Malloreon 5 - Seherin von Kell
Belgarion von Riva«, rügte sie ihn sanft. »Ihr glaubt, mir mit List Antworten entlocken zu können, über die ich nicht reden darf. Tut, was Ihr möchtet, König von Riva. Ein bißchen Stahl da und dort in Eurer Kleidung wäre jedoch nicht falsch in einer Situation, die voll Überraschungen sein mag.« »Ich richte mich gern nach Euch.« Garion grinste. »Euer wohlüberlegter Rat ist für mich der Weg der Weisheit.«
»Ist das ein schwacher Versuch, humorvoll zu sein, Belgarion?«
»Traut Ihr mir das zu, heilige Seherin?« Er grinste sie an und schloß sich Belgarath und Poledra an, die Hand in Hand hinter Zakath und Sadi dahinschritten. »Großvater«, sagte er, »ich glaube, es ist mir gerade gelungen, Cyradis eine Antwort zu entlocken.« »Das ist mal was Neues«, entgegnete der alte Mann.
»Ich glaube, es wird zu irgendwelchen Kämpfen auf dem Riff kommen. Ich fragte sie, ob Zakath und ich dort Rüstung tragen sollen. Sie antwortete nicht direkt, aber sie sagte, es wäre keine schlechte Idee – nur für den Fall des Falles.« »Du solltest auch die andren darauf hinweisen.« »Mach ich.«
Der König erwartete sie mit dem Großteil seines farbenprächtig gewandeten Hofstaats auf einer Pier, die weit in das aufgewühlte Wasser des Hafens hinausragte. Trotz des milden Wetters trug der König ein Hermelincape und eine schwere goldene Krone. »Mit Freude begrüßen Wir Euch und Eure edlen Gefährten, Belgarion von Riva«, sagte er, »und voll Betrübnis denken Wir an Euren Abschied. Viele hier haben Uns angefleht, ihnen zu gestatten, eine kurze Rede zu halten, aber da Uns die Dringlichkeit Eurer Aufgabe voll bewußt ist, haben Wir Uns nicht erweichen lassen und ihnen diesen Wunsch abgeschlagen.«
»Ihr seid ein wahrer und treuer Freund, Majestät«, versicherte ihm Garion mit ehrlicher Dankbarkeit, daß ihm ein Vormittag mit geschwollenen Reden erspart blieb. Er drückte des Königs Hände herzlich. »Wisset, daß wir, falls die Götter uns morgen den Sieg gewähren, sogleich zu dieser schönen Insel zurückkehren werden, damit wir Euch und den edlen Herren Eures Hofes unsere Dankbarkeit gebührend auszudrücken vermögen.« Außerdem mußten sie ohnehin ihrer Pferde wegen zurück. »Und jetzt, Eure Majestät, erwartet uns unser Schicksal. Mit einem nur knappen Lebewohl und entschlossenen Herzens müssen wir aufbrechen, um uns dieser Bestimmung zu stellen. Wenn es der Götter Wille ist, sehen wir uns bald wieder. Lebt wohl, mein Freund.«
»Lebt wohl, Belgarion von Riva«, entgegnete der König den Tränen nahe. »Mögen die Götter Euch und Euren Freunden den Sieg gewähren.«
»Betet dafür.« Mit einem melodramatischen Wirbeln seines Umhangs drehte Garion sich um und führte seine Freunde die Laufplanke hoch. Als er einen Blick über die Schulter warf, sah er, daß sich Durnik den Weg durch die Menge bahnte. Er seufzte erleichtert. Sobald der Schmied an Bord war, konnte er den Befehl zum Ablegen geben und so vermeiden, daß weitere Lebewohls über die Reling gebrüllt werden mußten.
Durnik dichtauf folgten mehrere Karren mit ihrem Gepäck, das rasch auf das Schiff gebracht wurde. Garion begab sich zum Achterdeck, um mit dem Kapitän zu reden, einem alten Seemann mit wettergegerbtem Gesicht.
Im Gegensatz zu westlichen Schiffen, deren Deckplanken gewöhnlich fast weiß gescheuert waren, hatte man hier das Holz des Achterdecks und der Reling mit einem dunklen Lack versiegelt, und schneeweiße Taue hingen ordentlich aufgeschossen von auf Hochglanz polierten Haken. Das Ganze erweckte den Eindruck peinlichster Sauberkeit, ein Beweis, daß der Kapitän stolz auf sein Schiff war. Er selbst trug ein etwas verschossenes blaues Wams, schließlich befand er sich ja noch im Hafen. Eine blaue Samtkappe saß verwegen über dem linken Ohr.
»Das dürfte alles sein, Kapitän«, sagte Garion. »Sehen wir zu, daß wir den Hafen hinter uns haben, ehe die Ebbe einsetzt.«
»Ihr versteht offenbar etwas von der Seefahrt, junger Herr«, stellte der Kapitän erfreut fest. »Hoffentlich Eure Freunde ebenfalls. Es ist nicht immer ein Vergnügen, Landratten an Bord zu haben. Meistens begreifen sie nicht, daß es keine gute Idee ist, sich in den Wind zu übergeben.« Er hob die Stimme zum ohrenbetäubenden Brüllen. »Leinen loswerfen! Klar zum Segel setzen!«
»Eure Sprache ist offenbar nicht die der Insel, Kapitän«, bemerkte Garion.
»Würde mich wundern, wenn sie es wäre, junger Herr. Ich bin von den Melcenischen
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