Malory 09 - Der geheimnisvolle Verführer
etwas, das mich nicht erzürnt? Er hat schon wieder von diesem leidigen Thema Hochzeit angefangen und ist ständig darauf herumgeritten.«
Grace drehte sich mit weit aufgerissenen Augen zu ihr um. »Schon wieder ? Wann hat er denn damit angefangen?«
»Vor ein paar Tagen. Die Frage kam wie aus heiterem Himmel. Ich war außer mir.«
Grace schnappte nach Luft. »Wieso regen Sie sich so auf? Im Grunde ist es doch ein Kompliment.«
Katey verspürte keine Lust, ihrer Magd zu erläutern, dass Boyd im selben Atemzug davon gesprochen hatte, sich mit ihr körperlich zu vereinigen. »Mag sein, aber er hat mich vollkommen damit überrumpelt«, sagte sie schnell. »Aus unerfindlichem Grund glaubt er, ich würde mir nichts daraus machen, von einem Mann vorher umworben zu werden.«
Grace gluckste und sagte in besserwisserischer Manier: »Ich hatte beinahe den Eindruck, dass Sie ein Auge auf ihn geworfen haben. Ich verstehe gar nicht, warum Sie mich nicht schon früher eingeweiht haben. Warum bereiten Sie der Qual auf beiden Seite nicht ein Ende und heiraten den Mann?«
»Weil ich nicht verliebt bin.«
Grace prustete. »Ich bin mir aber ziemlich sicher. Seit Ihrer Wiederbegegnung mit Boyd Anderson weisen Sie die üblichen Anzeichen auf. Sie sind bis über beide Ohren verliebt, leugnen ist zwecklos.«
Katey schüttelte den Kopf. »Ich fühle mich zu ihm hingezogen, das stimmt. Er ist ja auch von Natur aus attraktiv. Vielleicht ist auch ein wenig Schwärmerei im Spiel, ja. Aber seine Gefühle neigen zu einer gewissen Extremität, auf die ich gut und gerne verzichten kann.«
Das war die größte aller Lügen, die ihr je über die Lippen gekommen war. Erst heute hatte sie herausgefunden, wie Boyd war, wenn er seine Lüsternheit ablegte. Er hatte sich von einer ihr bis dahin unbekannten Seite präsentiert. So, als würden zwei Männer in seinem Körper wohnen. Und in den entspannten, verspielten Teil würde sie sich im Nu verlieben. Fast schon zu schnell.
»Ich habe nicht vor, mich an einen Mann zu binden, bis diese Reise vorüber ist.«
»Liebe schert sich nicht um Pläne, Katey. Hat sie nie und wird sie nie. Sie folgt ihren eigenen Gesetzen.«
»Da muss ich dir leider widersprechen. Mit den richtigen Methoden kann man ihr durchaus aus dem Weg gehen oder sie im Keim ersticken.«
»Aha, das ist also der Grund, warum wir einen Schiffswechsel vorgenommen haben. Weniger, weil Sie sauer auf ihn sind, sondern weil Sie vor der Liebe davonlaufen.«
Katey mahlte mit den Zähnen. »Nein, das habe ich dir doch schon alles erklärt. Die Malorys sind hergekommen, um mich zu holen. Zumindest haben sie das gesagt. Außerdem war es ein idealer Zeitpunkt, um Abstand zu Boyd Anderson zu gewinnen. Immerwährenden Abstand.«
»Weil Sie ihm grollen.«
»Von mir aus. Weil ich ihm grolle.«
Und dann bediente Grace sich wieder ihrer besserwisserischen Stimme, als sie sagte: »Egal, wie groß der Abstand auch ist, die Gefühle, die Sie für ihn hegen, werden dadurch nicht geschmälert.«
Da Katey in dem Moment vor allem Wut empfand, hoffte sie inständig, Grace möge unrecht haben. Auf der anderen Seite wollte sie nicht zurück nach England segeln und seinetwegen ständig vor Wut schäumen. Ihr war jedoch klar, dass Grace es anders gemeint hatte.
»Ich liebe ihn nicht«, verteidigte Katey sich abermals. »Mag sein, dass ich ihn nicht abstoßend finde, aber selbst das Gefühl schwindet mit jedem Lidschlag. Das Wissen darum, ihn nie wieder sehen zu müssen, besorgt von ganz allein den Rest.«
Bitte, mach, dass es so kommt, beschwor sie sich selbst. Was ihre Wut betraf, die würde sie im Lauf der Zeit ablegen, auch wenn es einige Tage dauerte.
»Trotzdem kann ich es nicht fassen, dass Sie wegen einer Lappalie gleich das Schiff wechseln.«
»Ich kann die Reise einfach nicht genießen, wenn ich ständig vor Wut schäume.«
»Da haben Sie natürlich recht«, räumte Grace ein. »Er folgt uns, wussten Sie das?«
»Was?«
»Ja, einmal hat er es geschafft, sein Schiff auf dieselbe Höhe zu bringen, woraufhin ein derbes Wortgefecht zwischen ihm und den beiden Malorys entbrannt ist.«
»Was?!«
Grace nickte. »Ich bin an Deck gegangen, um mitzuhören, aber der blonde Lord hat mich zurück in die Kajüte geschickt, und ich hielt es für das Beste, mich seinem Befehl nicht zu widersetzen.«
Katey starrte ihre Magd mit weit aufgerissenen Augen an, ehe die letzten Worte ihr ein Lächeln entlockten. Sie konnte nur zu gut verstehen, dass ihre Magd
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