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Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 08. Gefangener des Herzens
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Der beschei-dene, freundliche, heiratswütige Wilbur? Warum sollte er ihr das antun? Warum fragte er nicht nach Beweisen, bevor er sie einem Skandal aussetzte? Weil er sich von ihr getäuscht fühlte?
    Dabei war es nicht so, dass sie ihm nicht von ihrem Vater erzählt hätte, falls ihre Beziehung ernster geworden wäre.
    Nun, vielleicht hätte sie nicht unbedingt verraten, dass ihr Vater als echter Pirat die Meere durchpflügte, sondern lediglich darauf hingewiesen, dass er im Seehandel tätig war. In den hö-
    heren Kreisen hätten viele ihn als Schandfleck betrachtet, dabei hatten die meisten selbst ein schwarzes Schaf in der Familie. Und der Stammbaum ihrer Mutter war tadellos.
    Gabrielle war so tief in Gedanken versunken, dass sie das Klopfen an der Haustür überhört hatte, das Handgemenge, das in der Eingangshalle entstanden war, war jedoch laut genug, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Sie warf Avery einen kurzen Blick zu und sagte: »Entschuldigen Sie mich einen Moment.«
    »Natürlich.«
    Kaum hatte sie die Halle betreten, schnappte sie ungläubig nach Luft, denn sie musste feststellen, dass Ohr sich mit dem Butler der Malorys auf dem Boden wälzte. Das war natürlich ein ungleicher Kampf. Ohr brauchte sich kaum anzustrengen.
    Er war ein kräftiger Mann in den besten Jahren, Artie dagegen ein sehr zart gebauter, runzliger alter Seemann.
    Beinahe hätte Gabrielle losgeprustet, doch stattdessen sagte sie vorwurfsvoll zu Ohr: »Das ist aber nicht die richtige Art, seinen Besuch anzukündigen.«
    »Doch das ist richtig, wenn einem die Tür vor der Nase zu-geschlagen wird«, entgegnete Ohr und schaute zu ihr hoch.
    Er lag auf dem Boden und hatte den Butler, der sich mit einer Hand an Ohrs langem Zopf festhielt, im Schwitzkasten.
    Die Männer waren ähnlich angezogen, beide trugen abge-wetzte Stiefel, abgeschnittene Hosen und weite Hemden. Gabrielle hatte sich nie daran gewöhnen können, dass die Malorys einen Butler hatten, der dem Aussehen und der Redeweise nach eher auf ein Piratenschiff gepasst hätte.
    In dem Moment, in dem Gabrielle das Wort ergriff, hatten die zwei Männer aufgehört zu kämpfen. Nun sagte Artie zu Ohr: »Glaubst du, ich wüsste nich’, dass der Käpt’n gesagt hat, ihr sollt draußen bleiben? Ich weiß, was ich zu tun habe, du verdammter Wicht, ich darf dich nicht reinlassen.«
    Ohr machte ein abfälliges Geräusch. »Ich wäre ja gern draußen geblieben, Seemann, wenn du Gabby nur mitgeteilt hättest, dass ich sie sprechen muss, anstatt mich einfach weg-zuschicken.«
    »Sie war beschäftigt! Das hab ich doch gesagt!«
    »Und ich habe dir gesagt, dass die Sache nicht warten kann.«
    Gabrielle schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Lass ihn los, Ohr. Was kann denn nicht warten?«
    Ohr rappelte sich auf und entfernte sich von Artie. Mit einem Seitenblick auf Gabrielle sagte er: »Ich muss allein mit dir sprechen.« Er sah nicht nur ernst aus, er klang auch so.
    Ohr ließ Gabrielle keine Zeit, ihm weitere Fragen zu stellen. Er nahm sie einfach beim Arm und zog sie zur Haustür, vor der sich flugs Artie aufbaute, um ihnen den Weg zu ver-sperren.
    »Denk nich’ mal dran, Junge«, drohte der Butler. Du nimmst sie nirgendwohin mit oder ich ruf den Käpt’n, dann wünschst du dir, du wärst tot.«
    Ohr schimpfte: »Jetzt habe ich aber genug von dir ...«
    Doch Gabrielle unterbrach ihn, indem sie ihm beruhigend die Hand auf den Arm legte, dann sagte sie zu Artie: »Es ist in Ordnung. Er ist ein sehr guter Freund von mir und ein treuer Gefolgsmann meines Vaters. Er wird mir nichts tun.«
    Ohr wartete die Erlaubnis des Butlers gar nicht ab. Er führ-te Gabrielle durch die Haustür zu der Kutsche, mit der er gekommen war. Gabrielle hatte nicht damit gerechnet, irgendwo einsteigen zu müssen, um reden zu können, doch sie erhob keinerlei Einwände.
    »Du hast also schon von dem Skandal erfahren?«, riet sie.
    »Was für ein Skandal?«, fragte Ohr.
    »Vergiss es, darüber können wir später reden.«
    »Gut, denn wir müssen einige Entscheidungen treffen.
    Pierre hat deinen Vater als Geisel genommen und der Preis, den er verlangt, bist du.«

Kapitel 20
    Während der Kutschfahrt war Gabrielle wie gelähmt. Dieser Schock hatte ihr nach den vergangenen Tagen gerade noch gefehlt.
    Ohr führte sie in das Zimmer, das er und Richard in der Nähe des Hafens gemietet hatten. Bixley, ein Ire mit karotten-roten Haaren, der Ohrs bester Freund war, wartete dort mit Richard auf sie. Gabrielle war

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