Malloreon 5 - Seherin von Kell
Begegnung erwählt hast? Wollen wir einander vernichten, jetzt, da wir dem endgültigen Augenblick so nahe gekommen sind? Wenn du Cyradis' Wahl abwartest, hast du eine faire Chance, zu bekommen, wonach du so verzweifelt gestrebt hast. Willst du dich aber gegen mich stellen, wirfst du alles in den Rachen des Zufalls.
Willst du wahrhaftig deine halbe Chance des Erfolges für eine absolute Unsicherheit aufgeben?«
»Ich bin stärker als du, Poledra!« entgegnete Zandramas herausfordernd. »Ich bin das Kind der Finsternis!«
»Und ich war das Kind des Lichtes. Wieviel bist du bereit, gegen die Möglichkeit zu setzen, daß ich immer noch die Kraft und Macht beschwören kann? Willst du alles aufs Spiel setzen, Zandramas? Alles?«
Die Pupillen der Zauberin verengten sich, und ganz deutlich spürte Garion, wie sie ihren Willen ballte. Dann, mit einer ungeheuren Kraft und einem gewaltigen Knall, schleuderte sie ihn. Plötzlich umgab eine Aura der Finsternis sie. Sie packte Garions Sohn und hob ihn hoch. »So werde ich gewinnen, Poledra!« zischte sie. Sie schloß die Finger um das Handgelenk des Jungen, der sich heftig wehrte, und streckte seine vom Auge Aldurs gezeichnete Hand vor sich. »In dem Moment, da die Hand des Sohnes Belgarions den Sardion berührt, ist der Sieg mein.« Unaufhaltsam setzte sie Fuß vor Fuß.
Garion hob sein Schwert und richtete die Klingenspitze auf sie. »Halt sie auf!« befahl er dem Auge. Ein Blitz grellen blauen Lichtes schoß aus der Spitze, aber er teilte sich, als er die schwarze Aura erreichte, und hüllte sie ein, ohne jedoch Zandramas aufzuhalten. Tu etwas! brüllte Garion stumm.
Ich kann nicht eingreifen! entgegnete die Stimme in seinem Kopf.
»Ist das wirklich alles, was du kannst, Zandramas?« fragte Poledra ruhig. Garion kannte diesen Ton von Tante Pol, doch mit solch unerbittlicher Entschlossenheit hatte er ihn noch nie gehört. Fast gleichmütig hob Poledra die Hand und sandte ihren Willen aus. Die Woge und der Knall rissen Garion fast von den Füßen. Die Aura der Dunkelheit um Zandramas und Geran verschwand. Doch die Zauberin von Darshiva hielt nicht in ihrem Schritt inne. »Wollt Ihr Euren Sohn töten, Belgarion von Riva?« höhnte sie. »Ihr könnt mich nicht treffen, ohne ihn zu töten.«
Ich kann es nicht! schrie Garion, plötzlich mit Tränen in den Augen. Ich kann nicht! Du mußt! Du wurdest gewarnt, daß es dazu kommen könnte. Wenn es ihr gelingt, die Hand deines Sohnes auf den Sardion zu legen, wird sein Schicksal schlimmer als der Tod sein. Tu, was getan werden muß, Garion! Während ihm die Tränen unaufhaltsam über das Gesicht strömten, hob Garion das Schwert. Geran blickte ihm furchtlos in die Augen.
»Nein!« Das war Ce'Nedra. Sie raste durch die Grotte und warf sich vor Zandramas. Ihr Gesicht war leichenblaß. »Wenn du beabsichtigst, mein Baby zu töten, mußt du auch mich töten, Garion!« Sie drehte Garion den Rücken zu und senkte den Kopf. »Um so besser!« triumphierte Zandramas. »So wollt Ihr denn nicht nur Euren Sohn, sondern auch Euer Weib töten, Belgarion von Riva? Werdet Ihr damit leben können?«
Garions Gesicht verzerrte sich leidgequält, als er den Griff seines Flammenschwertes fester umklammerte. Mit einem einzigen Streich würde er sein Leben vernichten.
Zandramas, die Geran immer noch festhielt, starrte ihn ungläubig an. »Das werdet Ihr nicht!« schrie sie. »Das könnt Ihr nicht!« Garion biß die Zähne zusammen und hob das Schwert.
Zandramas' Ungläubigkeit verwandelte sich plötzlich in Angst. Sie stockte, dann wich sie zurück.
»Jetzt, Ce'Nedra!« Polgaras Stimme knallte wie eine Peitsche.
Die rivanische Königin schnellte vorwärts, riß Geran aus den Armen der Zauberin und floh mit ihm zu Polgara.
Zandramas heulte auf und wollte mit haßverzerrtem Gesicht folgen.
»Nein, Zandramas«, warnte Poledra. »Wenn du dich umdrehst, werde ich dich töten – oder Belgarion tut es. Du hast unbeabsichtigt deine Entscheidung kundgetan. Deine Wahl ist getroffen. Du bist nicht mehr das Kind der Finsternis, nur eine gewöhnliche Grolimpriesterin. Deine Anwesenheit ist hier nicht mehr erforderlich. Es steht dir frei zu gehen – oder zu sterben.« Zandramas erstarrte.
»So haben sich all deine Machenschaften und deine Heimtücke als vergeblich erwiesen, Zandramas. Du hast keine Wahl mehr. Beugst du dich jetzt der Entscheidung der Seherin von Kell?«
Zandramas starrte sie an, und der Ausdruck ihres Sternenhimmelgesichts verriet Furcht
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