Malory 09 - Der geheimnisvolle Verführer
schon. Ich möchte nur zu gern erfahren, warum Sie schuldig aussehen und auch so klingen.«
»Weil ich schnell seekrank werde. So, sind Sie jetzt glücklich? Nicht einmal meine Familie weiß davon, Katey. Das ist auch der Grund dafür, warum ich einen Kapitän angeheuert habe. Jedes Mal, wenn wir auslaufen, haut es mich für vier Tage um. Deshalb habe ich mich am Anfang unserer Reise so rar gemacht.«
»Vier Tage? Und das soll ich Ihnen abkaufen? Los, raus mit der Wahrheit.«
»Das ist die Wahrheit. Deshalb war ich so versessen darauf, das hier zu tun.«
Bei dem Wort versessen musste sie wie von selbst an seine Lüsternheit denken. Und sie hatte allen Ernstes gedacht, dass er ihretwegen sein Leben aufs Spiel gesetzt hatte, als er ihr hinterhergesprungen war. Wenn das nicht geschehen wäre, hätte sie sich dann dem Liebesspiel hingegeben? Sie wusste es nicht und war viel zu wütend, um jetzt darüber nachzudenken.
»Und das alles, damit Sie mit mir schlafen können?«, sagte sie mit belegter Stimme und funkelndem Blick.
»Wenn ich nur mit Ihnen hätte schlafen wollen, hätte ich Sie nicht eigens hierhergebracht. Ich war in Ihrer Kajüte, Katey, und Sie waren sternhagelvoll. Es wäre nichts leichter gewesen, als dort mit Ihnen zu schlafen. Sie hätten sich am nächsten Morgen ohnehin an nichts mehr erinnert. Aber das ist nicht der eigentliche Grund dafür, warum ich uns diesen Tag ermöglicht habe. Ich war es satt, dass ich mehr Zeit in meiner Kajüte verbracht habe, als damit, Ihnen den Hof zu machen.«
»Mir den Hof zu machen?«, platzte es aus ihr heraus. »Mir aus dem Nichts einen Heiratsantrag zu machen, fällt bei Ihnen unter Hof machen!«
»Die Tatsache, dass Sie die einzige Frau sind, in deren Gegenwart ich je einen Heiratsantrag gemacht habe, legt die Frage nahe, ob ich Unterricht in Sachen Aufwartung nötig habe.«
»Mir schwant so langsam, Sie brauchen in allen wichtigen Dingen des Lebens Nachhilfe. Jetzt wird mir auch klar, warum Anthony Malory von Ihnen und Ihren Brüdern als Barbaren gesprochen hat.«
»Er und James sagen das absichtlich, um uns zu ärgern.«
Sie schnaubte. »Dass ich nicht lache. In Ihrem Fall kann ich den beiden nur zustimmen.«
Dieses Mal hatte sie definitiv einen Nerv getroffen. Er wollte gerade dünnlippig antworten, als er sah, wie seine Crew ein Boot zu Wasser ließ. Er gab ihnen ein Zeichen, davon abzusehen, erhob sich und marschierte den Strand hinunter, um das Ruderboot der Oceanus aus dem Gebüsch zu ziehen.
Katey, die ihm gefolgt war, hörte, wie er sagte: »Und, sind Sie jetzt zufrieden? Wir haben das vermaledeite Boot gerettet.«
Nein, sie war nicht zufrieden. Sie war noch nie in ihrem ganzen Leben unglücklicher gewesen, kämpfte wie eine Löwin gegen ihre verletzten Gefühle und sprach kein Wort.
Ehe sie in das kleine Boot kletterten, fragte Boyd: »Wünschen Sie sich wirklich, der heutige Tag wäre nie geschehen?«
Sie antwortete ihm nicht.
Kapitel 41
Boyd hatte am Vorabend bei dem gemeinsamen Abendessen mit Tyrus in seiner Kajüte ebenfalls zu tief ins Glas geschaut. In nüchternem Zustand wäre er zur Besinnung gekommen und hätte sich niemals zu solch einer waghalsigen Geschichte hinreißen lassen. Doch kaum hatte er die Idee gehabt, sie in betrunkenem Zustand in das Ruderboot zu setzen, hatte er seinen Plan in die Tat umgesetzt, statt sich die Zeit zu nehmen, sich alles noch einmal in Ruhe durch den Kopf gehen zu lassen.
Jetzt, wo er hinter Katey saß und auf ihren durchgedrückten Rücken blickte, hätte er sich ohrfeigen können. Wem wollte er eigentlich etwas vormachen? Er hatte aus lauter Verzweiflung zu dieser List gegriffen. Und auf ebendieser Verzweiflung beruhte jetzt seine Hoffnung.
Er hatte jedoch nicht geplant, sich mit ihr zu vereinen, hatte nicht davon geträumt, dass der Tag am Strand sie körperlich zusammenbrachte. Er hatte einfach nur ein wenig Zeit mit ihr verbringen wollen, damit sie einander besser kennenlernen konnten. Ohne ihre Magd im Schlepptau wie in Cartagena. Außerdem war es von großer Bedeutung gewesen, dass er festen Boden unter den Füßen hatte. Wenn er noch mehr Zeit in seiner Kajüte verbrachte, war nichts gewonnen. Und immer, wenn er sie an Bord einige Minuten für sich hatte, machte er sich zum Trottel.
Die Malory-Brüder hatten ihm einen guten Tipp gegeben, aber er war anders als sie. Er war ein Seemann, blieb nie lange genug in einem Hafen. Noch nie in seinem Leben hatte er die Gelegenheit gehabt, eine
Weitere Kostenlose Bücher