Malory
sie einen kalten Waschlappen auf ihrer Stirn und eine schwere, angenehme Hand auf ihrer Schulter.
»Tut mir leid, Kleiner. Ich hab nicht daran gedacht, daß du zu nervös bist zum Essen. Komm, ich bring dich lieber ins Bett.«
»Nein, ich ...«
»Keine Widerrede. Das ist sowieso das erste und letzte Mal, daß ich dir das anbiete. Außerdem ist es ein verdammt bequemes Bett. Nutz' mein schlechtes Gewissen ruhig aus und leg dich hin.«
»Ich will aber nicht ...«
»Ich hab dir doch vorhin klar und deutlich gesagt, daß du meinen Anordnungen zu gehorchen hast? Also, was ist jetzt? Soll ich dich tragen oder kannst du deinen Hintern allein ins Bett bewegen?«
Erst freundlich und unterhaltsam, dann nahezu zornig.
Georgina sagte gar nichts, sondern eilte zu dem großen Bett und warf sich drauf. Aha, er war auch so ein selbstherrlicher Typ, einer von denen, die glauben, daß ein Kapitän auf seinem Schiff der liebe Gott in Person ist. Sie fühlte sich wirklich miserabel im Moment und es täte ihr bestimmt gut, ein wenig zu ruhen - aber verdammt noch mal nicht in seinem Bett. Er stand neben ihr, beugte sich jetzt sogar über sie; sie schnappte nach Luft und betete sogleich, daß er es überhört haben möge. Aber er wollte ihr nur wieder einen kalten Waschlappen auf die Stirn legen.
»Du solltest deine Mütze und die Weste ablegen, die Schuhe auch, dann hättest du es viel besser.«
Georgina erbleichte. Mußte sie ihm schon wieder widersprechen? Sie versuchte, nicht sarkastisch zu klingen, sagte aber ganz offen: »Sie werden es vielleicht nicht glauben, aber ich kann mich ganz gut selbst um mich kümmern. So wie ich hier liege, ist es sehr bequem.«
»Mach was du willst«, erklärte er achselzuckend und wandte sich zu ihrer großen Erleichterung ab. Doch schon eine Sekunde später hörte sie ihn sagen: »Nebenbei, ehe ich's vergesse, hol nachher, wenn es dir wieder besser geht, deine Hängematte und deine Sachen vom Vorderdeck und bring sie hierher. Mein Schiffsjunge schläft immer dort, wo er gebraucht wird.«
12. Kapitel
»Was?« krächzte Georgina ungläubig und setzte sich blitzartig im Bett auf. Durch zusammengekniffenen Augen musterte sie argwöhnisch den Kapitän, der träge im Sessel lümmelte. Absichtlich hatte er sich gegenüber hingesetzt, damit er sie besser beobachten konnte. »Brauchen Sie mich denn mitten in der Nacht?«
»Ich habe leider einen sehr leichten Schlaf, mußt du wissen, und die Schiffsgräusche wecken mich des öfteren in der Nacht.«
»Und was hat das mit mir zu tun?«
»Nun Georgie, mein Kleiner«, entgegnete er in einem Tonfall, als ob er zu einem Kleinkind spräche, »wenn ich dann etwas benötigen sollte?« Gerade wollte sie antworten, daß er sich dann ebensogut alleine behelfen könnte, als er ungerührt fortfuhr: »Das ist dann deine Aufgabe.«
Nachdem sie immer noch nicht im einzelnen wußte, worin ihr Job nun eigentlich bestand, konnte sie im Moment nichts anderes tun, als schweigend zuzustimmen. Wenn sie sich vorstellte, daß sie sich die Nächte um die Ohren schlagen sollte, nur weil ihr Kapitän unter Schlaflosigkeit litt!
Gestern noch hatte sie diesen Job unbedingt gewollt - heute nicht mehr. Schon gar nicht, wenn das bedeutete, dieses selbstherrliche Ungeheuer rund um die Uhr bedienen zu müssen.
Im Augenblick blieb ihr keine andere Möglichkeit, als zu-nächst einmal abzuklären, worin ihre Pflichten überhaupt bestanden.
»Ich nehme an, meine Aufgabe wird es sein, Ihnen etwas zu essen aus der Kombüse zu holen?«
»Das mal ganz sicher«, antwortete er und ergänzte dann seelenruhig: »Manchmal benötige ich auch nur eine angenehme Stimme, die mich wieder in den Schlaf lullt. Du kannst doch lesen, nicht wahr?«
»Selbstverständlich«, kam es wie aus der Pistole geschossen. Zu spät. Hätte sie doch bloß Nein gesagt, dann wäre ihr zumindest dieser Teil erspart geblieben. Im Geiste sah sie sich schon mitten in der Nacht an seinem Bett sitzen und ihm Geschichten vorlesen, während sich der gnädige Herr schlaftrunken in seinem Bett räkelte. Ein schummriges Licht würde die Szenerie beleuchten und seine Gesichtszüge weicher und weniger furchteinflößend erscheinen lassen ...
Zum Teufel, sie mußte Mac finden - und zwar schnell!
Von Panik ergriffen schwang sie ihre Beine über die Bettkante, als ein scharfes »Leg dich sofort wieder hin, Georgie!«
sie innehalten ließ. Wie hypnotisiert sank sie in die Kissen zurück.
Er hatte sich in seinem Sessel
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