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Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 03. Sturmwind der Zaertlichkeit
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mich sein? Er konnte sie ja unmöglich fragen. Aber nein, das glaubte er eigentlich nicht; nicht wenn er daran dachte, was er neulich nachts in der Taverne gesehen hatte - ihre sinnlichen Lippen und die leidenschaftlichen Augen. Sie mag noch jung sein, aber nicht - zu jung.
    Der Deckel des zweiten leeren Koffers klappte zu und sie fragte in seine Richtung: »Soll ich sie raustragen, Sir?«
    »Ich bezweifle, daß du das schaffst, Junge«, grinste er, oh-ne es eigentlich zu wollen. »Schone lieber deine Spatzenmus-keln. Artie wird sich nachher darum kümmern.«
    »Ich bin kräftiger als ich aussehe«, beharrte sie stur.
    »Ja, wirklich? Das trifft sich gut, denn du mußt jeden Tag diesen schweren Stuhl hier herumschleppen. Mein erster Steuermann ißt nämlich gewöhnlich mit mir zu Abend.«
    »Nur er?« Ihre Augen schweiften zu den fünf anderen Ses-seln im Raum. »Die anderen Offiziere nicht?«
    »Das ist schließlich kein Kriegsschiff, und außerdem lege ich größten Wert auf meine Privatsphäre.«
    Ihr Gesicht hellte sich plötzlich auf. »Dann werde ich Sie sogleich ...«
    »Nicht so schnell, die jungen Pferde«, rief er ihr hinterher, da sie schon fast durch die Tür war. »Wo willst du denn hin?
    Deine Pflichten spielen sich ausschließlich in dieser Kabine ab.«
    »Ich dachte …, ich nahm an …, Sie sprachen doch gerade von Privat ...«
    »Mein Ton, stimmt's? Wohl 'ne Ecke zu scharf für dich?«
    »Sir?«
    »Weil du so stotterst.«
    »Verzeihung, Kapitän«, erwiderte sie mit einer Verbeugung.
    »Laß den Unsinn. Du schaust mir in die Augen, wenn du glaubst, dich entschuldigen zu müssen. Mußt du aber nicht
    - noch nicht. Ich bin nicht dein Vater, der dir eine Schelle verpaßt, oder dir die Ohren langzieht. Ich bin dein Kapitän, und du brauchst nicht jedesmal zusammenzuzucken, wenn ich meine Stimme etwas erhebe oder einfach nur schlechter Laune bin und dich schief ansehe. Tu einfach das, was ich dir sage und stell keine dumme Fragen, dann werden wir wunderbar miteinander auskommen. Verstanden?«
    »Klar.«
    »Hervorragend. Dann beweg mal deinen Hintern hier rü-
    ber und eß das Diner auf. Wenn ich nämlich Mr. O'Shawns Kochkünste nicht entsprechend würdige, dann gnade mir Gott, was er mir das nächste Mal vorsetzt.« Ihren leisen Protesten nahm er gleich den Wind aus den Segeln. »Du siehst sowieso halb verhungert aus. Der Teufel soll mich holen, wenn wir nicht ein paar Pfunde auf deine Knochen bringen, bevor wir in Jamaika sind. Darauf gebe ich dir mein Wort.«
    Es kostete Georgina größte Anstrengung, ihre Abscheu zu verbergen. Sie zog sich einen Sessel an den Tisch heran und setzte sich. Nicht daß sie nicht hungrig wäre. Sie hatte sogar einen Bärenhunger. Aber wie konnte sie essen, während er ihr gegenübersaß und sie pausenlos anstarrte? Außerdem war es jetzt wesentlich wichtiger, Mac zu finden, anstatt wertvolle Zeit mit Essen zu verplempern. Sie mußte ihm unbedingt die aufregende Neuigkeit mitteilen, wer der Kapitän ist, bevor es zu spät war, etwas zu unternehmen.
    »Nebenbei bemerkt, junger Mann, das mit meiner Privatsphäre gilt selbstverständlich nicht für dich.« Damit schob er ihr das Tablett mit dem kalten Essen vor die Nase. »Deine Pflichten erfordern ständige Anwesenheit hier bei mir. Aber tröste dich, in ein paar Tagen, werde ich dich gar nicht mehr bemerken.«
    Das klang zwar ermutigend, änderte aber nichts an der Tatsache, daß er sie immer noch anstarrte und darauf wartete, daß sie anfangen würde zu essen. Zu ihrer Überraschung mußte sie feststellen, daß das Essen kalt sehr appetitlich aussah; es gab gedünsteten Fisch, knackiges Gemüse und frisches Obst.
    In Ordnung. Je eher desto besser, ermutigte sie sich selbst und begann das Essen in sich hineinzuschaufeln und hinun-terzuwürgen. Daß das ein großer Fehler war, merkte sie kurz darauf, als das ganze Essen wieder hochkam. Ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen und ihr Blick heftete sich verzweifelt auf die Kommode, in der der Nachtopf stand.
    Mit einen Satz sprang sie auf und war schon dort, nur einen Gedanken im Kopf - lieber Gott, laß den Nacht topf leer sein. Sie riß ihn gerade noch rechtzeitig heraus und hörte dabei kaum die Stimme des Kapitäns: »Großer Gott, du wirst doch nicht etwa ...? Doch, zu spät ...«
    Was er sich dabei dachte, war ihr völlig gleichgültig, solange ihr Magen alles, was sie so mühsam in sich hineinge-stopft hatte, wieder nach oben würgte. Noch bevor es vorbei war, fühlte

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