Man Down
aber da hatte ich auch schon Gugl an meinem Ohr. „Mann, Mann, Mann. Da hast du dir aber ein sauberes Flittchen ausgesucht!“ Den Rest verstand ich nicht. Er griff kurz an meinen Bauch, kitzelte mich, stellte seine leere Bierflasche auf den Boden und stapfte aus der Küche.
Nelly, die Inderin, holte Marion zum Tanzen, Marion gab mir ihren Drink und zwinkerte mir zu. Die Tanzfläche war ein Platz von zwei mal fünf Meter zwischen den zusammengeschobenen Esstischen und dem riesigen Kasten, in dem die Studenten ihr Geschirr und ihre Fressalien verstauten. Marion bewegte sich kaum, aber sie war so sexy, so weich, so warm. Sie sah mich an … wie von ganz weit weg … zwei Augen aus einer anderen Welt … ihr Blick so traurig und entrückt. Ihr Hintern war die Hölle. Sie trug einen hautengen, superkurzen Einteiler. Ihr Hintern hypnotisierte mich. Ich spürte keinen Schmerz mehr in meinem Rücken und machte mir keine Sorgen mehr ums Geld. Ich wollte diesen Hintern. Ich musste diesen verdammten Hintern haben. Meine Hand zitterte bei dem Gedanken, ihn zu berühren. Mein Mund brannte darauf, ihn zu küssen.
„Ich werde sterben, wenn ich den Arsch nicht bekomme“, sagte ich zu dem Typen neben mir. Er nickte bloß.
Die Welt begann sich zu drehen, schnell und heftig, aber nicht wegen des Alks. Wegen ihr. Nur wegen ihr.
Ich wollte sie ausziehen. Sie küssen. Von oben bis unten. Nichts auslassen. Sie ficken. Von vorne. Von hinten. Nichts auslassen. Die ganze Nacht. Die ganze verdammte Nacht. Wollte ihr Stöhnen hören. Ich wollte nicht länger wichsen zu Fickfotos auf einem 12-Zoll-Computerbildschirm.
Ich wollte echtes Fleisch, echtes Blut, echtes Herz.
Echtes Leben.
„Gehn wir noch was trinken in die Stadt?“, fragte ich sie, als sie eine Tanzpause einlegte und ihren Drink abholen wollte. „Nur wir zwei!“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich habe doch Geburtstag.“
„Ich singe dir auch n Lied und …“
„Ich muss mit Nelly feiern. Sie ist meine beste Freundin.“
„Ich kann gut singen.“
„Mein Gott, denkst du, mich interessiert deine Singerei?“
„ …“
„Besorgen sollst du’s mir, du Idiot“, sagte sie und streckte die Zunge raus. „Aber nicht heute Nacht. Die gehört mir und Nelly.“
Sie küsste mich auf die rechte Wange, auf die linke Wange. Ich hoffte, sie würde sagen, komm doch mit uns! Aber sie öffnete nur den Mund.
Ich hörte Senf rülpsen und Rugby lachen, als wir uns küssten und sie mir einen Zettel in die Hosentasche steckte.
Ich wusste, es war ihre Handynummer.
3
„Dr. Rensing, das ist Kai Samweber.“
„Herr Samweber, nehmen Sie Platz. Nehmen Sie doch bitte Platz ...“ Als Burcak zurück in das Vorzimmer zu ihrem Schreibtisch wollte, sagte er: „Du kannst bleiben, Burcak.“
Wenzel Rensing war jung. Verdammt jung. Und verdammt groß, mindestens 1,90. Er trug ein weißes Hemd, eine elegante Hose und spitze weiße Schuhe. Der Arsch war grad mal ein Jahr älter als ich und schon n verfluchter Staranwalt. Münchner Promis gingen bei ihm ein und aus. Den Kuli, mit dem er schrieb, den Kuli mit dem eingravierten Familienwappen hätte ich mir nicht mit dem Geld kaufen können, das ich im Monat Stütze bekam. Aber all die feinen Klamotten, Zauberkulis und weißen Schuhe nützten nichts – sein Gesicht war eine Katastrophe. Irgendwie schien da genetisch was schief gelaufen zu sein. All sein Geld konnte ihm nicht die Schönheitsoperationen bezahlen, die nötig gewesen wären, um aus ihm einen attraktiven Mann zu machen.
Mir war ziemlich rasch klar, dass der Kerl total in Burcak verschossen war. Wie er sie ansah, wie er sie zufällig berührte, die Tonlage, in der er mit ihr sprach – so behandelte kein Chef der Welt seine Sekretärin. Schon gar kein junger, ehrgeiziger Anwalt, der auf dem Weg nach ganz oben war, selbst dann nicht, wenn die Sekretärin bald selbst ihr Studium abgeschlossen haben würde und eigentlich überqualifiziert war für den Job.
Deshalb das Theater hier. Deshalb wollte er nem Loser wie mir helfen. Er wollte sich helfen. Über mich sollte der Weg zu Burcaks Herzen führen.
Er lächelte mich an, startete seinen Apple und tippte auf seinem Handy rum.
Burcak und n Christ, das konnte der Rensing sich abschminken. Und zum Islam konvertieren wegen einer Braut? Dafür waren seine Schuhe viel zu weiß.
„Die Situation ist völlig aussichtslos“, sagte ich, gab meine Hände unter die Schenkel und wippte auf meinem Stuhl vor und zurück wie n Typ aus der
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