Malory
Blitz!«
Er hatte Roslynn bei der schwachen Beleuchtung erst jetzt bemerkt. Im nächsten Moment packte Anthony den Räuber am Handgelenk und riß ihn nach vorne, während seine Faust im Gesicht des Mannes landete. Der Bandit stürzte wie ein Stein zu Boden, und Anthony stellte ihm seelenruhig ein Bein auf den Rücken, damit er nicht aus der Kutsche rutschte, bevor er ihm die Pistole abgenommen hatte.
»Sei ein braves Mädchen und bleib hier, während ich mal nachsehe, ob der Kerl allein ist.«
Bevor Roslynn etwas sagen konnte, sprang er hinaus, der Räuber glitt langsam auf die Straße hinab, und sie blieb allein in der Kutsche zurück. Noch nie in ihrem Leben hatte sie solche Angst ausgestanden, nicht einmal um sich selbst. Anthony war in Gefahr... Jeden Moment konnten weitere Schüsse fallen...
Zum Glück kam er nach kürzester Zeit lächelnd zu-rück. »Unser sehr mitgenommener Kutscher - es scheint auch für ihn der erste Überfall gewesen zu sein - meint, der Bursche sei allein gewesen.«
Grenzenlos
erleichtert,
machte
Roslynn
ihrem
Herzen
Luft. »Was, zum Teufel, hast du dir dabei gedacht, mir einen
solchen
Schrecken
einzujagen?
Du
könntest
jetzt
tot sein!«
Er hob erstaunt die Brauen. »Liebes Kind, was hast du dir denn vorgestellt, als du mich aufgefordert hast, etwas zu tun?«
»Jedenfalls wollte ich nicht, daß du umgebracht wirst!«
»Das
freut
mich
zu
hören«,
erwiderte
er
trocken.
»Aber jetzt ist es vorbei, also genug davon.«
»Ich laß mir nicht vorschreiben...«
Er zog sie auf seinen Schoß und erstickte ihre Worte mit einem Kuß. Als er sich von ihren Lippen löste, grinste er ihr zu. »So ist's besser. Jetzt kannst du wenigstens an etwas
anderes
als den
Überfall
denken,
und
du
kannst sicher sein, daß wir dies später fortsetzen werden.« Er ließ sie sanft wieder auf den Sitz neben sich hinabgleiten und griff nach der Champagnerflasche. »Aber jetzt brauche ich erst mal einen Schluck, und du kannst weiterschlafen.«
»Als ob ich jetzt schlafen könnte!« rief Roslynn, aber ihr Zorn war verflogen.
»Du solltest es lieber versuchen, Liebling, denn ich verspreche dir, daß du später nicht viel Gelegenheit zum Schlafen haben wirst.«
Sie erwiderte nichts darauf, aber sobald er sich mit dem Glas in der Hand zurückgelehnt hatte, machte sie es sich wieder an seiner Schulter bequem. Ihr Puls hatte sich normalisiert, obwohl sie auf eine derartige Erfahrung
gern
verzichtet
hätte.
Dies
war
ihre
Hochzeits-
nacht, und solche Dinge sollten einem in der Hochzeitsnacht wirklich erspart bleiben.
»Hör nächstes Mal nicht auf mich und spiel lieber nicht den großen Helden«, sagte sie ziemlich aggressiv, weil sie sich inzwischen ihrer Angst schämte. »So wichtig war der Schmuck auch wieder nicht.«
»Möglich, aber als dein Ehemann hätte ich ihn ersetzen müssen, und ich will meinen Geldbeutel nicht unnö-
tig strapazieren.«
»Dann hast du mich also doch wegen meines Geldes geheiratet?«
»Weshalb denn sonst?«
Sein Ton war so ironisch, daß sie ihm einen flüchtigen Blick zuwarf und dabei feststellte, daß er auf ihren Aus-schnitt
starrte.
Sie
hätte
fast
gelacht.
Weshalb
denn
sonst, in der Tat! Der Mann war durch und durch ein Wüstling, aber das hatte sie ja von Anfang an gewußt, und sie wußte auch, daß keine Hoffnung bestand, ihn je zu ändern.
Sie seufzte und überlegte, ob sie ihm erzählen sollte, daß er angenehm überrascht sein würde, falls er sie wegen ihres Geldes geheiratet hatte. Laut Ehevertrag würde er sehr großzügig bedacht werden. Und obwohl Anthony finanziell offenbar so gut gestellt war, daß er für seinen Lebensunterhalt nicht zu arbeiten brauchte, war er doch ein vierter Sohn und konnte einfach nicht so reich sein, um zu verachten, was diese Ehe ihm einbrachte.
Sie würde es ihm sagen müssen, aber nicht jetzt. Die Aufregung und Angst machten sich nun doch bemerkbar, und sie fiel innerhalb kürzester Zeit in einen tiefen Schlaf.
Kapitel 22
Anthony rüttelte Roslynn wach, als die Kutsche von der King's Road auf den Grosvenor Place einbog. Sie näherten sich Piccadilly und seinem Stadthaus gegenüber dem Green Park. Er hoffte, daß James sich noch irgendwo herumtreiben und Jeremy schon im Bett liegen würde, denn er verspürte nicht die geringste Lust, zu dieser spä-
ten Stunde Erklärungen abzugeben. Er hatte sich während der ganzen Fahrt, von dem kurzen Intermezzo mit dem Straßenräuber einmal abgesehen,
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