.«
Der Einäugige trat vor, stellte sich mit gespreizten Beinen über den zitternden Eunuchen und faßte sein Kinn fest von hinten. Dann riß er es scharf hoch, bis Sariss sich nach hinten krümmte. Der Sägezahndolch scharrte gegen seine Hülle, als Issus ihn herauszog.
»Wartet!« flehte Sariss. »Es – es ist in der untersten Schublade der Kommode in meinem Gemach.«
»Eure Methoden sind sehr direkt, Meuchler«, bemerkte die Königin.
»Ich bin ein einfacher Mann, Eure Majestät«, erwiderte Issus. »Ich verstehe nichts von Feinheiten und komplizierten Dingen. Und ich weiß, daß Direktheit viel Zeit sparen kann.« Er ließ den verstörten Sariss los und steckte den ulgonischen Dolch zurück in seine Scheide. »Wollt Ihr, daß ich das Dokument hole?« fragte er Garion.
»Ja, ich glaube, wir werden es brauchen.«
»Gut.« Issus drehte sich um und verließ den Thronsaal.
»Ein interessanter Mann«, stellte Salmissra fest. Sie beugte den Kopf und liebkoste ihren zusammengeringelten Leib. »Mein Leben hat sich sehr verändert, seit Ihr das letzte Mal hier wart, Polgara«, wisperte sie. »Ich werde nicht mehr von Verlangen getrieben, sondern verbringe meine Tage nun in unruhigem Schlummer. Ich lulle mich selbst in den Schlaf durch das süße Rascheln meiner Schuppen, die einander liebkosen. Und wenn ich schlafe, träume ich. Ich träume von moosigen Höhlen in tiefen, kühlen Wäldern, und ich träume von der Zeit, als ich noch eine Frau war. Doch manchmal bin ich in meinen
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