Malory
dir erheblich schaden könn-te. Deshalb war sie auch so angetan von dem Vorschlag des Mädchens und hat sich sogar selbst auf den Weg gemacht, um diese Leute anzuheuern.«
Roslynn
runzelte
die
Stirn.
»Trotzdem,
wenn
soviel
Dienstboten Bescheid wissen...«
»Oh, was das anbelangt, brauchst du dir keine Sorgen zu machen, Mädchen. Lady Frances hat gute Leute, aber zur Sicherheit habe ich mit jedem von ihnen noch ein Wörtchen geredet, und ich glaube kaum, daß etwas von dieser Geschichte nach draußen dringen wird.«
Roslynn kicherte. »Du wirst mir später erzählen müssen,
mit
welchen
Drohungen
du
sie
eingeschüchtert
hast. Jetzt haben wir dazu leider keine Zeit. Geh und pack schnell ein paar Sachen ein, und ich werde das gleiche tun. Wir treffen uns unten. Du fährst dann zunächst einmal in nördliche Richtung, bis du ganz sicher bist, daß niemand dir folgt. Erst dann darf der Kutscher den Weg nach Hampshire einschlagen. Ich werde ein Stück weit nach Süden fahren und später kehrtmachen. Es könnte deshalb sein, daß ich erst eine ganze Weile nach dir ankomme. In diesem Fall darfst du dir keine Sorgen machen. Lieber nehme ich einen riesigen Umweg in Kauf, als noch einmal Geordie in die Hände zu fallen. Beim nächstenmal würde er bestimmt dafür sorgen, daß ich nicht fliehen könnte.«
Kapitel 16
Roslynn hämmerte verzweifelt an die Tür. Sie war so nervös, daß sie sogar vor ihrem eigenen Schatten erschrak, als sie einen Blick über die Schulter warf, um sich zu vergewissern, daß die alte Kutsche noch wartete und der Kutscher sie im Auge behielt. Gegen Geordie und seine
gedungenen
Ganoven
würde
er
allerdings
nicht
viel ausrichten können.
Das Bewußtsein, ein unnötiges Risiko eingegangen zu sein, trug erheblich zu ihrer Nervosität bei. Sie hatte Nettie versprochen, London so schnell wie möglich hinter sich zu lassen. Doch statt dessen war sie auf direktem Wege hierher gekommen und hatte nicht einmal darauf geachtet, ob sie verfolgt wurde. Sie hämmerte im Rhythmus ihres rasenden Herzklopfens immer weiter an diese verdammte Tür, die sich nicht öffnen wollte, während Geordie sich vielleicht schon an sie heranschlich.
Als die Tür nach einer Ewigkeit dann noch geöffnet wurde, hätte sie in ihrer Hast, ins Haus zu kommen, fast den Butler über den Haufen gerannt. Sie warf die Tür ins Schloß, lehnte sich dagegen und rang nach Luft, während der Butler sie völlig entgeistert anstarrte.
Schließlich besann er sich jedoch auf seine Würde, zupfte sein Jackett zurecht und räusperte sich energisch.
»Also wirklich, Miß...«
Sie fiel ihm hastig ins Wort, und diese Ungezogenheit sowie der schottische Dialekt diskreditierten sie in seinen Augen nur noch mehr. »Ach, Mann, halten Sie mir keine Standpauke! Es tut mir leid, daß ich hier so reinplatze, aber dies ist ein Notfall. Ich muß mit Sir Anthony sprechen.«
»Das ist völlig ausgeschlossen«, erklärte er hoheitsvoll.
»Sir Anthony empfängt heute abend nicht.«
»Heißt das, daß er nicht zu Hause ist?«
»Das heißt, daß er für Besucher nicht zu sprechen ist«, erwiderte der Butler unverblümt. »Ich habe meine An-weisungen, Miß. Wenn sie jetzt bitte so gut wären...«
»Nein!« rief sie erbittert, als er seine Hand auf den Türgriff legte. »Haben Sie mich nicht verstanden, Mann? Ich muß ihn sehen!«
Er öffnete ungerührt die Tür. »Hier werden keine Aus-nahmen gemacht.« Doch als er sie am Arm packte und über
die
Schwelle
schieben
wollte,
attackierte
Roslynn
ihn mit ihrem Handtäschchen. »Das ist nun wirklich die Höhe!« schnaubte der Mann indigniert.
»O Mann, Sie sind ganz schön bescheuert!« erklärte Roslynn mit eisiger Ruhe, obwohl ihre Augen vor Zorn funkelten. »Ich werde dieses Haus nicht verlassen, bis ich Anthony gesehen habe. Nachdem ich das Risiko eingegangen bin herzukommen, lasse ich mich nicht einfach abweisen, haben Sie mich verstanden? Sagen Sie ihm - sagen Sie ihm, daß eine Dame ihn zu sprechen wünscht. Tun Sie, was ich Ihnen sage, Mann, oder ich schwöre Ihnen...«
Dobson wartete nicht, bis sie ihre Drohung ausgesprochen hatte, sondern stieg in steifer Haltung die Treppe hinauf - allerdings betont langsam. Und das will nun eine Dame sein! dachte er sarkastisch. Er stand nun schon seit vielen Jahren in Sir Anthonys Diensten, aber so etwas hatte er noch nie erlebt. Damen griffen nicht einen Mann an, der nur seine Pflicht tat. Sir Anthony mußte wirklich tief gesunken
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