Malory
regelrecht feindselig verhalten und mit Meg hitzige Wortgefechte ausgetragen, wobei jeder sein Territorium verteidigt hatte.
Nach der Geburt des Babys änderte sich all das abrupt.
Harris erwärmte sich für Reggie, oder, genauer gesagt, für Meg. Zum Erstaunen beider entdeckten sie tiefere Ge-fühle für einander. Sie waren in letzter Zeit sogar zusammen ausgegangen und verstanden sich prächtig, solange Meg nichts Abfälliges über den Vicomte äußerte.
Sie stellte das Tablett mit einem Knall ab. »Mach dir keine Gedanken über diesen starrköpfigen Kerl, mit dem ich meine Zeit vergeudet habe. Ich glaube nicht, daß ich das noch einmal tue. Was macht er in dem Moment, wo er hört, daß der Vicomte hier ist? Ohne auch nur ein Wort zu sagen, stürzt er nach oben zu seiner Lordschaft! Und ich hätte ihm den Ärger ersparen können. Tess hat mir gerade berichtet, daß eine weitere Flasche Cognac ins Musikzimmer gebracht wurde.«
»Ins Musikzimmer? Ach so, ja.« Reggie kicherte. »Das Musikzimmer. Ich hatte ganz vergessen, was aus seinem Arbeitszimmer geworden ist.«
»Tess sagte, er hätte sich dort mit Lady Ellie gestritten«, teilte Meg ihr mit.
»Wirklich? Ich fürchte, das interessiert mich nicht.«
»Unsinn!« schalt Meg. »Du würdest deinen Augapfel dafür geben, wenn du wüßtest, was sie über dich geredet haben.«
»Du gehst also davon aus, daß sie sich über mich ge-zankt haben.«
»Worüber denn sonst?«
»Ja, worüber sonst?« fragte Nicholas aus der offenste-henden Tür.
Meg war zerknirscht und verfluchte sich, weil sie die Tür nicht geschlossen hatte. Reggie, die auf dem Fußboden lag, bog ihren Kopf zurück, um ihren Mann von unten anzusehen. Sie lag flach auf dem Rücken, und ihr Sohn ausgestreckt auf ihrer Brust. Langsam setzte sie sich auf.
Nicholas trat näher und sah einen kleinen Kopf auf ihrer Schulter. Eine Faust war auf den Mund gepreßt. Schwarze Haarbüschel und strahlend blaue, unverwechselbare Augen. Durch und durch ein Malory.
Er ging um sie herum und hielt ihr seine Hand hin.
»Tust du das oft, Liebling?«
Sie ließ sich von seinem sanften Tonfall nicht zum Narren halten. Seine Lippen waren verkniffen, und in seinen Augen stand hitziger Zorn. Gefiel ihm sein Sohn denn überhaupt nicht? Wie konnte er dastehen und ihn ansehen, ohne begeistert zu sein? Ihr mütterlicher Stolz erwachte augenblicklich. Sie nahm seine Hand und stand auf, kehrte ihm aber sofort den Rücken. »Wenn du nicht gekommen bist, um dir Thomas anzusehen, dann kannst du auch wieder gehen«, verkündete sie frostig.
»Natürlich, ich bin gekommen, um ihn mir anzu-schauen.« Nicholas lächelte grimmig. »Du hast ihn Thomas genannt, nach deinem Vater?«
Reggie legte das Baby behutsam in sein Bett und beugte sich hinab, um es zu küssen. Dann drehte sie sich zu ihrem Mann um. »Thomas Ashton Malory Eden.«
»Damit ist deine Familie ja recht deutlich vertreten, stimmt's?«
Sein Sarkasmus brachte sie in Wut. »Wenn du gewollt hättest, daß er nach deiner Familie benannt wird, hättest du bei der Geburt hier sein müssen.«
»Warum hast du mir nichts von ihm gesagt?«
Ihre Augen zogen sich zu schmalen Schlitzen zusammen. Im nächsten Moment würden sie einander anschreien, und das konnte sie im Kinderzimmer nicht dulden.
»Meg, bleib doch bitte bei Thomas, bis Tess wiederkommt, ja?« Dann wandte sie sich zu Nicholas. »Meine Zimmer liegen auf der anderen Seite des Korridors. Falls du diese Unterhaltung fortsetzen willst, kannst du mich dort besuchen.«
Reggie wartete nicht auf ihn, sondern stolzierte durch den Gang und in ihr Wohnzimmer. Nicholas folgte ihr und knallte die Tür hinter sich ins Schloß. Sie drehte sich um und starrte ihn erbost an. »Wenn du Türen zuschlagen willst, dann tu das bitte in einem anderen Teil des Hauses.«
»Wenn ich Türen zuschlagen will, was ich im Moment übrigens gar nicht getan habe, tue ich das überall in meinem Haus. Und jetzt antworte mir! Warum hast du mir nichts gesagt?«
Welche Erklärung sollte sie ihm geben? Es widerstrebte ihr einzugestehen, daß sie ihn nicht damit hatte halten wollen. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihn überhaupt mit irgend etwas hätte halten können, nicht, nachdem er nicht die Spur von Freude über seinen Sohn gezeigt hatte.
Schließlich fragte sie ganz einfach: »Hätte das denn überhaupt irgendwas geändert?«
»Wie sollen wir das je wissen, nachdem du mir kein Wort davon erzählt hast?« Sein Verhalten nahm einen Hauch von
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