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Malloreon 5 - Seherin von Kell

Malloreon 5 - Seherin von Kell

Titel: Malloreon 5 - Seherin von Kell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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hohen Stand ziemt. Ich fürchte, sie würden bei der Beschreibung ihrer Heldentaten zu zurückhaltend sein, um nicht als prahlerisch angesehen zu werden. Mir deucht, es ist besser, wenn ich an ihrer Stelle den Kampf beschreibe, damit Eure Majestät und die edlen Herren dieses Hofes eine wahrheitsgetreue Schilderung der Ereignisse bekommen.«
    »Ein guter Vorschlag, Meister Garath«, erwiderte der König. »Wahre Bescheidenheit ist die Krone eines jeden Edelmannes, aber sie verschleiert, genau wie Ihr gesagt habt, oft die Wahrheit einer Begegnung wie jener in dieser Nacht. Wir bitten Euch, erzählt.« »Wo soll ich anfangen?« überlegte Belgarath laut. »Nun gut. Wie Eurer Majestät bekannt ist, kam Meister Erezels Warnung, daß der Drache die Ortschaft Da Esta verwüstet, keinen Augenblick zu früh. Gleich nachdem wir diesen Saal verlassen hatten, nahmen wir unsere Pferde und ritten in aller Eile zu der erwähnten Ortschaft. Große Feuer brannten dort, ein unverkennbarer Beweis der Heimsuchung durch den Drachen. Rinder und viele der Bürger hatte er bereits getötet und zum Teil verschlungen – für ihn ist alles Fleisch Nahrung.« »Wie schrecklich!« Der König seufzte.
    »Sein Mitleid ist ja schön und gut«, flüsterte Zakath Garion zu. »Ich frage mich nur, ob er auch bereit ist, in sein Säckel zu greifen, um den Geschädigten beim Wiederaufbau unter die Arme zu greifen.«
    »Du meinst, er soll ihnen tatsächlich etwas von den Steuern zurückgeben, die er seinem Volk mit soviel Mühe abgerungen hat?« tat Garion erstaunt. »Welch erschreckende Vorstellung.«
    »Wohlüberlegt kundschafteten Eure Streiter die Umgebung des Dorfes«, hörten sie Belgarath eben sagen, »und so erspähten sie alsbald den Drachen, der sich den Bauch mit den Kadavern einer Herde Pferde vollschlug.« »Ich habe nur eines gesehen«, wisperte Zakath.
    »Um seine Geschichten aufregender zu machen, schmückt er sie gern aus«, flüsterte Garion zurück.
    Belgarath war bereits selbst hingerissen von seiner Geschichte. »Auf meinen Rat«, fuhr er bescheiden fort, »hielten Eure Streiter inne und machten sich ein Bild der Lage. Wir bemerkten sogleich, daß die Aufmerksamkeit des Drachen voll und ganz seinem gräßlichen Schmaus galt, und gewiß schon allein aufgrund seiner Größe und Wildheit hatte er es nie nötig gehabt, wachsam zu sein. Die Recken teilten sich und machten einen Bogen um das fressende Ungeheuer, um es von zwei Seiten gleichzeitig anzugreifen, in der Hoffnung, ihm ihre Lanzen bis tief in seine Eingeweide stoßen zu können. Vorsichtig, Schritt um Schritt, näherten sie sich ihm – denn obgleich unvorstellbar mutig, sind sie keineswegs unbedacht.« Es herrschte tiefes Schweigen im Thronsaal, während alle schier atemlos dem alten Mann mit der gleichen Faszination lauschten, wie Garion sie zum erstenmal im Speiseraum von Faldors Gehöft erlebt hatte. »Trägt er nicht etwas dick auf?« flüsterte Zakath.
    »Es ist zwanghaft bei ihm«, erwiderte Garion leise. »Großvater konnte eine gute Geschichte nie allein auf ihren eigenen Werten beruhen lassen. Er hat immer das Bedürfnis, sie künstlerisch zu vervollkommnen.«
    Da er nun sicher war, daß er die volle Aufmerksamkeit seiner Zuhörer hatte, begann Belgarath sich all der Kniffe und Finessen der Kunst des Geschichtenerzählens zu bedienen. Er änderte Tonlage und Lautstärke und Kadenzen. Manchmal sank seine Stimme zum Wispern. Er genoß es ganz offensichtlich. Er beschrieb die gleichzeitigen Angriffe der hehren Recken auf den Drachen in glühenden Einzelheiten. Er erzählte von dem ersten Rückzug des Drachen, fügte ein geschickt erfundenes Triumphgefühl in den Herzen der beiden Ritter hinzu, als sie vermeinten, sie hätten dem Ungeheuer mit ihren Lanzen tödliche Verletzungen zugefügt. Obwohl letzteres nicht so ganz stimmte, trug es doch zur Erhöhung der Spannung bei.
    »Diesen Kampf hätte ich auch gern gesehen«, murmelte Zakath. »Unserer war viel prosaischer.«
    Der alte Mann fuhr fort mit des Drachen rachsüchtiger Rückkehr, wobei er, um die Spannung noch zu erhöhen, bei der Todesgefahr, in der Zakath geschwebt hatte, besonders dick auftrug. »Und dann, ohne auf die Gefahr für sein eigenes Leben zu achten, stürzte sein wackerer Gefährte sich ins Getümmel. Voll Angst, sein Freund könne bereits todbringende Verletzungen davongetragen haben, und voll gerechten Zornes, warf er sich mit grimmigen Streichen seiner mächtigen Klinge geradezu in den Rachen der

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