Malory 09 - Der geheimnisvolle Verführer
an Land gebracht?«
»Nein, eine Welle ist über das Boot hinweggerollt, weshalb ich mir das sparen konnte.«
Mittlerweile schrien sie einander an. Katey zitterte, so wütend war sie. Wie berechnend er war! Je länger sie über alles nachdachte, desto unfassbarer fand sie es. Wenn sie eine Liste seiner Verfehlungen auf Papier hätte, würde sie bis zum Boden reichen. »Der Fisch?«
»Ein Geschenk der Flut, wie ich bereits sagte.«
»Die Linse, die Sie praktischerweise immer bei sich führen?«
»Eine verdammt gute Lüge, da müssen Sie mir recht geben, oder?«, erwiderte er selbstgefällig.
Katey sträubten sich die Haare. Wie konnte er es wagen, wütend und sarkastisch zugleich zu werden? Oder ließ sich seine Reaktion auf sein schlechtes Gewissen zurückzuführen? Er hatte allen Grund, sich schlecht zu fühlen.
»Die Piraten? Haben Sie sie angeheuert, damit Sie mir den Helden vorspielen können?«
»Das wäre eine großartige Idee gewesen, aber so war es nicht«, schoss er zurück und setzte ein nachdenkliches Gesicht auf, was sie noch mehr auf die Palme brachte. »Piraten kann man nicht so einfach anheuern, ganz zu schweigen davon, dass man ihnen nie vertrauen kann. Ich bin untröstlich, dass sie nicht Teil meines Planes waren.«
Mehr sagte er nicht, ritt nicht darauf herum, dass er sie tatsächlich gerettet hatte. Nicht, dass sie im Augenblick dafür zugänglich gewesen wäre.
»Ist diese Insel überhaupt unbewohnt?« Sie lief jetzt vor ihm auf und ab, so groß war ihre Wut. Sie konnte einfach nicht still stehen.
»Nein, wir befinden uns auf einer der größeren Baleareninseln. Richtig ist aber, dass dieser Zipfel unbewohnt ist. Es wäre jedoch alles andere als leicht gewesen, ins nächste Dorf zu gelangen. Sie wären erstaunt, wie groß die Insel ist, wenn Sie sie zu Fuß erkunden müssten.«
»Es versteht sich von selbst, dass Sie meinen Vorschlag, uns auf die Suche nach Menschen zu begeben, abgelehnt hätten«, mutmaßte sie laut.
»Aber natürlich doch.«
»Ihr Schiff hat sich vermutlich die ganze Zeit auf der anderen Seite der Insel aufgehalten, habe ich recht? Es ist gar nicht gerade noch rechtzeitig aufgetaucht, oder?« Die Erkenntnis jagte ihr einen Schauer über den Rücken. »Beim Allmächtigen, die gesamte Mannschaft weiß davon, oder?«
»Nein«, sagte er schnell, aber gelassen. »Die meisten gehen davon aus, dass wir einen Tagesausflug machen wollten.«
»Als ob ich in meinem Nachtgewand einen Ausflug unternehmen würde«, entgegnete sie gereizt.
Er ließ seinen Blick an ihrer Robe heruntergleiten und wurde blass. Katey ahnte, dass ihm dieses winzige, aber nicht unerhebliche Detail entgangen war oder er einfach nicht weit genug gedacht hatte.
Ehe sie jedoch etwas sagen konnte, meinte er: »Hier, ziehen Sie das an.«
Es war gut, dass er erst sprach und sich dann daran machte, sich des Gürtels zu entledigen. Für den Bruchteil einer Sekunde schössen ihr Bilder von dem in den Kopf, was sie getan hatten, ehe die Piraten in Sicht gekommen waren. Sie war im Moment jedoch viel zu aufgebracht, um in den Erinnerungen zu schwelgen. Außerdem hatte er lediglich den Gürtel abgenommen, damit sie ihn tragen konnte. Anschließend gab er ihr noch seinen Mantel.
»Die Gürtelschließe ist viel zu groß«, murmelte sie, nachdem sie sich ihn umgeschnallt hatte. »Es ist ganz offensichtlich, dass sie einem Mann gehört.«
»Wie wäre es, wenn Sie sie einfach auf den Rücken drehten, wo der Mantel sie bedeckt? So, jetzt sieht es aus, als hätten Sie ein Kleid statt ein Nachthemd angezogen, wenngleich ein sehr dünnes. Angesichts des warmen Wetters ist es in dieser Gegend so üblich, nicht allzu dicke Stoffe zu tragen.«
Alle, die nicht in seinen Plan eingeweiht waren, würden auf den ersten Blick denken, sie trüge ein echtes Kleid.
»Tyrus weiß Bescheid, nicht wahr?«, keuchte sie mit hochrotem Kopf.
Boyd nickte. »Falls es Sie beruhigt, ich musste ihm den Arm verdrehen und ihn an jeden Gefallen erinnern, den er mir noch schuldig war. Er hat sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, mir zu helfen. Er kann Geheimnise nicht sehr gut für sich behalten. Wenn ich ihm nicht mein Wort gegeben hätte, dass er uns nach unserer Rückkehr trauen darf, hätte er niemals eingewilligt.«
»Das wird nicht geschehen!«
»Scheint mir auch so«, antwortete Boyd seufzend.
Seine Erklärung hatte alles nur noch schlimmer gemacht. Jetzt ging auch noch Bloßstellung vor Fremden auf sein Sündenkonto.
»Ich
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