Malory
grübelte nach, was ihr auf die Seele drück-te. Schließlich rückte sie mit der Sprache heraus.
»Mac, hast du schon mal von Leuten gehört, die krank werden, wenn ihnen etwas zu nahe kommt?«
Stirnrunzelnd musterte er sie mit seinen hellgrauen Augen. »Wie krank?«
»Einfach krank. Übelkeit meine ich.«
»Aha.« Seine Stirn glättete sich augenblicklich und er er-klärte wissend: »Ja, das kann vom vielen Essen kommen, oder wenn ein Mann zuviel getrunken hat oder auch, wenn eine Frau schwanger ist.«
»Nein, nicht so. Ich meine, wenn man ansonsten kernge-sund ist und dann zu nahe an eine bestimmte Sache heran-kommt.«
Sofort legte sich seine Stirn wieder in zahllose Falten. »Ei-ne bestimmte Sache? Hab ich richtig verstanden? Hättest du vielleicht die Güte, mir zu erklären, was das ist, das dich krankmacht?«
»Ich hab nicht von mir gesprochen.«
»Georgie ...?!«
»Na gut, was soll's?« gab sie widerwillig nach. »Es ist der Kapitän. Nahezu jedes Mal, wenn ich in seine Nähe komme, spielt mein Magen verrückt.«
»Nahezu?«
»Ja, es passiert nicht jedes Mal.«
»Und dir wird richtig schlecht? Muß du auch kotzen?«
»Einmal, ja, aber ... Na gut, das war am ersten Tag, als ich herausgefunden hatte, wer er ist. Er zwang mich, etwas zu essen, und vor lauter Wut und Nervosität konnte ich es nicht bei mir behalten. Seither war mir zwar sehr oft übel, aber übergeben habe ich mich nicht wieder - zumindest bis jetzt.«
Mac zupfte nachdenklich an seinen roten Bartstoppeln, die neuerdings sein Kinn bedeckten und grübelte über das Ge-hörte nach. Er war sich nicht ganz sicher, ob das, was er vermutete auch wirklich zutraf, deshalb behielt er es lieber für sich. Er nahm an, daß Georgina vor lauter Wut auf den Kapitän gar nicht merkte, daß sie ihn eigentlich sehr anziehend fand und daß sie viel zu unerfahren war, um das komische Gefühl im Magen für sinnliche Erregung zu halten. Schließ-
lich meinte er unverfänglich: »Könnte es nicht das Duftwasser sein, das er benutzt, oder die Seife? Was meinst du? Oder schmiert er sich vielleicht Pomade ins Haar?«
Ihre Augen wurden groß wie Untertassen, und sie fing erleichtert an zu lachen. »Ja natürlich, daß ich daran nicht gleich gedacht habe?« Damit warf sie ihm das Seilende in den Schoß und sprang auf.
»Wo willst du denn hin?«
»Es ist nicht seine Seife, denn die benütze ich ja selbst. Er schmiert sich auch nichts in die Haare - aber er hat eine Flasche mit Parfüm, die er nach dem Rasieren benützt. An der werde ich gleich mal schnuppern, und wenn es das war, dann kannst du dir ja ausmalen, was ich damit mache.«
Ihr Lachen beruhigte ihn, aber er gab ihr doch noch den guten Rat: »Er wird es vermissen, wenn du es über Bord schmeißt.«
Sie wollte ihm schon übermütig antworten, daß sie sich darüber keine Sorgen machen würde, aber dann sah sie ein, daß es unklug wäre, mit ihrer impulsiven Art gleich ins nächste Fettnäpfchen zu treten. »Ich werde ihm die Wahrheit sagen. Er ist zwar ein arroganter Hammel, aber ... so gefühllos ist er nicht, daß er das Wässerchen dann nochmals benützen würde. Bis nachher, Mac. Oder spätestens bis morgen«, berichtigte sie sich, als sie die Sonne unterge-hen sah.
»Versprich mir, daß du keinen Unsinn anstellst, und hinterher bestraft wirst.«
Wenn Mac wüßte, welche Strafen er ihr schon angedroht hatte .. »Ich verspreche es.«
Das meinte sie ehrlich. Wenn es tatsächlich das Eau de Cologne war, wovon ihr so übel wurde, gab es keinen Grund, ihm das nicht zu sagen. Eigentlich hätte sie schon früher mit dem Kapitän darüber sprechen sollen, überlegte sie, als sie mitten auf dem Unterdeck geradewegs in ihn hineinlief.
Ihr Magen schlug einen Purzelbaum und ihr Gesicht verzog sich zu einer kläglichen Grimasse.
»Aha«, bemerkte James Malory, als er sie ansah. »Du kannst wohl Gedanken lesen?«
»Wie bitte?«
»Dein Gesichtsausdruck. Du hast wohl erraten, daß ich ein Hühnchen mit dir zu rupfen habe? Mir passen deine Bade-gewohnheiten nicht, besser gesagt - dein Mangel an Badege-wohnheiten.«
Ihr Gesicht wurde erst rot, dann dunkelrot vor Wut. »Wie können sie es wagen ...!«
»Komm, komm, George. Glaub nur nicht, daß ich nicht wüßte, daß für Jungs in deinem Alter ein Vollbad einer Höllenqual gleichkommt? Ich war selbst einmal so ein Bursche.
Aber du wohnst immerhin in meiner Kabine ...«
»Nicht freiwillig«, warf sie ein.
»Das will ich überhört haben. Aber ich
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