Malory
daß Nicholas mit anderen Frauen gesehen wurde, und war außer sich vor Wut. Anscheinend hatte er entschieden, seine Gegenwart könne hilfreich sein.
Das junge Paar am Klavier beendete sein Duett, und einige der Gäste erhoben sich von ihren Sesseln, um sich die Füße zu vertreten, ehe das nächste Lied gesungen wurde.
Leuchtende Satinjacketts und dazu passende Kniebund-hosen zierten die modebewußteren Männer. Die verheira-teten Frauen zeichneten sich durch grelle Farben aus, denn die jungen Mädchen trugen Pastelltöne und Weiß.
Reggie kannte alle Anwesenden bis auf die Gastgeberin, Mrs. Hargreaves. George Fowler“ war mit seiner Schwester und seinem jüngeren Bruder gekommen. Sie hatte kürzlich Lord Percival Alden kennengelernt, einen guten Freund von Nicholas. Sogar Tonys derzeitige Freundin, die neben ihm saß, war ihr schon einmal begegnet. Und zu ihrer tiefen Erbitterung entdeckte sie auch Selena Eddington, in der Begleitung eines alten Freundes von Tony.
»Nicholas.« Reggie legte ihre Finger sachte auf seinen Arm. »Du mußt mich unserer Gastgeberin vorstellen, ehe Georges Schwester mit ihrem Vortrag beginnt.«
Sie spürte, wie sich sein Arm unter ihrer Hand verkrampfte, und lächelte, als sie ihm vorausging, auf Mrs.
Hargreaves zu. Nun muß ich wirklich ganz bewußt darauf achten, ihn häufiger zu berühren, dachte sie.
Der Abend verlief nicht so, wie sie es sich wünschte.
Beim Essen war sie an dem langen Tisch weit von Nicholas entfernt plaziert worden. Er saß neben der Gastgeberin, einer attraktiven vollschlanken Frau, gab sich charmant und nahm mit seinen Erzählungen nicht nur sie, sondern auch alle übrigen Damen in seiner Nähe gefangen.
Reggie unterhielt sich so angeregt wie möglich mit George, aber es war schwer, fröhlich und überschwenglich zu sein, wenn sie gleichzeitig derart traurig war. Der üble Lord Percival zu ihrer Rechten half ihr auch nicht weiter, denn er gab ständig Äußerungen über Nicholas von sich, die ihre Blicke wieder und immer wieder auf ihren Verlobten zogen und sie zwangen, alle Anzeichen, die sie schon
öfter
wahrgenommen
hatte,
wiederzuerkennen.
Nicholas verhielt sich Mrs. Hargreaves gegenüber nicht etwa nur charmant, sondern er vermittelte den Eindruck eines Mannes, der auf die Jagd ging.
Während der Abend voranschritt, vergaß Reggie den triumphalen Augenblick, wo sie Nicholas aus der Fassung gebracht hatte. Er sah sie während des Essens nicht ein einziges Mal an. Es fiel ihr schwer, auch nur das matteste Lächeln für ihre Tischgenossen auf ihr Gesicht zu zaubern, und sie dankte dem Himmel dafür, daß Tony nicht in ihrer Nähe war. Wenn sie in dem Moment seine bissi-gen Kommentare über sich hätte ergehen lassen müssen, wäre sie in Tränen ausgebrochen.
Reggie war maßlos erleichtert, als sie sich endlich gemeinsam mit den anderen Damen aus dem Saal zurückziehen konnte. Doch sie hatte nur wenige Minuten Zeit, um sich wieder zu fangen, ehe die Männer in den Salon schlenderten. Sie hielt den Atem an und wartete gespannt ab, ob Nicholas sie weiterhin ignorieren würde. Er ging direkt auf Mrs. Hargreaves zu, ohne seine Verlobte auch nur eines einzigen Blickes zu würdigen.
Das reichte. Ihr Stolz ließ es nicht zu, daß sie blieb. Und wenn ihr Onkel auch nur ein Wort über Nicholas geäußert hätte, was jederzeit passieren konnte, wäre sie explodiert.
Als sie George Fowler bat, sie nach Hause zu bringen, riß er vor Freude seine durchscheinenden grünen Augen auf. Aber dann fragte er: »Und was ist mit deinem Onkel?«
»Auf den bin ich eher böse.« Sie war es einerseits, ande-rerseits aber auch nicht, doch es diente ihr als ein Vorwand. »Und außerdem hat er selbst eine Dame mitgebracht. Es ist mir wirklich unangenehm, mich dir aufzu-drängen, George. Du hast selbst deine Schwester dabei.«
»Mein Bruder kann sich um sie kümmern, keine Angst«, verkündete er lächelnd.
Nun ja, dachte sie griesgrämig, wie schön, daß wenigstens irgend jemand mich mag.
15.
»Ich frage mich, wieso Sie es sofort merken, wenn sie mit einem anderen den Raum verläßt.«
Nicholas wirbelte herum und starrte in Anthony Malorys Augen, die ihn fest ansahen. »Sie folgen mir, Mylord?«
»Wozu sollte ich bleiben, wenn der Auftritt vorbei ist?‹
erwiderte Anthony liebenswürdig. »Eine grandiose Dar-bietung war es noch zudem. Sie ist erst seit zehn Minuten fort, und schon gehen Sie auch. Das wirkt nicht gut.«
Nicholas funkelte ihn wütend an. »Es
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