Malory 09 - Der geheimnisvolle Verführer
Tochter.«
»Eine Tochter, von der du bis vor wenigen Stunden nichts geahnt hast. Vorausgesetzt, es stimmt. Der Bursche hat also ein Auge auf sie geworfen, na und. Schließlich ist sie hübsch anzusehen. Wenn ihm das Glück hold ist, wird er sie vielleicht sogar heiraten. Vergiss nicht, dass du selbst gesagt hast, er würde einen passablen Gemahl abgeben.«
»Du warst derjenige, der das gesagt hat, nicht ich. Und du weißt genau, dass ich ihn umbringen muss, wenn er sie auch nur einmal unsittlich berührt.«
James stieß einen Seufzer aus. Er wusste es. Er hatte die Argumente lediglich seiner Gemahlin zuliebe aufgezählt, aber Fakt war, dass er, wenn sich herausstellen sollte, dass Katey seine Nichte war, seinem Bruder zur Seite stehen würde, um dem Yank den Garaus zu machen.
Kapitel 32
»Geht's dir wieder besser?«, erkundigte sich Tyrus, der soeben den Kopf durch die Tür gesteckt hatte. »Eigentlich nicht.«
Boyd hob weder den Kopf vom Kissen, als er antwortete, noch öffnete er die Augen. Jede Art der Bewegung endete damit, dass er sich in den Nachttopf erbrechen musste. Die Seekrankheit berücksichtigte leider nicht, dass sein Magen bereits leer war.
»Wann hast du eigentlich das letzte Mal etwas zu dir genommen?«
»Bevor wir Cartagena verlassen haben.«
Angesichts der Tatsache, dass das nun zwei Tage zurück lag, stieß Tyrus einen mitleidigen Seufzer aus. »Wenn wir nicht aufpassen, verhungerst du uns noch. Wie konntest du ihr nur einen Abstecher ins Mittelmeer vorschlagen, wo kein Tag vergeht, ohne dass wir in einen Hafen einkehren. Wieso bist du überhaupt mitgekommen? Du weißt doch, wie schnell du seekrank wirst?«
Natürlich war Boyd sich dessen bewusst gewesen, als er Katey sein Schiff geliehen hatte. Um bei ihr einen guten Eindruck zu machen, hatte er diese Strapazen auf sich genommen. Und das, wo er sich gerade mehr oder weniger dazu durchgerungen hatte, endlich ein Leben an Land zu führen. Aber es war ja nicht so, als hätte er sich nicht längst daran gewöhnt, seekrank zu sein. Er schlug sich nunmehr seit fünfzehn Jahren damit herum. Augen zu und durch, hatte sein Motto bislang gelautet. Dieses Mal litt er jedoch besonders, weil er eine Dame an Bord hatte, mit der er gern jede Minute verbracht hätte.
»Ich brauche Hilfe, Tyrus, keinen Zynismus.«
»Soll ich Philips bitten, dir einen Schlaftrunk zu brauen, der dich bis in den nächsten Hafen durchschlafen lässt?«
Keine schlechte Idee. Der Schiffsarzt der Oceanus machte ein so starkes und dazu noch gut schmeckendes Schlafmittel, dass es den stärksten Mann umhaute und zehn Stunden durchschlafen ließ, egal ob er müde war oder nicht. Aber es kam für ihn gar nicht infrage, dass er die Reise verschlief. Dann hätte er ja auch gleich in England bleiben können. Dies war eine einmalige Chance, Kateys Herz zu gewinnen, und er würde alles daran setzen, sie nicht ungenutzt zu lassen. Vorausgesetzt, es gelang ihm, den Allerwertesten aus der Koje zu hieven.
»Die Art von Hilfe habe ich nicht gemeint«, sagte Boyd. »Ich meine es ernst mit ihr. Ich möchte sie heiraten. Aber ich habe einen Riesenfehler gemacht, als ich sie bezichtigt habe, eine Verbrecherin zu sein. Aus dem Grunde kann ich ihr unmöglich mit den üblichen Methoden den Hof machen. Die Sache steht noch immer zwischen uns.«
Er hatte Tyrus von dem Zwischenfall in Northampton erzählt. Immerhin segelten die beiden seit über sieben Jahren miteinander. Es gab keinen Hafen, in dem sie anlegten und nicht gemeinsam die nächste Taverne ansteuerten. Abgesehen von seinen Brüdern war Tyrus Boyds bester Freund.
»Jetzt sag nicht, du hast schon wieder vergessen, was sie behauptet hat?«, fragte Tyrus. »Dass sie doch verheiratet ist?«
Boyd schnaubte. »Du hingegen hast nicht mitbekommen,
dass sie die Aussage am nächsten Tag widerrufen hat. Hättest mal ihr betretenes Gesicht sehen sollen, als sie zugegeben hat, uns angelogen zu haben.«
»Welche Lüge? So langsam verliere ich den Überblick.«
»Sie ist nicht verheiratet, Tyrus. Während ihres Aufenthalts in England hat sie meiner Familie gegenüber erwähnt, dass sie nicht verheiratet sei, sondern es nur vorgibt, um uns Männer damit auf Abstand zu halten. Eine List, die auf unserer ersten Reise ja auch wunderbar funktioniert hat, wenn du dich erinnerst.«
»Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie fertig du damals warst. Hast niemanden an dich herangelassen, ohne ihm gleich den Kopf abzureißen. Ich sag, wie's ist,
Weitere Kostenlose Bücher