Malory 09 - Der geheimnisvolle Verführer
bestand also keine Hoffnung, dass sie je zurückkehren würde.«
»Eine Lüge, um die Gerüchteküche nicht zusätzlich anzuheizen?«
»Anscheinend.«
»Lass es mich so formulieren: Warum haben Sie dich nicht gleich am Schlafittchen gepackt, wenn sie wussten, dass du der Vater bist? Das wäre ein exzellenter Grund für eine Heirat. Jason hätte mit Sicherheit darauf bestanden, wenn er davon gewusst hätte. Du kennst ihn ja. Außerdem hört es sich für mich an, als wolltet ihr beide heiraten. Ich verstehe nicht, was da schiefgelaufen ist.«
Genauso wenig wie Anthony, doch dann kam ihm ein Gedanke. »Sie haben mich nie mit offenen Armen empfangen.«
James reagierte mit einem Schnauben. »Du bist ein Malory. Du wärest ein grandioser Fang gewesen.«
Dieses Mal war es Anthony, der eine Augenbraue hob. »Deine Erinnerung spielt dir einen Streich, alter Junge. Du und ich hatten just vor dem besagten Weihnachtsfest ein paar kleinere Skandale heraufbeschworen, und Jason hatte die feine Gesellschaft geschockt, indem er sein uneheliches Kind als Erben eingesetzt hatte. Es mag dir entgangen sein, oder vielleicht war es dir auch egal, was sogar wahrscheinlicher ist, aber die prüderen Adelsfamilien haben damals die Nase über uns gerümpft.«
»Mit anderen Worten, die Millards haben dich geächtet?«
»So schlimm war es auch wieder nicht. Adelines Eltern haben mich toleriert, aber es war ein offenes Geheimnis, dass es ihnen lieber gewesen wäre, wenn ich ihrer jüngeren Tochter nicht den Hof machen würde. Gelegentlich hatte ich sogar den Eindruck, sie würden sich freuen, wenn ich komplett das Interesse verlieren und wieder nach London zurückkehren würde. Sie haben womöglich gedacht, ich würde nur mit Adeline spielen, aber weil ich ein Malory und zugleich ein Nachbar war, haben sie mich nicht der Tür verwiesen. Letitia hingegen hat keinen Hehl aus ihrer Abneigung mir gegenüber gemacht.«
»Jetzt kannst du dich also doch an sie erinnern?«
»Mehr als mir lieb ist«, sagte Anthony mit einem Seufzen. »Um es freundlich auszudrücken, sie war eine kalte Schlampe.«
Jason feixte. »Das nennst du freundlich?«
»Kalt wie Eis. Jedes Mal, wenn ich Adeline zu Hause einen Besuch abgestattet habe, musste ich mir die beißenden Bemerkungen ihrer Schwester anhören. Sie hatte einen schier unerschöpflichen Hass auf mich, so als hätte ich sie persönlich beleidigt.«
»Hast du das denn?«
»Natürlich nicht. Ich war zum ersten Mal bis über beide Ohren verliebt, James. Zu jener Zeit war ich die Freundlichkeit in Person. Ich dachte damals, es läge daran, dass sie selbst noch nicht unter der Haube sei. Immerhin war sie sechs Jahre älter als Adeline.«
»Mit anderen Worten, sie war auf dem besten Weg, eine alternde Jungfer zu werden. Du denkst also, sie hat die Verbitterung darüber, noch nicht verheiratet zu sein, an dem Verehrer ihrer jüngeren Schwester ausgelassen?«
»Wie ich bereits sagte, das habe ich auch gedacht. Aber sie hat sich nur mir gegenüber so ablehnend verhalten. Ich hatte genug Möglichkeiten, ihr Verhalten anderen gegenüber zu beobachten. Sie konnte genauso liebreizend sein wie Adeline … na gut, zugegeben, das war leicht übertrieben. Sie war lange nicht so wundervoll wie Adeline. Du verstehst schon.«
»Nicht, dass es eine Rolle spielt, aber es erklärt immerhin, warum sie dir eine so feindselige Nachricht geschickt hat. Was schließt du denn jetzt aus der Sache? Dass Katey deine Tochter ist?«
Anthony schloss die Augen und dachte nach. Es wollte ihm noch immer nicht in den Kopf, dass er eine erwachsene Tochter haben könnte.
»Vom Alter her käme es hin. Sie sieht Adeline sogar ein wenig ähnlich, auch wenn mir das nicht direkt aufgefallen ist. Aber sie hat ihre Augen, ihr Haar und selbst ihre Grübchen.«
»Warum vernehme ich ein Aber in deiner Stimme?«
»Das sind alles nur Mutmaßungen. Du musst mir recht geben, dass das alles auch nur ein dummer Zufall sein kann.«
James nickte, fügte aber hinzu: »Es ist auf jeden Fall kein Zufall, dass Katey Adelines Tochter ist.«
»Da hast du recht. Aber wir wissen nicht genau, wie alt Katey ist, oder? Damit ich ihr Vater sein könnte, müsste sie zweiundzwanzig sein. Und Katey hat Judy erzählt, ihre Mutter wäre mit einem Amerikaner namens Tyler davongelaufen und deshalb verstoßen worden. Wann hat sie diesen Amerikaner kennengelernt? Sie muss zu meiner Zeit mit ihm angebandelt haben.«
»Vorausgesetzt, Katey ist zweiundzwanzig. Ich vermute,
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