Malloreon 4 - Zauberin von Darshiva
Meisterwerk«, versicherte ihm Beldin und schlug dem kleinen Mann so fest auf die Schulter, daß er fast vom Tisch gekippt wäre. »Gestattet«, sagte er und griff nach Senjis Becher, »daß ich ihn für Euch nachfülle.« Er kräuselte die Stirn, ein Rauschen war zu vernehmen, und der Becher war wieder voll. Senji nahm einen Schluck und fing heftig zu keuchen an.
»Das ist ein Getränk, das eine gute Bekannte, eine Nadrakerin braut«, erklärte ihm Beldin. »Starkes Zeug, nicht wahr?« »Sehr«, bestätigte Senji heiser. »Lest weiter, Freund.«
Senji räusperte sich – mehrmals – und fuhr fort. »›Was die Beamten und Gelehrten als Ergebnis ihres Experiments letztendlich herausfanden, war, daß es außerordentlich gefährlich ist, das Leben eines Zauberers zu bedrohen – selbst eines so unfähigen wie Senji. Der Fensterstürzer fand sich plötzlich an eine Stelle transloziert, die fünf Meilen entfernt und eine Meile über dem Hafen lag. Einen Augenblick war er noch dabei gewesen, Senji mit Gewalt zum Fenster zu beför dern, im nächsten stand er in leerer Luft, hoch über einer Fischereiflotte. Sein Dahinscheiden war kein Anlaß zu besonderer Trauer – außer unter den Fischern, deren Netze durch seinen jähen Sturz stark beschädigt wurden. ‹«
»Das war ein meisterlicher Absatz!« lobte Beldin. »Aber woher kanntet Ihr die Bedeutung des Wortes ›Translokation‹?«
»Ich las eine alte Schrift über die Heldentaten des Zauberers Belgarath, und ich…« Abrupt hielt Senji inne, wurde kreidebleich, drehte sich um und starrte Garions Großvater offenen Mundes an.
»Es ist eine schreckliche Enttäuschung, nicht wahr?« sagte Beldin. »Wir rieten ihm schon immer, daß er versuchen sollte, etwas imposanter auszusehen.«
»Das mußt ausgerechnet du sagen!« brummte der alte Mann.
»Du bist der mit dem welterschütternden Ruf.« Beldin zuckte die Schultern. »Ich bin bloß ein Handlanger und begleite dich nur als Hanswurst.« »Du genießt das richtig, nicht wahr, Beldin?«
»Soviel Spaß hatte ich seit Jahren nicht mehr. Warte, bis ich es Pol erzähle.« »Du hältst den Mund, verstanden?« »Jawohl, o mächtiger Belgarath!« spottete Beldin. Belgarath wandte sich an Garion. »Jetzt verstehst du vielleicht, warum Silk mich so reizt.« »Ja, Großvater. Ich glaube schon.«
Senji blickte den alten Mann immer noch fassungslos an.
»Nehmt noch einen Schluck, Senji«, riet ihm Beldin. »Ein bißchen beduselt fällt es einem gar nicht mehr so schwer, sich mit den Dingen abzufinden.«
Senji fing zu zittern an. Dann leerte er den Becher in einem Zug, ohne zu husten.
»Also, das ist ein guter Junge«, lobte ihn Beldin. »Bitte lest weiter. Eure Geschichte ist faszinierend.«
Stockend fuhr der kleine Alchimist fort. »›In einem Ausbruch berechtigten Zornes ging Senji daran, die verantwortlichen Minister und Leiter der Ämter und Fakultäten zu bestrafen, die gemeinsam beschlossen hatten, ihm Gewalt an tun zu lassen. Erst das persönliche Ansuchen des Kaisers veranlaßte den alten Mann, von einigen sehr ungewöhnlichen Bestrafungen Abstand zu nehmen. Von da an waren die Amts- und Fakultätsleiter nur zu gern bereit, Senji ungestört zu lassen. Senji gründete eine eigene, private Akademie und suchte Studenten. Zwar wurden seine Schüler nie so mächtige Zauberer wie Belgarath, Polgara, Ctuchik oder Zedar, aber einige waren durchaus zu einer rudimentären Anwendung der Lehren imstande, auf die ihr Meister durch Zufall gestoßen war. Das erhob sie sogleich weit über die Magier und Hexen, die ihre Künste innerhalb der Univer sität praktizierten. ‹« Senji blickte hoch. »Da ist noch mehr«, sagte er, »aber das meiste betrifft meine alchimistischen Experimente.«
»Ich glaube, das ist der springende Punkt«, sagte Belgarath. »Gehen wir ein Stück zurück. Was habt Ihr genau in dem Augenblick empfunden, als Ihr das viele Messing in Gold verwandelt habt?«
»Ärger.« Senji zuckte die Schultern und klappte sein Buch zu. »Vielleicht sogar Wut. Ich hatte meine Berechnungen so sorgfältig ausgearbeitet, aber der Bleibarren, an dem ich arbeitete, lag nur einfach da und nichts geschah. Dann saugte ich alles um mich herum irgendwie in mich hinein, und ich spürte, wie eine gewaltige Kraft in mir anschwoll. Ich brüllte: ›Werd zu Gold!‹ Das war natürlich an den Bleibarren gerichtet, aber durch mein Labor führten mehrere Messingrohre, und meine Konzentration war wohl nicht ganz eindeutig.«
»Ihr habt
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