Malory
vielleicht an ihrem Rasierwasser liegen könnte. Deshalb habe ich an der Flasche geschnuppert ... aber daher kommt es nicht. Ich wäre auch froh darüber gewesen. Bestimmt ist es nur ein dummer Zufall.«
»Was ist los?«
Gott sei Dank, seine Stimme klang ruhig, und er wirkte auch so. Sie hatte schon befürchtet, er würde vor Wut kochen.
»Daß mir immer übel wird, wenn Sie da sind, vor allem, wenn Sie mir zu nahe kommen.« Lieber nichts davon erzählen, daß ihr auch komisch wurde, wenn sie ihn nur ansah, oder er sie. Das Beste wird sein, die Sache schnell über die Bühne zu bringen und alles auf die eigene Kappe zu nehmen. »Es ist allein mein Problem, Sir. Bitte vergessen Sie, was ich gesagt habe.«
»Vergessen ...?«
Macht er etwa Scherze? Am liebsten wäre sie auf der Stelle im Erdboden versunken. Er war lange nicht so ruhig, wie sie dachte. Hatte er sich tatsächlich so über ihre Dreistigkeit ge-
ärgert, daß ihm nun die Worte fehlten?
»Welche ... Art von ... Krankheit?«
Es wurde immer schlimmer. Jetzt wollte er auch noch Einzelheiten hören. Glaubte er ihr, oder wollte er nur beweisen, daß sie zu weit gegangen war und eine Tracht Prügel verdient hatte. Sie konnte auch nicht so tun, als wenn alles ein Irrtum gewesen wäre und sich entschuldigen, denn das hät-te ihn in seiner Annahme nur bestätigt.
Sie bedauerte es tatsächlich, ihr Maul so weit aufgerissen zu haben, aber jetzt mußte sie bei der Wahrheit bleiben.
Sie nahm all ihren Mut zusammen und sagte: »Es ist fast so wie seekrank.«
»Hast du schon ge ...?«
»Nein! Es ist nur diese eigenartige Schwäche, die ich fühle, und Atemnot, und mir wird immer so warm, nun ... eigentlich heiß, obwohl ich ganz bestimmt kein Fieber habe. Und dieses Schwächegefühl kommt ganz plötzlich, als wenn all meine Kräfte erlahmen.«
James starrte sie fassungslos an und konnte nicht glauben, was er gehört hatte. Wußte das Weib denn wirklich nicht, welche Symptome sie gerade beschrieben hatte? War sie tatsächlich noch so unschuldig. Dann traf es ihn wie ein Schock, dort wo er am empfindlichsten war und er fühlte dieselben Symptome wie sie. Sie begehrte ihn. Seine verque-ren Verführungsversuche zeigten Erfolg, und er hatte es noch nicht einmal gemerkt. Er konnte es nicht merken, weil sie es gar nicht wußte. Verdammt und zugenäht. Unwissenheit ist ja schön und gut, aber in diesem Fall war es die Hölle für ihn.
Er mußte seine Strategie neu überdenken. Wenn sie gar nicht wußte, was für Gefühle sie hatte, würde sie ihn natürlich niemals anflehen, sie zu lieben. Seine prickelnden Phantasien konnte er sich also abschminken. Trotzdem sollte sie den ersten Schritt unternehmen, denn dann würde er weitaus besser dastehen und wäre nicht gezwungen zuzugeben, daß er ihre Verkleidung schon lange durchschaut hatte.
»Sind diese Gefühle sehr unangenehm?« erkundigte er sich scheinheilig.
Georgina runzelte die Stirn. Unangenehm? Sie waren eher unheimlich, weil sie niemals zuvor etwas Derartiges gefühlt hatte, aber direkt unangenehm ...?
»Nicht sehr«, gab sie zu.
»Nun, dann würde ich mich an deiner Stelle nicht weiter darum kümmern. Von solchen Geschichten habe ich schon genug gehört.«
Sie horchte überrascht auf. »Haben Sie?«
»Natürlich. Ich kenne auch ein Mittel dagegen.«
»Tatsächlich?«
»Wenn ich es dir sage. Geh ruhig zu Bett, mein Junge und überlaß die Sache mir. Ich werde mich persönlich darum kümmern. Darauf kannst du dich verlassen.«
Sein Grinsen war so niederträchtig, daß sie das Gefühl hatte, er machte sich über sie lustig. Vielleicht glaubte er ihr auch gar nicht...
21. Kapitel
»Schläfst du schon, George?«
Von wegen! Vor über einer Stunde hatte sie sich hingelegt, war aber immer noch hellwach. Diesmal konnte sie nicht einmal den Kapitän und sein schamloses Herumstolzieren für ihre Schlaflosigkeit verantwortlich machen, denn sowie sie in ihre Hängematte geklettert war, hatte sie ihre Augen fest zugemacht und seither nicht wieder geöffnet. Die pure Neugierde hielt sie heute vom Schlaf ab; ob der Kapitän tatsächlich wußte, an welcher Krankheit sie litt und ein Mittel zur Heilung kannte? Wenn es wirklich eine Medizin dagegen gab, was mochte es sein? Sicherlich war es irgendein wi-derliches Gebräu, das ekelhaft schmeckte - und wenn nicht, würde er schon dafür sorgen.
»George?«
Zunächst wollte sie die Schlafende mimen, aber was soll's, dachte sie dann. Ein Gang zur Kombüse, um irgend
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