Malory
hübscher Bursche, ein Junge, auf den man stolz sein konnte, und er war das Ebenbild seines Vaters. Es war gerade lächerlich, daß Anthony die Vaterschaft leugnete, nachdem jeder nach dem ersten Blick auf Jeremy wissen mußte, wer ihn gezeugt hatte.
Sie
würde
mit
dem
Jungen
Freundschaft
schließen
müssen, aber das dürfte nicht allzu schwierig sein. James Malory war ein ganz anderer Fall. Sie hatte keinen Grund, allzu freundschaftliche Kontakte mit ihm zu pfle-gen, im Gegenteil, sie hatte allen Grund, ihn ein wenig auf Distanz zu halten. Sollte sie Anthony erzählen, daß James sie einmal geküßt hatte? Aber vielleicht wußte er das schon. Schließlich hatte er ja gesagt, daß er eifersüchtig auf seinen Bruder gewesen sei.
Sie lächelte, als sie an diese verrückte Unterhaltung zu-rückdachte. Sie wußte nicht, auf welche Weise Anthony es eigentlich geschafft hatte, sie davon zu überzeugen, daß er einen fantastischen Ehemann abgeben würde. Sie hatte ihre lang gehegten Vorurteile gegen Weiberhelden aufgegeben. Er würde ihr treu sein. Sie fühlte es, glaubte von ganzem Herzen daran und konnte ihr Glück kaum fassen. Was könnte sie sich noch mehr wünschen als Anthony Malory ganz für sich allein zu haben? Seine Liebe, brachte sie sich in Erinnerung. Aber auch das würde noch kommen. Bestimmt.
»Verdammt, was machen Sie denn hier.«
Roslynn blieb auf der obersten Treppenstufe stehen.
Jeremy Malory war auf dem Weg nach oben gewesen, stand wie angewurzelt auf der Treppe und brachte vor Staunen den Mund nicht mehr zu. Das boshafte Teufel-chen in Roslynn beschloß, den Jungen, der von der Hochzeit offensichtlich noch nichts gehört hatte, ein biß-
chen zu foppen.
»Ich habe die Nacht hier verbracht.«
»Die Nacht hier verbracht?« wiederholte er.
»Ja, und ich gedenke hier einzuziehen.«
»Aber - aber hier wohnen nur Junggesellen!«
»Räume gibt es doch hier genug, meinst du nicht auch?
Und dem Haus könnte eine weibliche Note nur guttun.«
»Finden Sie?« fragte er verwirrt, nur um gleich darauf den Kopf zu schütteln. »Aber es gehört sich nicht... Ich meine, Sie sind eine Dame - ich meine. . . Na ja, Sie wissen schon, was ich meine. Es wäre einfach unpassend.«
»Ja?« Roslynn grinste. »Dann werde ich mit deinem Vater sprechen müssen. Er besteht nämlich darauf, daß ich hierbleiben soll.«
»Mein
Vater?«
Jeremy
schnappte
nach
Luft,
»Ver-
dammt, wie konnte er nur? Onkel Tony wird an die Dek-ke gehen. Er hatte doch selbst ein Auge auf Sie geworfen. Verflucht, jetzt setzt er uns bestimmt an die Luft.«
Roslynn erkannte, daß es an der Zeit war, das Spiel zu beenden. Sie hatte nicht gedacht, daß der Junge so aus der Fassung geraten würde. »Jeremy«, begann sie freundlich, »du brauchst nicht mehr zu schwindeln. Ich weiß, daß Anthony dein Vater ist. Es tut mir leid, daß ich dich aufgezogen habe.
Ich ziehe hier ein, weil ich deinen Vater gestern geheiratet habe. Er hätte es dir wirklich selbst sagen sollen.«
Er starrte sie wieder mit weit geöffnetem Mund an, faßte sich diesmal aber schneller. »Sie meinen doch Anthony, wenn Sie von meinem Vater sprechen? Und Sie haben Anthony Malory geheiratet?«
»Kommt dir das so unwahrscheinlich vor?«
»Ich - ich glaube es einfach nicht. Tony und heiraten?
Das würde er niemals tun.«
»Und warum nicht, kannst du mir das sagen?«
»Es ist einfach ausgeschlossen. Er ist ein eingefleischter Junggeselle. Alle Weiber sind ganz verrückt nach ihm. Wozu brauchte er da eine Frau. . . «
»Vorsicht,
Junge!«
warnte
Roslynn
ihn
etwas
steif.
»Du bist nahe daran, mich zu beleidigen.«
Er bekam einen hochroten Kopf. »Ich - ich bitte um Verzeihung,
Lady
Chadwick.
Wirklich,
ich
wollte
Sie
nicht beleidigen.«
»Ich bin jetzt Lady Malory, Jeremy.« Sie streckte die Hand aus und deutete auf ihren Ehering. »Wir wurden gestern abend auf Silverley getraut, und deine Kusine Regina war Trauzeugin. Du kannst es also wirklich glauben, Junge. Ich habe keinen Grund, dich zu belügen, und du kannst ja auch deinen Vater fragen, sobald er nach Hause kommt.«
»Mein Vater war auch dabei?«
Roslynn seufzte. »Wie könnte er bei seiner eigenen Hochzeit nicht anwesend sein?«
»Nein, ich meinte doch James. Er ist mein Vater, müssen Sie wissen. Er ist es wirklich.«
Jetzt war Roslynn an der Reihe, überrascht zu sein, denn sie sah dem Jungen an, daß er die Wahrheit sagte.
»Aber du siehst Anthony doch so ähnlich!«
»Ich weiß.«
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