Malloreon 3 - Dämon von Karanda
Karaffe gegen einen Kelchrand. Im mondhellen Atrium trat etwas aus den Schatten der hohen, breitblättrigen Bäume. Es war Silk. Er trug nur Hemd und Kniehose und hatte ein Badetuch um die Schultern geschlungen. Pfeifend beugte er sich über den Beckenrand und tauchte die Finger ins Wasser. Dann richtete er sich auf und knöpfte sein Hemd auf. Ce'Nedra zog sich lächelnd hinter den Vorhang zurück und sah zu, wie der kleine Mann sich auszog. Dann stieg er ins Becken und zersplitterte den Mond zu tausend winzigen Scherben. Ce'Nedra fuhr fort, ihn zu beobachten, während er lässig im mondbefleckten Wasser hin und her schwamm.
Da rührte sich noch einmal etwas unter den Bäumen, und nun trat Liselle in den Mondschein. Sie trug einen losen Morgenrock und hatte sich eine Blume ins Haar gesteckt. Die Blume war zweifellos rot, doch das Mondlicht entzog ihr die Farbe, so daß sie im hellen Haar des Mädchens schwarz wirkte. »Wie ist das Wasser?« erkundigte sich Liselle ruhig. Ce'Nedra hörte ihre Stimme so deutlich, als befände sie sich im selben Gemach mit ihr.
Silk öffnete erschrocken die Lippen, doch dabei drang ihm Wasser in Mund und Nase, und er mußte husten. »Recht angenehm«, antwortete er, als er sich wieder gefaßt hatte.
»Gut«, sagte Liselle. Sie trat an den Beckenrand. »Kheldar, ich glaube, es ist an der Zeit, daß wir etwas klären.« »Oh? Was denn?« »Das.« Ruhig löste sie den Gürtel und ließ den Morgenrock auf den Boden gleiten. Sie hatte nur den Morgenrock angehabt.
»Dir scheint die Vorstellung offenbar schwerzufallen, daß die Dinge sich im Lauf der Zeit ändern«, fuhr sie fort und streckte einen Fuß ins Wasser. Sie deutete auf sich. »Das zum Beispiel.«
»Das ist mir nicht entgangen«, bestätigte er bewundernd.
»Da bin ich aber froh. Ich befürchtete schon, daß mit deinen Augen etwas nicht stimmt.« Sie stieg ins Becken und stand bis über die Hüften im Wasser. »Nun?« »Nun was?«
»Was beabsichtigst du zu tun?« Sie langte hoch, nahm die Blume aus dem Haar und legte sie behutsam auf die Wasseroberfläche.
Ce'Nedra rannte auf nackten Sohlen leise zur Tür. »Garion!« flüsterte sie drängend. »Komm her!« »Warum?« »Sei ganz leise und komm her!«
Er brummelte und trat in das dunkle Gemach. »Was ist denn los?«
Mit unterdrücktem Kichern deutete sie aufs Fenster. »Schau mal!« forderte sie ihn eifrig auf.
Garion kam ans Fenster und schaute hinaus. Nach einem kurzen Blick wandte er die Augen ab. »Oh!« hauchte er.
Wieder kicherte Ce'Nedra. Sie kuschelte sich unter seinen Arm. »Ist das nicht reizend?«
»Ja, sicher«, flüsterte er zurück. »Aber wir sollten da nicht zusehen!« »Warum nicht?«
Die Blume, die Liselle auf das Wasser gelegt hatte, trieb auf Silk zu. Benommen griff er danach und hielt sie kurz an die Nase. »Deine, wenn ich mich nicht irre«, sagte er und streckte sie dem hellhäutigen Mädchen entgegen.
»Ja, meine«, antwortete sie. »Aber du hast meine Frage nicht beantwortet.« »Welche Frage?« »Was du zu tun beabsichtigst?« »Ich glaube, da fällt mir schon was ein.« »Gut, ich helfe dir dabei.« Garion zog die Vorhänge zu. »Spielverderber!« schmollte Ce'Nedra. »Komm jetzt vom Fenster weg.« Er zog sie aus dem Gemach. »Ich begreife nicht, was sie vorhat.« »Ich dachte, das wäre ziemlich offensichtlich.« »Ce'Nedra!«
»Sie verführt ihn, Garion. Sie liebt ihn schon, seit sie ein kleines Mädchen war, und endlich unternimmt sie etwas. Ich freue mich so sehr für sie, daß ich vor Glück fast aus der Haut schlüpfen könnte.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich werde Frauen nie verstehen! Immer wenn ich mir einbilde, ich wüßte genau Bescheid, tut ihr Frauen euch zusammen und ändert die Regeln. Du würdest nicht glauben, was Tante Pol erst heute morgen zu mir sagte.« »Oh? Was hat sie denn gesagt?«
»Sie hat gesagt, ich sollte…« Er unterbrach sich abrupt mit rotem Kopf. »Ah, nicht so wichtig.« »Na, sag schon!«
»Ich erzähle es dir ein andermal.« Er blickte sie eigenartig an. Es war ein Blick, den sie zu erkennen glaubte. »Hast du dein abendliches Bad schon genommen?« erkundigte er sich übertrieben beiläufig. »Noch nicht, warum?«
»Ich dachte, ich leiste dir dabei Gesellschaft – wenn es dich nicht stört.«
Ce'Nedra senkte kokett die Wimpern. »Wenn du wirklich möchtest.«
»Ich werde da drin ein paar Kerzen anzünden. Die Lampe ist ein bißchen zu hell, findest du nicht auch?« »Ganz wie du willst,
Weitere Kostenlose Bücher