Mama muss die Welt retten - wie Mütter vom Wickeltisch aus Karriere machen
Friederike Zöllner. Eine klassische Buchhandlung mit Kaffeeladen-Flair, großer Kinderabteilung, einladenden Leseecken und vielen schönen alten Möbeln aber auch ein Ort, an dem Anwohner, Touristen und manchmal auch ein paarprominente Gesichter zu abendlichen Lesungen und Signierstunden aufeinandertreffen. Ein Laden, geführt von einer Ur-Berlinerin.
Isa hatte Friederike damals im Existenzgründerkurs kennengelernt, und da die beiden in der Nachbarschaft wohnen und arbeiten, sind sie bis heute in Kontakt. In ihrer Zielstrebigkeit und Konzentration auf das Wichtige sowie in ihrem unaufgeregten Pragmatismus sind sich beide sehr ähnlich.
Das Seminar hat Friederike auf die Gründung ihres eigenen Buchlokals vorbereitet. Seit dessen Eröffnung im Dezember 2011 musste sie schon etliche Höhen und Tiefen meistern. Persönliche, wie die niederschmetternde Krebsdiagnose ihres Mannes, der den Kampf wenige Monate später verlor, die Trauer um ihren Mann und um ihre nur wenige Monate zuvor verstorbene Mutter – Trauer, für die sie bis heute nicht den nötigen Raum zum Innehalten bekommen konnte.
Aber auch Höhen, wie die rasant steigende Zahl von Unterstützern in der Nachbarschaft, die darauf warten, dass endlich das Buchlokal in Pankow eröffnet, und die über die Facebook-Seite an der Entstehung des Ladens teilnahmen.
Bücher waren für Friederike schon immer gleichbedeutend mit Träumen. In der ehemaligen DDR aufgewachsen, machte sie eine Ausbildung im heutigen Druckhaus Friedrichshain zur Buchbinderin. In dieser Zeit lernte sie ihren späteren ersten Mann, den Musikmanager und Produzenten Reyk Zöllner kennen. Sie, ihre Eltern und ihr Bruder lasen viel, und Bücher hatten einen hohen Stellenwert in ihrer Familie. Ihre Mutter arbeitete etliche Jahre als Sachbuchlektorin im damaligen Kinderbuchverlag Berlin. DenFall der Mauer und die Wende erlebte Friederike aus nächster Nähe im Berliner Prenzlauer Berg, wo sie aufwuchs und bis zu ihrer eigenen Familiengründung lebte. Das Berlin der Wende, als Künstler, Hausbesetzer, Punks, DJs, Raver, Galeristen, Politiker, Geschäftsleute und internationale Investoren die einst zweigeteilte Stadt, in der damals wie heute alle Zeichen auf Aufbruch und Wandel standen, bevölkerten.
Die Zeit kurz vor dem Fall der Mauer war für sie sehr prägend. Sie ging zu Demos, verfolgte gebannt die Nachrichten; in dieser Zeit formte sich ihr politisches Weltbild und sie wurde erwachsen. Im Herbst 1989 war sie 18 Jahre und bewohnte als Auszubildende eine Einzimmerwohnung in Prenzlauer Berg. Die Wende eröffnete ihr plötzlich ganz neue Möglichkeiten der Berufswahl. Was würde sie jetzt tun? Das Abi nachholen? Vielleicht studieren? Oder in die Buch-Restauration gehen? Sie entschied sich für eine zweite, eine kaufmännische Ausbildung, denn sie wollte nicht jahrelang drauflos studieren ohne konkreten Plan.
Nach gut drei Jahren in einem Vertriebsunternehmen im Berliner Stadtbezirk Steglitz brachte sie ihren ersten Sohn Ramón zur Welt. Bereits drei Jahre zuvor war das junge Paar in den ruhigeren und grüneren Nachbarbezirk Pankow gezogen – aus der Sicht eines Berliners bereits damals eine idealere Umgebung für junge Familien. Friederike blieb die ersten zwei Jahre mit ihrem Sohn zu Hause, kehrte nicht in ihren alten Job zurück, sondern absolvierte ein Praktikum und Volontariat in einem Berliner Independent-Verlag, dessen Bücher sie verzauberten. In einer darauffolgenden Festanstellung im Verlagsvertrieb alsGebietsleiterin Ost, holte sie sich innerhalb von knapp 10 Jahren das nötige Rüstzeug für die Verwirklichung ihres späteren Traumes. Noch während des Volontariates trennte sich Friederike von Reyk und teilt sich mit ihm bis heute das Sorgerecht für Ramón.
Im Jahr 2006 lernte sie bei einer beruflichen Veranstaltung ihren zweiten, inzwischen verstorbenen Ehemann, den damaligen Vertriebsleiter des Berlin Verlag Uli Hörnemann kennen und lieben. Ihr gemeinsamer Sohn Louis ist heute fünf. Kurz nach Louis’ Geburt entstand die Idee zum Buchlokal. Friederike, die ihr Leben lang mit Büchern, Vertrieb und Verkauf zu tun hatte, und gemeinsam mit ihrem Mann Uli die Branche sehr gut kannte, wollte sich selbständig machen und sich ihren Traum von einem eigenen Buchladen erfüllen. Ihr Baby und die Zeit mit ihm gaben ihr die Muße, sich selbst zu finden und in Gedanken an ihrem Traum zu basteln. Bereits im ersten Jahr der Elternzeit begann sie wieder, von zu Hause aus für den Verlag
Weitere Kostenlose Bücher