Malory
nicht anders haben.«
Und dann setzte er seinen Unterricht fort, mit einer sehr willigen und gelehrigen Schülerin.
Kapitel 23
»Was ist denn hier los? Sitzt einfach rum und grinst sich selbst zu, hat man sowas schon erlebt!«
Roslynn drehte den Handspiegel ein wenig und sah darin Netties empörtes Gesicht. Mit breitem Lächeln und leuchtenden Augen wirbelte sie auf dem Hocker herum und versuchte, eine Unschuldsmiene aufzusetzen.
»Habe ich gegrinst? Ich kann mir nicht vorstellen, warum.«
Nettie schnaubte, aber um ihre Lippen zuckte es verrä-
terisch. »Du bist wohl sehr zufrieden mit dir?«
Roslynn mochte sich nicht länger verstellen. »Ja! Ach, Nettie, ich hätte nie gedacht, daß ich so glücklich sein werde!«
»Kein Wunder, du hast dir ja auch wirklich einen hüb-schen Kerl geangelt. Aber mußtest du so ein Geheimnis daraus machen?«
»Er kam als Heiratskandidat für mich wirklich nie in Betracht. Sein Antrag war eine Riesenüberraschung.«
»Nun, bei dieser schrecklichen Eile hätte ich nicht zu hoffen gewagt, daß die Sache so gut ausgeht. Wenn du mit ihm glücklich bist, macht es mir nicht einmal etwas aus, daß dieses Haus so spartanisch ist und daß die Dienstboten langweilige Snobs sind.«
Roslynn kicherte. »Du hast offenbar Dobsons Bekanntschaft gemacht?«
»Ja. Ein richtiges Ekel. Aber es ist nicht verwunderlich, daß er so hochnäsig ist - ihm ist einfach zu Kopf gestiegen, daß alle anderen Dienstboten nach seiner Pfeife tanzen müssen. Es gibt keine Haushälterin, überhaupt kein weibliches Personal, nur zwei Mädchen, die ein paarmal in der Woche zum
Saubermachen
herkommen.
Sogar
kochen
tut
ein
Mann, und das ist auch so ein eingebildeter Knilch.«
»Ich sehe schon, daß du einigen Grund zur Klage hast, Nettie. Aber nimm es dir nicht so zu Herzen. Du vergißt, daß dies hier bisher ein reiner Junggesellenhaushalt war.
Ich bin sicher, daß Anthony gegen einige Veränderun-gen nichts einzuwenden haben wird. Es müssen neue Möbel her.« Sie blickte sich im Schlafzimmer um und überlegte, wie sie hier weibliche Akzente setzen könnte.
»Wir werden auch neue Dienstboten einstellen müssen.
In den nächsten Wochen werden wir also jede Menge zu tun haben.«
»Sei nicht allzu verschwenderisch, mir zuliebe schon gleich gar nicht. Und vergiß nicht, daß du jetzt einen Mann hast, den du fragen mußt, bevor du sein Geld ausgibst. Diese Geschöpfe sind in manchen Dingen sehr empfindlich.«
»Mach dir keine Sorgen, Nettie. Ich werde doch nicht sein Geld ausgeben, wenn ich soviel eigenes habe.«
»Auch
das
solltest
du vorher
mit
ihm
besprechen,
Mädchen. Ein Mann legt meistens Wert darauf, die Rechnungen seiner Frau zu bezahlen, mußt du wissen. Das Dumme an dir ist, daß viel zu lange alles nach deinem Kopf ging, auch bevor Duncan starb - Gott hab ihn selig. Aber jetzt bist du verheiratet. Du mußt Rücksicht nehmen und überhaupt vieles anders machen, wenn du nicht willst, daß der Haussegen bald schief hängt.« Es klopfte an der Tür, und Nettie erklärte: »Das wird dein Badewasser sein. Bist du in Eile, um mit deinem Mann zu Mittag essen zu können, oder hast du Zeit...«
»Ich habe jede Menge Zeit, Nettie. Anthony ist ausgegangen, glaube ich.« Roslynn errötete. »Ich habe noch halb geschlafen, als er es mir sagte. Aber er hat etwas von seinem
täglichen
Ausritt
und
verschiedenen
Erledigungen
erwähnt. Ich erwarte ihn erst zum Abendessen zurück und werde die Zeit nutzen, um mich im Haus umzusehen und die Dienstboten kennenzulernen. Und ich muß unbedingt an Frances schreiben und sie über alles informieren.« Mehr wollte sich Roslynn, die in der Nacht nicht viel zum Schlafen gekommen war, für diesen Tag nicht vornehmen.
Eine Stunde später verließ sie in einem leichten Musse-linkleid mit gelben und rosa Frühlingsblumen auf beigem Grund Anthonys Schlafzimmer, das jetzt ihr gemeinsames Zimmer war, und ging den kurzen Korridor entlang. Sie hatte bisher so gut wie gar nichts vom Haus gesehen,
aber
dem
war
leicht
abzuhelfen.
Allerdings
würde sie dazu Dobsons Hilfe benötigen. Nachdem auch andere Malorys hier wohnten, konnte sie nicht einfach eine Tür nach der anderen öffnen.
Ihre Gedanken verweilten bei diesen beiden anderen Hausbewohnern, Anthonys Bruder und Sohn. Sie fragte sich, ob ihr Mann jetzt zugeben würde, daß Jeremy Malory sein Sohn war. Er hatte eigentlich keinen Grund, es abzustreiten, zumindest nicht ihr gegenüber. Jeremy war ein
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