Malory 09 - Der geheimnisvolle Verführer
zärtlich und beseelt. Nein, er war beileibe nicht der Einzige, der seit ihrem ersten Aufeinandertreffen von sinnlichen Träumen heimgesucht wurde. Sie spürte, dass er kurz davor war, sie zu küssen, und wusste, dass es um sie geschehen wäre, wenn er es tat. Wie damals auf dem Schiff wurde sie von einem Kribbeln heimgesucht, das sie ihr Lebtag noch nicht gespürt hatte.
»Es freut mich, dass Sie endlich Ihr wahres Gesicht gezeigt haben«, fuhr er fort.
Vorbei war es mit dem magischen Moment, mit der leidenschaftlichen Stimmung. Er beschuldigte sie noch immer eines Verbrechens, das sie nicht begangen hatte. Woher nahm er das Recht, sich über sie zu stellen, über sie zu urteilen?
»Aufhören!«, rief sie und schlug seine Hände fort.
Statt von ihr abzulassen, umfassten Boyds große Hände ihr Becken und zogen sie zu sich heran. Katey schnappte laut nach Luft, stemmte sie Hände auf seine Brust und versuchte, ihn von sich wegzuschieben – erfolglos. Erst jetzt merkte sie, wie hart und muskulös seine Brust war und wie warm ihr wurde, weil er sie an sich drückte.
Fest entschlossen, den lodernden Gefühlssturm zu bezwingen, raunte sie: »Ich gebe Ihnen einen Ohrfeige! Darauf können Sie Gift nehmen.«
»Tun Sie das nicht, Herzchen. Ich sähe es nur ungern, wenn Sie sich an der Hand verletzen würden.«
Mit einem amüsierten Blick ließ er langsam von ihr ab, damit sie nicht das Gleichgewicht verlor und stürzte. Die Hochnäsigkeit, mit der er sie behandelte, machte sie fuchsteufelswild. »Was tun Sie hier eigentlich? Soweit ich weiß, gehören Sie nicht zu Judiths Familie, den Malorys.«
Im Gegensatz zu ihren lauten Worten wirkte seine Antwort wie ein Flüstern. »Nein, das tue ich nicht, aber ich habe eine Schwester und einen Bruder, die beide in ebendiese Familie eingeheiratet haben.«
Damit hatte Katey nicht gerechnet. Als er die Augen zusammenkniff, ahnte sie, dass er wieder auf das leidige Thema mit der Entführung zurückkommen würde.
»Wie konnten Sie es wagen?«, knurrte er. »Ist Ihnen eigentlich bewusst, mit wem Sie sich angelegt haben? Die Malorys vergessen nicht so leicht, wenn ihnen übel mitgespielt wurde. Es war nicht sonderlich klug von Ihnen, in ein Hornissennest zu greifen.«
Katey straffte die Schultern. »Sie täten gut daran, Ihre anklagenden Worte noch einmal zu überdenken. Wie der Zufall es will, habe ich nichts mit der Sache zu tun.«
»Dann erklären Sie mir mal, was Sie mit Judith in dem Zimmer zu suchen hatten.«
»Ach, endlich stellen Sie die Frage, die Sie eigentlich ganz am Anfang hätten stellen sollen«, sagte sie scharf. »Ich habe Judith geholfen. Ich bin gerade auf dem Rückweg von Schottland gewesen, als …«
»Beim Allmächtigen«, fiel er ihr ins Wort. Er klang nicht nur ungläubig, sondern setzte auch den passenden Gesichtsausdruck auf. »Sie sind Geordie Camerons Gemahlin, habe ich recht?«
»Wer?«
Er überging ihren Einwand und sagte, an sich selbst gewandt: »Jetzt ergibt alles einen Sinn. Er meinte, es wäre Ihre Idee gewesen.«
»Wer?«, wiederholte Katey nochmals, allerdings wieder ohne Erfolg.
»Sie haben genau eine Minute, mir alles zu erklären. Erzählen Sie mir, dass Sie unschuldig sind, dass Sie dazu genötigt wurden oder dass Sie davon überzeugt waren, niemandem würde etwas geschehen.«
Offerierte er ihr gerade eine Liste von Entschuldigungen, aus der sie sich eine aussuchen konnte, falls ihr nichts Besseres einfiel? Oder gab er sich lediglich sarkastisch? Hoffte er vielleicht insgeheim, dass sie ihm einem guten Grund lieferte, damit er sie gehen ließe?
»Ich habe Judith gerettet«, sagte sie schnell. »Sie wird es Ihnen erzählen.«
Im Grunde reichten die wenigen Worte, damit er sich endlich bei ihr entschuldigte oder zumindest seine Haltung überdachte. Katey las jedoch in seinem Gesicht, dass ihre Erklärung zu spät kam, dass er ihr kein Wort glaubte.
»Wie praktisch für Sie, dass Judith nicht hier ist, um Ihre Aussage zu stützen«, fuhr er sie an. »Lassen Sie uns kurz die Fakten betrachten. Sie haben Judith in einem verriegelten Raum festgehalten. Wir haben gehört, wie Ihre Komplizin Sie daran erinnert hat, die Tür hinter ihr zu verschließen. Wenn Sie sie tatsächlich gerettet haben, warum befanden Sie sich dann nicht auf dem Weg nach London, um sie zu ihrer Familie zurückzubringen? Wenn Sie unschuldig sind, warum weilen Sie dann noch immer in der Stadt, in der die Lösegeldübergabe stattfinden sollte?«
Katey schnappte
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