Malloreon 3 - Dämon von Karanda
»und du denkst in einer Notlage auch sehr schnell.«
Vella zuckte die Schultern. »Ich habe festgestellt, daß eine Ohrfeige das beste Mittel gegen Hysterie ist.«
Polgara nickte. »Ja, das hilft gewöhnlich«, pflichtete sie ihr bei.
Sie folgten der Straße, bis Feldegast sie erneut in eine übelriechende Gasse führte. Er hantierte an dem Schloß eines Lagerhaustors herum und schwang schließlich einen Flügel auf. »Hier hinein!« forderte er seine Begleiter auf. Eine lange Rampe führte in einen höhlenartigen Keller, wo Yarblek und der kleine Gaukler einen Stapel Kisten zur Seite rückten und so den Eingang zu einem weiteren Gang freilegten.
Sie führten ihre Pferde durch die dunkle Öffnung, während Feldegast davor stehenblieb, um sie wieder zu verbergen. Als er überzeugt war, daß sie nicht mehr gesehen werden konnte, wand er sich durch die lose aufgestapelten Kisten zu den anderen hindurch. »Hier sind wir also!« sagte er und rieb sich selbstzufrieden die Hände. »Niemand kann wissen, daß wir diesen Weg genommen haben. Wir wollen zusehen, daß wir weiterkommen.«
Garion war bedrückt, während er Feldegasts Laterne durch den Geheimgang folgte. Er hatte sich von einem Mann davongestohlen, zu dem sich eine behutsame Freundschaft entwickelt hatte, und ihn in einer von der Pest heimgesuchten und brennenden Stadt zurückgelassen. Wahrscheinlich hätte er ohnehin nichts tun können, Zakath zu helfen, aber es bekümmerte ihn, daß er sich so heimlich davongeschlichen hatte. Obwohl er natürlich wußte, daß ihm keine andere Wahl geblieben wäre, dazu waren Cyradis' Anweisungen zu strikt gewesen. Notgedrungen wandte er Mal Zeth den Rücken und blickte entschlossen dem Weg nach Ashaba entgegen.
Dritter Teil
ASHABA
13
D ie Straße von Mal Zeth nordwärts führte durch eine liebliche, fruchtbare Ebene, wo frisch sprießendes Getreide die feuchte Scholle wie niedriger, hellgrüner Dunst bedeckte. In vieler Hinsicht erinnerte die Gegend an die üppigen Ebenen von Arendien und an die gepflegten Felder von Sendarien. Natürlich gab es Dörfer mit weißgetünchten, strohgedeckten Häusern und Hunden, die sie beim Vorüberziehen bellend beobachteten. Der Frühlingshimmel war von leuchtendem Blau, auf dem Wölkchen wie weiße Schafe zu weiden schienen.
Die Straße war ein staubiges, braunes Band, das gerade verlief, wo die grünen Äcker zu beiden Seiten flach waren, und kurvig, wo sanfte Hügel sich erhoben.
Im strahlenden Sonnenschein ritten sie durch den Morgen, und die Glöckchen an Yarbleks Maultieren begleiteten klingelnd den Lobgesang der Vögel, die die Sonne begrüßten. Hinter ihnen erhob sich eine riesige Säule dichten schwarzen Rauches wie ein Wegweiser zu dem breiten Tal, in dem Mal Zeth in Flammen stand.
Garion brachte es nicht übers Herz, zurückzublicken, als sie wegritten.
Garion und seine Freunde waren nicht die einzigen auf dieser Straße, die aus der pestverseuchten Stadt flohen. Einzeln und in sehr kleinen Gruppen zogen müde Flüchtlinge nordwärts, so voll Angst, in Berührung mit anderen zu kommen, daß sie die Straße verließen und einen weiten Bogen durch die Felder machten, wann immer sie andere Flüchtlinge vor sich sahen. Erst in sicherer Entfernung kehrten sie auf das staubige Band der Straße zurück. So marschierten oder ritten einzelne oder kleine Gruppen vorsichtig und mit soviel Abstand zwischen sich und anderen, wie nur möglich.
Sämtliche von der Straße abzweigenden Wege waren mit Barrikaden aus frisch geschnittenen Sträuchern versperrt, und grimmige Bauern bewachten sie mit Prügeln und plumpen, schweren Armbrüsten und warnten alle Vorüberkommenden, sich ja fernzuhalten.
»Bauern!« sagte Yarblek abfällig, als ihre Karawane an einer solchen Barrikade vorbeikam. »Sie sind auf der ganzen Welt gleich. Sie freuen sich, einen zu sehen, wenn man was hat, was sie wollen, doch ansonsten tun sie ihr Bestes, einen davonzujagen. Glaubt ihr, sie bilden sich wahrhaftig ein, daß irgend jemand wirklich in ihre stinkigen kleinen Dörfer kommen möchte?« Gereizt zog er sich die Pelzkappe tiefer über die Ohren. »Es ist Angst«, erklärte ihm Polgara. »Sie wissen, daß ihre Dörfer nicht luxuriös sind, aber sie sind alles, was sie haben, und sie wollen sie nur schützen.«
»Nützen diese Barrikaden und Drohungen denn wirklich?« fragte er. »Ich meine, können sie die Pest fernhalten?«
»Manche«, antwortete sie, »wenn sie sie früh genug errichtet haben.«
Yarblek
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