Malory
zurück zu ihrem Schiff waren, und allein ihrer mutigen Mannschaft hatten sie es zu verdanken, daß sie diese Nacht überlebten. Sie konnten Can-ton gerade noch rechtzeitig verlassen, bevor ihr Schiff in Flammen aufgegangen wäre, und diese übereilte Flucht war auch der Grund für ihre verfrühte Rückkehr.
Während sie Drew dabei beobachtete, wie er sorgsam die Vase wieder in Clintons Schreibtisch einschloß, bemerkte sie:
»Es wundert mich, daß Clinton sich so leicht damit abgefun-den hat, daß diese Reise wohl für lange Zeit die letzte gewesen sein dürfte, die ein Skylarkschiff in chinesische Gewässer unternehmen kann.«
»Oh, ich weiß nicht. So lukrativ der Chinahandel auch war, ich glaube, er hat ohnehin langsam genug von diesen langen Reisen. Außerdem haben sie auf dem Rückweg verschiedene europäische Häfen angelaufen, um neue Märkte zu erschließen.«
Das hatte sie noch nicht gehört. »Habt ihr etwa den Engländern verziehen, und versucht nun, mit ihnen ins Geschäft zu kommen?«
»Du machst wohl Witze?« lachte er in sich hinein. »Denk bloß mal an das viele Geld, das uns ihre willkürliche Blockade vor dem Krieg gekostet hat. Ganz zu schweigen von all den Kriegsschiffen, die unsere Hotte aufgehalten haben, um ihre sogenannten Deserteure zwangseinzuziehen. Da muß es schon mit dem Teufel zugehen, bevor Clinton wieder mit einem Engländer Geschäfte machen würde - selbst wenn wir darauf angewiesen wären, was wir aber gottlob nicht sind.«
Ihr Gesichtsausdruck Heß nichts von ihren geheimen Gedanken erahnen. Hätte sie auch nur die leiseste Hoffnung gehegt, eines Tages nach England zurückkehren zu können, um James wiederzusehen, dann konnte sie diese jetzt auf der Stelle begraben. Wenn diese Fahrt nach Jamaika nicht unwi-derruflich seine letzte gewesen wäre, hätte sie ohne Schwierigkeiten dorthin reisen können. Doch er hatte ihr versichert, daß er nur noch einmal dorthin gefahren war, um seinen Besitz aufzulösen und daß er dann nach England zurückkehren würde.
»Ich weiß nicht«, sagte sie mit leiser Stimme.
»Was hat dein Stirnrunzeln zu bedeuten, Georgie? Hast du etwa England verziehen, nachdem diese Schweinehunde deinen Malcolm entführt und dir solchen Kummer bereitet haben?«
Sie mußte beinahe lachen. England natürlich nicht, aber einen gewissen Engländer würde sie alles verzeihen, wenn er nur …, wenn er sie ein klein wenig geliebt hätte, anstatt sie nur zu begehren.
Drew wartete immer noch auf ihre Antwort und sie gab ihm genau jene, die er von ihr erwartete: »Selbstverständlich nicht«, versicherte sie ihm und wandte sich gerade ab, um zu gehen, als Warren zur Tür hereintrat. Seine Augen blieben an ihrem Ausschnitt haften und auf seiner Stirn zogen augenblicklich düstere Gewitterwolken auf. Georgina setzte auf Angriff: »Ein Wort, Warren, und ich reiß mir das Kleid vom Leib und erscheine splitternackt auf unserem Fest, das kannst du mir glauben!«
»Laß es lieber«, warnte Drew seinen Bruder, der ihr schon hinterherrennen wollte.
»Hast du ihren Busen gesehen?« fiel Warren ihm halb em-pört, halb belustigt ins Wort.
»Der ist ja schwerlich zu übersehen«, grinste Drew ge-quält. »Ich hab schon eine Bemerkung darüber gemacht, und einen saftigen Dämpfer abbekommen. Das Mädel hat sich gemausert, wir haben es bloß nicht gemerkt.«
»Trotzdem muß sie sich unbedingt etwas anderes ...«
»Das wird sie aber nicht tun, und wenn du darauf be-stehst, wird sie ihre Drohung wahrmachen.«
»Sei doch kein Arschloch, Drew. Das würde sie niemals ...«
»Bist du dir da sicher?« schnitt ihm Drew nochmals das Wort ab. »Unsere kleine Georgie hat sich verändert, und ich meine damit nicht ihre berauschende Schönheit. Das ging ganz allmählich vor sich. Aber das andere, was ich meine, kam urplötzlich, sie ist eine ganz neue Frau.«
»Welches andere?«
»Ihr Eigensinn, und wie sie sich neuerdings benimmt. Frag mich nicht, wo sie das aufgeschnappt hat, aber sie hat eine Art von Humor entwickelt, der manchmal sogar ausgesprochen amüsant ist. Und ihre Schlagfertigkeit, man kann sie gar nicht mehr richtig hänseln, so schnell nimmt sie einem den Wind aus den Segeln und schlägt zurück.«
»Das hat alles nichts mit diesem verdammten Kleid zu tun, das sie anhat.«
»Wer ist denn jetzt das Arschloch?« erwiderte Drew ungerührt und benutzte Georginas schlagendes Argument. »An anderen Frauen hättest du an diesem Aufzug doch auch nichts auszusetzen, sehe ich
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