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Man Down

Man Down

Titel: Man Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Pilz
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der war noch zugedröhnter als ich. „Ich weiß nicht mehr, wo ich bin, Shane.“
    „Wenn du weißt, wo du bist, bist du tot“, hauchte Shane, als wäre er n verfluchter Esoterik-Guru, und legte auf.
    Ich irrte bis zum Sonnenaufgang durch mein Viertel, ich fand jedes Haus, aber nicht die Tür zu meinem.
    Manchmal gehe ich durch Giesing wie ein Zombie. Die Dämonen in mir verlangen Blut, aber ich weiß, die Hurensöhne gehen nicht für mich in den Knast, wenn ich ihnen das Blut liefere, nach dem sie schreien.
    Oh, wie hasse ich die Nazis in ihren Tarnhemden und Tarnhosen, die ihre gottverdammten hirntoten Kampfhunde spazieren führen. Die Penner, die in ihrem Suff rumschreien und mit ihren Bier- und Weinflaschen Weitwurf machen. Die Junkies, die auf mich zuwanken, mit Spritzen in der Hand und Tätowierungen auf ihren ausgemergelten Armen. Die Kanaken, die immer in Grüppchen unterwegs sind und alles hassen, was deutsch ist. Da ist auch diese verrückte Alte mit ihren verklebten gelb-grauen Haaren, die mir sagt, ich solle mir eine neue Hose kaufen, weil da ein Loch in der Hose ist, natürlich am Arsch, dabei hat sie sich selber gerade angeschissen und einfach so einen Zahn aus ihrem Gebiss gerissen und ihn ihrem kleinen Köter zum Fraß vorgeworfen.
    Ich komme nicht mehr klar mit ihnen, Florian. Seit dem Unfall komm ich einfach nicht mehr klar mit den Menschen. Aber wenn ich dann denke, ich raste jetzt aus, nehme den Baseballschläger und prügle alles kurz und klein, dann geschieht es, dass mir n Penner den Pulli nachträgt, den ich verloren habe, dass ein Kanake mir Platz in der U-Bahn macht, weil er sieht, dass ich vor Schmerzen im Rücken kaum noch stehen kann, und dann schäme ich mich für meinen Hass, dann hasse ich mich für meinen Hass, dann weiß ich, dass die Welt nicht schwarz und weiß ist, dass ich scheiß ungerecht zu ihr bin. Mir wird dann klar, dass ich mich auf nem Höllentrip befinde, von dem ich runterkommen muss, so schnell wie möglich runterkommen muss, weil sonst das Schlimmste geschieht.
    Aber immer dann, wenn man in der Scheiße steckt, kommt es noch härter. Immer dann, wenn man sich ganz unten glaubt, geht ne Falltür auf und man stürzt noch tiefer.
    ***
    Die Typen lauerten mir am frühen Morgen auf. Sie trugen schwarze Jacken, schwarze Hosen, weiße Turnschuhe. Ihre Gesichter waren vermummt mit roten Tüchern. Ihre Hände verpackt in schwarze Handschuhe.
    Zwei große Kerle und ein kleiner Wicht, drei gegen einen, um sieben Uhr an einem Sonntagmorgen am Wettersteinplatz zwischen Rolltreppe zur U-Bahn und Kiosk, niemand auf der Straße außer ihnen und mir, ich alleine gegen die Hurensöhne. Der Wicht ging sofort zu Boden, mit einem seitlichen Fußkick in sein Knie machte ich seinen Bändern den Garaus, dem Zweiten gab ich eine Gerade aufs Kinn, er torkelte zurück, aber der Dritte packte mich wie ein Ringer und warf mich zu Boden. Er gab mir ein paar Schläge auf die Fresse, dann sprang er hoch, um auf mich einzutreten. Ich schützte den Kopf, verdeckte ihn mit meinen Armen und Händen, versuchte mich einzurollen, aber sie stießen mir die Schuhe mit voller Wucht in den Körper und ich musste meine Deckung aufgeben, um die Tiefschläge abzuwehren. Als meine Nase brach, glaubte ich, mein Kopf würde explodieren vor Schmerz. Ein Stück eines Schneidezahnes brach ab, mein Kiefer knackte, aber es hielt den Schlägen stand.
    „Hör zu, Schwuchtel“, sagte der eine in gebrochenem Deutsch. „Du glaubst wohl, du könntest uns verarschen?“
    „Verdammt, was wollt ihr?“
    „Du dreckiger Hurensohn!“
    „Was ist los mit euch?“
    „Kürzlich wollte uns einer verarschen, den haben sie an der Isar gefunden.“
    „Ihr verwechselt mich, verdammte Scheiße, ihr verwechselt mich!“
    „Nein, nein. Du bist doch Kai, nicht wahr? Der bist du doch?“
    „ …“
    „Du bist Kai und Kai hat einen Fehler gemacht.“
    „Hey, hey!“, sagte ich. „Wir können das doch regeln. Ich bin Shanes Kumpel, verdammt!“
    Der Wicht lachte. „Und ich bin Shanes Mutter.“ Er spuckte mir ins Gesicht.
    „Bist du Öcal?! Oder Ugi?!“
    „Ich bin der, der dich zum Weinen bringt, Schwuchtel.“
    Der Wicht stand auf, nahm Anlauf und sprang auf mich. Die anderen fingen wieder an, auf mich einzutreten.
    Als ich dachte, es würde nie mehr aufhören, ließen sie von mir ab.
    Der Wicht war außer Atem. „Die Marokkaner haben sich über dich beschwert.“
    Ich hatte Blut in meinem Hals, nen richtig fetten Klumpen.

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