Malory
auftauchen.«
Mit einem Fluch drehte sich Anthony nach James um, der seine Blicke taktvoll auf den Springbrunnen gerichtet hielt. Die Hände immer noch auf Roslynns Hüften, hob er sie vom Geländer. Sie hatte ihre Beine um seine Taille geschlungen und lag mit geschlossenen Augen, geöffneten Lippen und geröteten Gesicht in seinen Armen. Er bezweifelte stark, daß sie James überhaupt gehört hatte.
»O Gott«, murmelte er frustriert, während er sie behutsam auf die Beine stellte. »Wir werden das bei nächster Gelegenheit fortsetzen müssen, Liebling.«
Sie taumelte mit weichen Knien einen Schritt zurück, und er beobachtete fasziniert, wie ihr Blick sich allmählich klärte, wie sie die Augen weit aufriß und im nächsten Moment zu Schlitzen verengte. Er sah nicht einmal, daß ihre Hand zum Schlag ausholte, aber ihre Ohrfeige war wirklich nicht von schlechten Eltern.
»Eine
nächste
Gelegenheit
wird
es
nicht
geben,
Mann«, sagte sie leise, aber mit einem Nachdruck, der deutlich verriet, daß sie innerlich vor Zorn bebte. »Ihnen ist nicht zu trauen, also bleiben Sie mir gefälligst in Zukunft vom Leibe!«
Sie eilte davon, und Anthony versuchte nicht, ihr zu folgen. Er schwang sich auf das Geländer und blickte ihr nach, während er sich versonnen die Wange rieb.
»Ich hatte mich schon gefragt, wann das schottische Temperament
durchbrechen
würde«,
grinste
er,
als
Ja-
mes an seine Seite trat.
»Ich würde sagen, daß du noch ganz gut davongekommen bist.«
Anthony grinste noch breiter. »Sie hat dich nicht einmal bemerkt.«
»Du prahlst doch wohl nicht, Bruderherz?«
»Ich fühle mich nur außerordentlich geschmeichelt, alter Junge.«
»Nun, nachdem du dir ihre Sympathien vorerst ver-scherzt hast, wirst du ja wohl nichts dagegen haben, wenn ich mein Glück versuche?«
Anthonys Miene verdüsterte sich schlagartig. »Laß ge-fälligst die Finger von ihr, James!«
Eine blonde Braue hob sich. »Du bist ziemlich besitzergreifend, findest du nicht auch? Denk daran - erobert hast du sie noch nicht, mein Junge.«
Kapitel 1 1
Justin
Warton
war
ein
so
angenehmer
Gesellschafter,
daß Roslynns Stimmung sich in viel kürzerer Zeit besserte, als sie nach dem Vorfall zu hoffen gewagt hätte. Sie war beim Verlassen des Wintergartens unglaublich wü-
tend gewesen, auf Anthony und auch auf sich selbst, und ihre Laune hatte sich nur noch verschlechtert, als sie Frances auf der Schwelle zum Salon in die Arme gelaufen war und die Freundin sie rasch nach oben gescheucht hatte, um ihre Frisur zu richten. Sie selbst hatte gar nicht bemerkt, wie dieser schreckliche Kerl ihr Haar zugerichtet hatte. Es legte ein beredtes Zeugnis von den Gescheh-nissen ab, und Frances hatte ihr denn auch eine strenge Strafpredigt gehalten, die sie - wie sie zugeben mußte -
wirklich verdient hatte.
Sie wußte, daß sie töricht gewesen war, wußte, daß sie ein enormes Risiko eingegangen war. Das brauchte ihr niemand
klarzumachen.
Aber
sie
konnte
Frances
auch
nicht böse sein, denn der Ärger ihrer Freundin hatte seinen Ursprung in Liebe und Fürsorge. Sie wurde nur noch wütender auf sich selbst, weil sie wider besseres Wissen gehandelt und Frances beunruhigt hatte.
Nach einer langen Tirade über Sir Anthonys üblen Ruf hatte Frances ihr geraten: »Du darfst einfach nie mehr mit ihm allein bleiben, Ros, besonders weil du von ihm derart fasziniert bist.«
»Das habe ich nie gesagt, Frances.«
»Das brauchst du auch nicht. Ich habe es dir sofort angesehen, als Regina ihn uns vorstellte. Und mir ist auch nicht entgangen, wie er dich anschaute. Sich im Wintergarten von ihm küssen zu lassen, ist eine Sache, aber du weißt selbst, daß es dabei nicht geblieben wäre, wenn ihr euch ein verschwiegeneres Plätzchen ausgesucht hättet.«
Roslynn
verschwieg
ihr
wohlweislich,
daß
es
nicht
beim Küssen geblieben war und sogar dort im Wintergarten noch viel mehr hätte passieren können, wenn Anthony
nicht
glücklicherweise
noch
beizeiten
zur
Vernunft
gekommen wäre. Sie selbst hätte jedenfalls nicht einmal den
Versuch
unternommen,
sich
zu
befreien
-
nicht,
nachdem er sie in einen solchen Sinnesrausch versetzt hatte.
»Du hättest mir erzählen sollen, daß du ihm beim Ball der Crandals begegnet bist«, fuhr Frances gekränkt fort.
»Dann hätte ich dich auch früher warnen können, den es ist ja nicht zu übersehen, daß er dich als seine nächste Eroberung erkoren hat.«
»Frances, du
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