Malloreon 5 - Seherin von Kell
herumschwang. Da hieb Garion wieder zu. Verwirrt durch diese tödliche Taktik und rasend vor Wut und Schmerz, schwang der Drache den Schädel hin und her, und sein brennender Atem traf häufiger Büsche und Gras als seine Peiniger. Als die Schmerzen unerträglich wurden, flatterte er verzweifelt mit den segelgleichen Flügeln und versuchte schwerfällig, sich vom Boden zu erheben.
»Laß ihn nicht hoch!« brüllte Garion und hieb verzweifelt auf die Kreatur ein. »Versuch die Schwingen zu treffen! Laß ihn nicht entkommen!«
Sie schlugen nun auf die Flügel ein und versuchten den Drachen so zu verkrüppeln, daß er die Schwingen nicht mehr benutzen konnte. Aber der Schuppenpanzer hielt stand. Schwerfällig hob das Ungeheuer sich in die Luft und flog kreischend und Feuer speiend ostwärts davon.
Belgarath hatte seine eigene Gestalt wieder angenommen und eilte mit vor Wut gerötetem Gesicht auf sie zu. »Seid ihr beide wahnsinnig?« brüllte er sie an. »Ich habe euch doch ermahnt, vorsichtig zu sein!«
»Die Dinge sind uns ein wenig entglitten, Belgarath«, keuchte Zakath. »Wir hatten gar keine Wahl.« Erblickte den rivanischen König an. »Du hast mir wieder das Leben gerettet, Garion«, sagte er. »Das soll wohl zur Gewohnheit werden.«
»Ich hielt es für angebracht«, erwiderte Garion und ließ sich erschöpft im Gras nieder. »Wir werden den Drachen jedoch noch jagen und erledigen müssen, sonst kommt er zurück.«
»Das glaube ich nicht«, warf die Wölfin ein. »Ich habe große Erfahrung mit verwundeten Tieren. Ihr habt eure Stöcke in seinen Körper gestoßen, ihm ein Auge ausgestochen, das Gesicht und die Vorderpranke mit Feuer aufgeschnitten. Er wird in seine Höhle zurückkehren und dort bleiben, bis er wieder gesund wird – oder stirbt.« Garion übersetzte es rasch für Zakath.
»Aber das ergibt ein Problem«, gab der Kaiser von Mallorea zu bedenken. »Wie können wir den König überzeugen, daß wir den Drachen für immer verjagt haben? Wenn wir ihn hätten töten können, wären wir frei von weiteren Verpflichtungen; aber der König könnte darauf beharren, daß wir hierbleiben, bis er sicher sein kann, daß der Drache nicht mehr zurückkommt.«
Belgarath runzelte die Stirn. »Ich glaube, Cyradis hatte recht. Der Drache hat sich nicht wirklich wie ein Drache benommen. Jedesmal, wenn ihn Garion mit dem Flammenschwert traf, zuckte er zurück.« »Hättet Ihr das an seiner Stelle nicht getan?« fragte Zakath.
»Das ist etwas anderes. Der Drache hätte das Feuer gar nicht gespürt. Er ist von etwas anderem gelenkt worden – von etwas, dem das Auge etwas anzuhaben vermag. Ich werde mich mit Beldin darüber unterhalten, wenn er zurück ist. Sobald ihr zwei wieder zu Atem gekommen seid, suchen wir unsere Pferde. Ich will sobald wie möglich nach Dal Perivor zurück und mir diese Karte ansehen.«
15
D er Morgen graute schon fast, als sie in die Königsburg zurückkehrten. Zu ihrer Überraschung stellten sie fest, daß beinahe noch alle wach waren. Im Thronsaal wurde hörbar der Atem angehalten, als Garion und Zakath eintraten. Garions Rüstung war versengt und rot von Drachenblut Zakaths Überrock war angekohlt, und die gewaltigen Fangzähne hatten tiefe Spuren in einer Seite der Brustplatte hinterlassen.
»Unsere ruhmreichen Streiter!« rief der König freudig. Garion dachte, daß der Monarch einen falschen Schluß gezogen hatte und annahm, es wäre ihnen gelungen, den Drachen zu töten.
»In all den Jahren, seit dieses gräßliche Ungeheuer Unser Reich verwüstet«, sagte der König jedoch, »ist dies das erste Mal, daß es jemandem geglückt ist, den Drachen in die Flucht zu jagen.« Als er Belgaraths erstaunten Blick bemerkte, erläuterte er: »Keine zwei Stunden ist es her, da bemerkten Wir den Drachen, der vor Schmerzen und Angst kreischend über die Stadt flog.«
»In welche Richtung, Eure Majestät?« fragte Garion.
»Er wurde zuletzt gesehen, als er über das Meer flog, Herr Ritter. Und wie ein jeder weiß, liegt seine Höhle irgendwo im Westen. Die Züchtigung, die Ihr und Euer wackerer Begleiter ihm habt angedeihen lassen, hat ihn aus dem Reich vertrieben. Zweifellos sucht er Zuflucht in seiner Höhle, um dort seine Wunden zu lecken. Wenn Ihr Uns nun die Freude machen würdet, Unsere Ohren dürsten danach zu vernehmen, was sich zugetragen hat.«
»Ich übernehme das«, murmelte Belgarath. Er trat vor. »Die beiden Streiter, Eure Majestät, sind bescheiden, wie es sich für ihren
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