Mamas Gluecksbuch
ein daumenlutschendes Baby, denn der Daumen ist praktischerweise immer dabei, kostet nichts, ist außerdem hundert Prozent bio und geht bestimmt nicht verloren. Wieder andere sagen: Weder Schnuller noch Daumen, denn beides fördert die orale Abhängigkeit, das Baby wird süchtig und geht leider nahtlos zur Zigarette über (tatsächlich kursiert dieses Gerücht).
Niemand aber kann wirklich einschätzen, was bei euch sinnvoll ist. »Schatz, wir müssen reden!« kann man einem Säugling nur schwer vorschlagen. Vielleicht nimmt dein Kind nichts von all den Angeboten an, dann ergeben sich für euch beide andere Fragen als bei einem Säugling, der immer einen Schnuller braucht.
Beim ersten fragt man sich: »Wie um Himmels willen beruhige ich mein Kind, wenn es nicht diesen wunderbaren Schnuller nimmt?« Beim zweiten (nur etwas zeitversetzt): »Wie um Himmels willen werde ich diesen blöden Schnuller wieder los?«
Öfter sind es nur Phasen, die einem bedrohlich erscheinen: Plötzlich bleibt der Schnuller oder der Daumen den ganzen Tag im Mund, sonst wird lautstark protestiert? Das geht in der Regel vorüber.
Lea zum Beispiel lehnte alles ab, was auch nur im Ansatz schnullermäßig aussah. Nur Stillen kam infrage. Die ungenutzte Schnullersammlung wuchs und wuchs währenddessen. Es kamen Formen namens »Cherry«, »Spacy Smoother« und »Dentistars Pacifier aus kiefergerechtem Naturkautschuk« hinzu – das alles interessierte Lea nicht, ihre gleichaltrige Freundin Sara übernahm die exotische Sammlung. Eines Tages aber genügte Lea plötzlich Mamas Hand. Mitleidig blickten mich nun Verwandte an, wenn Lea meinen kleinen Finger in Beschlag nahm, während ich versuchte, mit der verbliebenen Hand gleichzeitig Messer und Gabel zu bedienen.
Felix wiederum konnte nicht ohne Schnuller leben – lieber ohne Mama als ohne Schnuller! Als mit vier Jahren die Schnullerfee mit einer riesigen Spielzeug-Feuerwehr aufkreuzte, entschied er sich ohne zu zögern für den Schnuller. Bei der Standpauke über ungesunde Zahnstellungen stopfte Felix sich demonstrativ und energisch den Schnuller in den Mund. Als wir dachten, er behält ihn bis zur Rente, ließ er ihn von selbst links liegen.
Vielleicht ist es bei dir wie bei meinen Nachbarn: Abends möchte ihre Kleine unbedingt einen Schnuller zum Einschlafen haben. Tags hat sie den ganz vergessen und setzt in Unsicherheitsmomenten den Daumen ein. Und mit drei Jahren fand die Kleine dann auch den Einschlafschnuller uninteressant.
Also: Nimm das kleine Ding nicht ernst! Lass deinem Kind das Vergnügen und teste freundlich, ob es den Schnuller
heute schon freiwillig abgeben möchte – oder eben lieber erst morgen!
Reif für den Kindergarten?
Spannend ist auch die Diskussion bei der Entscheidung für oder gegen den Kindergarten. Die einen verkünden: Kommt ein Kind nicht frühzeitig in den Kindergarten – die moderne Großfamilie –, hat es später Schwierigkeiten, mit anderen zurechtzukommen und Sozialkompetenz zu entwickeln. (Zu Hause schnappt es allerdings durch Nachbarskinder, Geschwister, Eltern, Tagesmutter auch ein paar dezente Regeln auf, möchte ich da gerne erwidern.)
Die anderen befürchten dagegen, Kinder erlitten unweigerlich ein schweres Trennungstrauma, wenn man sie vor dem Alter von drei Jahren in den Kindergarten schickt. Zudem brächte die Mutter sich so um das volle Erlebnis der Mutterschaft und müsse mit einem entsprechend schlechten Gewissen klarkommen. (Dermaßen unglücklich sehen die Kinder und Mütter aber eigentlich nie aus, möchte ich wiederum hierzu sagen.)
Seltsamerweise haben Milliarden von Kindern auf unserer Erde das Leben und seine sozialen Regeln mit oder ohne frühen oder späteren Kindergarteneintritt gemeistert. Und ob das gut oder nicht so gut gelingt, hängt vor allem davon ab, wie liebe- und respektvoll die betreuenden Bezugspersonen, egal ob Mutter, Vater, Oma oder Kindergärtnerin, unsere Kinder begleiten.
Erstaunlicherweise sind all diese unterschiedlichen »Weltanschauungen« wissenschaftlich untermauert. Aber auch wissenschaftliche Erkenntnisse widersprechen sich und haben oft ein begrenztes Haltbarkeitsdatum, nämlich bis sie
von einer neuen Erkenntnis abgelöst werden. Sie haben trotzdem mit deinem Kind und deiner Familie, mit euren Bedürfnissen wenig zu tun. Das macht aber nichts. Denn ihr entscheidet sowieso, welcher Weg für euch der richtige ist.
Es gibt Kinder und Eltern, die wollen oder brauchen eine längere gemeinsame Zeit zu
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